Drei «Sparszenarien» hatte die Universität Basel in Anbetracht der Leistungsperiode 2018–2021 vorgelegt. Eines mit leichten Abstrichen. Eines, das schmerzt. Und eines, das ans Lebendige geht. Bezeichnend: An Substanzerhalt oder gar an einen Ausbau der Universität haben die Verantwortlichen gar nicht mehr denken dürfen. Und das in Basel, wo der Wirtschaftsmotor längst stärker brummt als in Zürich, wie kürzlich die «Bilanz» analysierte.
Das dritte Szenario «hätte sehr tiefgreifende Änderungen bis hin zur Schliessung ganzer Einheiten zur Folge», schrieb die Universität. Und: «Solche Optionen gelten in geringerem Ausmass auch für Szenario 2.»
Am Montag sagte Universitätsratspräsident Ulrich Vischer vor den Medien: «Das, was jetzt vorliegt, ist zwischen der Variante 2, der mittleren, und der Variante 3, der härteren.» Mit anderen Worten: Es geht jetzt ganz konkret um die Abschaffung von Fächern.
Der Universitätsratspräsident bestätige die schlimmsten Befürchtungen. Man habe ja gewusst, dass die Uni mit finanziellen Einbussen rechnen muss, sagte Vischer weiter. Immerhin sei man «froh», dass endlich Klarheit herrsche über das Budget für die nächsten vier Jahre.
«So ein Uff-Tag»
Absurderweise wurden beide Redner nicht müde, der Situation positive Seiten abzugewinnen. Rektorin Andrea Schenker-Wicki sagte, für sie persönlich sei das ein Tag zum Aufatmen, «so ein Uff-Tag». Das Damoklesschwert, das so lange über ihr geschwebt habe, das sei nun weg. Gute Miene zum bösen Spiel.
Allerdings täuschten Schenker-Wickis Worte nicht darüber hinweg, dass das für sie persönlich zwar zutreffen mag – für ihre Universität allerdings kaum. «Natürlich ist das nicht ein Klacks», fügte sie schnell an.
Was es für die Uni genau bedeute, werde nun intern diskutiert. Die Rektorin lässt die Fakultäten in der schwierigen Situation allein. Das klingt so: «Wir lassen den Fakultäten grosse Autonomie bei der Umsetzung; im nächsten März wird der Universitätsrat dann darüber entscheiden.» Die Frage der TagesWoche, was das konkret für einzelne kleine Fakultäten bedeute – sprich, ob auch dort der Sparhammer angesetzt werde, wo es längst nichts mehr zum Sparen gibt, beantwortete Schenker-Wicki ausweichend:
«Es gibt theoretisch an alle Fakultäten einen Sparauftrag. Nun gibt es ein paar kleine Fakultäten, die sich etwas schwerer tun, und da müssen wir schauen. Sobald wir es entschieden haben, können wir es kommunizieren.»
Auf Nachfrage sagte Schenker-Wicki: «Es müssen sicher alle etwas beisteuern.» Damit könnten durchaus auch die Studentinnen und Studenten gemeint sein. Sogar das längst erledigt geglaubte Thema einer Erhöhung der Studiengebühren – den jetzt schon höchsten in der Schweiz – ist wieder auf dem Tisch. Auch da werde man «Massnahmen prüfen», so die Rektorin. Vischer stimmte zu: «Wir sind an der Spitze mit den Gebühren in der Schweiz, einen Teil werden wir aber auch auf dem Weg machen, denken wir.»
Lächelnd sagte Schenker-Wicki zum Abschluss der verklausulierten Hiobsbotschaften, es gebe doch eine «gute Nachricht», nämlich «das klare Bekenntnis zur Uni Basel» aus dem Baselbiet. Man gibt sich derzeit mit wenig zufrieden im Rektorat.
Der Baselbieter Plan: Politisierung des Universitätsrates
Auch der grösste Verlierer der aktuellen Uni-Politik, der heutige Unirat, machte mit Direktor Ueli Vischer gekonnt gute Miene zum bösen Spiel. Schluss mit Wachstum an der Uni Basel, dafür Stagnation, ja gar Rückbau? Kein Bug, sondern ein Feature, behauptete Vischer: «Die Steigerungen in der Vergangenheit werden nicht mehr gehen, das ist eine gewollte Stabilisierung auf dieser Grösse.»
