Es gibt in Basel einen verwirrten, vermutlich suchtkranken Mann. Er hat eine ungewöhnliche Art, von Passanten Geld zu erbetteln: Er beschimpft sie. Selbst wenn man ihm zwei Franken in die Hand drückt, damit er von einem ablässt, ruft er aus: «Nur zwei Stutz? Was für ein Geizhals!»
Der Kanton Basel-Landschaft erinnert in der Diskussion um die Finanzierung der Universität Basel ein bisschen an diesen Mann. Er droht unverschämt, schimpft, erhält am Ende den Batzen in die Hand – und verlangt nach noch mehr.
Der nun ausgehandelte neue Leistungsauftrag für die Uni Basel ist für den Stadtkanton ein beschämender Deal und für die Uni ein gefährlicher. Basel-Stadt hat die Sparwünsche aus dem Baselbiet akzeptiert, gar verinnerlicht und zudem die Kontrolle über den Unirat nach Liestal abgegeben.
In den kommenden Jahren wird der Basler Steuerzahler weitere Millionenzahlungen leisten müssen und die Uni wird sich gegen den Abbau von Fächern wehren müssen, deren Sinn Landpolitiker wie Oscar Kämpfer (SVP) und Rolf Richterich (FDP) nicht begreifen.
Wenn eine belächelte Monica Gschwind selbstbewusst weitere Forderungen in die Mikrofone diktiert, ist etwas gewaltig schief gelaufen.
Wenn zweifelhafte politische Zeitgenossen wie Kämpfer und Richterich die Basler Regierung vor sich hertreiben, wenn eine belächelte Politikerin wie Monica Gschwind am Tag des Deals selbstbewusst weitere Forderungen in die Mikrofone diktiert, dann ist etwas gewaltig schief gelaufen im Basler Rathaus.
Zugeben will das in Basel keiner. Ein Akt der Vernunft sei die jetzige Lösung, verkünden die Regierung und sämtliche Basler Parteien von Links bis Rechts. Es fällt offenkundig schwer einzugestehen, vom pöbelnden Nachbarn über den Tisch gezogen worden zu sein.
Durch diese naive Kommunikation hat man sich schon wieder eine bessere Verhandlungsposition verbaut. Jetzt, bevor es um Milliardeninvestitionen und das Erbgut der Uni geht, hätte man eine Grenze ziehen müssen: bis hierhin und nicht weiter. Diese Unterlassung wird die bürgerliche Zerstörungswut im Landkanton weiter anfachen. Weil sie sich aus der einfältigen, aber produktiven Logik speist: Ist Basel zufrieden, sind wir es nicht.
Die cleveren Baselbieter wussten: Basel ist erpressbar.
Als verhandlungsfest haben sich die Basler Regierungsräte um die sonst so knochenharte Finanzdirektorin Eva Herzog nie erwiesen in diesem Streit. Bereits der 80-Millionen-Deal, als die Stadt die Kündigung des Staatsvertrags durch die Baselbieter Seite mit einer kolossalen Zahlung verhinderte, hätte so nie passieren dürfen. Dieses Geschenk des Basler Steuerzahlers hätte an verbindliche Zusagen für die weitere Partnerschaft geknüpft werden müssen.
Von diesem Zeitpunkt an waren die cleveren Baselbieter in der besseren Position. Sie wussten: Basel ist erpressbar.
Und das spielten sie geschickt aus. Basel-Stadt hatte früh die Karten auf den Tisch gelegt, hatte deutlich zu verstehen gegeben, dass man alles unternehmen würde, um den Schaden für die Uni in Grenzen zu halten. Mit einfachsten kommunikativen Tricks nutzten die Baselbieter diese Schwäche aus. Als Laubers Sparziele in der Höhe von 30 Millionen Franken jährlich noch als Tabubruch taxiert wurden, tauchte plötzlich die Baselbieter FDP auf und schleuderte ein Bündel wildester Sparideen in die Debatte. Und plötzlich erschienen Lauber, Gschwind und Konsorten mit ihren scheinbar gemässigten Zielen als Advokaten der Vernunft.
Kein Partner, sondern ein Rivale
Das Basler Regierungsprinzip, relativ ideologiebefreit nach der für die Allgemeinheit sinnvollsten Lösung zu streben, hat sich im Uni-Streit als unbrauchbar erwiesen. Ansonsten hätte die Regierung etwa die Verhandlungen um die gemeinsame Spitalgruppe begraben, bis eine faire Lösung für die Uni auf dem Tisch gelegen hätte. Die beiden Halbkantone wollen ihre Spitäler vereinen, Baselland will sich damit seines ungesunden Gesundheitswesens entledigen.
Die Basler Regierung verzichtete auf dieses Druckmittel, weil es die Spitalgruppe nicht gefährden wollte. Das war fahrlässig. Nun kommen die Studenten und die Basler Bevölkerung für dieses Versäumnis auf. Nun bezahlt Basel-Stadt für die gescheiterte bürgerliche Klientelpolitik auf dem Land, für überhöhte Pendlerabzüge und kulante Boni an Häuslebesitzer.
Die Basler Politik beurteilt die Partnerschaft mit dem Baselbiet nach dem Deal als gestärkt, doch das Gegenteil ist der Fall. Jemand, der ohne Rücksicht auf Verluste den eigenen Vorteil durchsetzt, ist kein Partner – das ist ein Rivale.