Eine Uni, die gewollt nicht weiter wachsen will – in einer Region, die weder wirtschaftlich, gesellschaftlich, kulturell noch finanziell stagniert? Universitätsratspräsident Vischer folgte mit seinem Votum fast Wort für Wort dem Argumentarium der Baselbieter Regierung:
«Im Antrag an ihre Träger hat die Universität ihre grundsätzliche Bereitschaft signalisiert, ihr bisheriges dynamisches Wachstum einzuschränken» – so heisst es in der «Beurteilung des Antrags aus Sicht des Kantons Basel-Landschaft» in der Vorlage an den Baselbieter Landrat zum neuen Leistungsauftrag.
Das entspricht dem seit gestern nicht mehr so heimlichen Plan der Baselbieter Bürgerlichen. Komplett unter dem Radar blieb, dass die Uni Basel – aller gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz – kaum mehr eine «Volluniversität» bleiben kann. Das Ganze läuft unter dem unverdächtigen Begriff «Governance» in der Vorlage an die Parlamente.
Zwar bleiben die Fakultäten erhalten. Doch die Kontrolle darüber, was an diesen Fakultäten gelehrt werden soll und was dem Spardiktat zum Opfer fallen soll: Auch darüber wollen die Baselbieter in Zukunft entscheiden.
Ihr Mittel – der bis anhin unpolitische Universitätsrat. Doch diese Zeiten dürften bald vorbei sein. Die Baselbieter haben dank verhandlungsschwacher Basler die Weichen gestellt, um das unabhängige Gremium zu übernehmen, künftig die Mehrheit im Rat zu haben – und damit an Parlament vorbei über das Schicksal einzelner Fächer zu entscheiden.
Kampflos übertölpelt
Es ist unfassbar, auf welchen Deal sich der Regierungsrat Basel-Stadt eingelassen hat (beim Parlament ist der Deal noch nicht durch, erste Reaktionen von Seiten der Politik lassen jedoch nicht auf grossen Widerstandswillen schliessen). Der Universitätsrat, das oberste Gremium der Universität, der unabhängig von der Politik operiert, soll per 1. Januar 2020 explizit von einem Baselbieter angeführt werden. Was an und für sich kein Problem wäre. Nur war die Herkunft im Unirat bisher kein Kriterium – sondern allein der Leistungsausweis.
Damit nicht genug: «Dem bereits in den Jahren 2018 und 2019 als Vizepräsident amtenden Mandatsträger BL soll von Beginn die Federführung für die vom Universitätsrat festzulegende Strategie 2030 übertragen werden», heisst in der Vorlage unter «Governance».
Das Prinzip Hoffnung hat noch nie Schlimmes verhindert.
Da kann Vischer lange betonen, dass es sich beim Universitätsrat um eine «autonome Behörde» handle, die sich nicht «als kantonale Behörde» verstehe, und dass es bisher «nie solche Diskussionen» gegeben habe und er hoffe, «dass das so bleibt». Und Rektorin Schenker-Wicki kann sich lange als «unverbesserliche Optimistin» outen: Das Prinzip Hoffnung hat noch nie Schlimmes verhindert.
Die – noch zu bestimmende – Person aus dem Baselbiet, die zuerst als Vizepräsident und dann als Präsident des Unirats walten wird, wird die Geschicke der Universität Basel in der Hand haben. Basel-Stadt gibt die Universitätsstrategie 2030 aus der Hand. An Unbekannt. Vischer wird ab 2018 noch eine Art Ehrenpräsident sein: Faktisch entmachtet, ohne Einfluss auf die Zukunftsstrategie, auf das wichtigste Geschäft für die Zukunft der Universität Basel.
Geisteswissenschaftler müssen sich organisieren
Im Unirat wird schon heute mit härteren Bandagen als früher gekämpft. Das Ziel der knappen Minderheit: die Abschaffung einzelner unliebsamer Fächer der Geistes- und Sozialwissenschaften. Vorgeschoben werden finanzielle Gründe, die keiner Prüfung standhalten. Es geht einigen Mitgliedern des Unirats längst nur noch um Ideologie.
Bisher konnten solche Attacken abgewehrt werden. Mitunter knapp, wie die TagesWoche in Erfahrung bringen konnte. Die Person, die künftig das Präsidium des Unirates übernimmt, dürfte nicht selten das Zünglein an der Waage spielen.
Geisteswissenschaften und Studentenschaft sind gut beraten, sich auf harte Kämpfe einzustellen. Wer sich nicht organisiert und nur eigene Gärtchen beackert, das zeigen jüngste Entwicklungen an der Uni Zürich, der wird Lehrstühle verlieren. In Basel dürften bald ganze Fächer auf dem Spiel stehen.