Ist die Basler Kantonalbank bei einem Nein zum Steuerdeal in ihrer Existenz gefährdet? Das behauptete die Basler Finanzdirektorin Eva Herzog in einem Interview mit der BaZ. Die Bank widerspricht.
Dass Finanzdirektorin Eva Herzog (SP) für das Sondergesetz zur Lösung des Steuerstreits mit den USA ist, hat die SPlerin bereits an der Miteigentümerversammlung der Basler Kantonalbank (BKB) deutlich zum Ausdruck gebracht. Nun hat sie in einem Interview mit der «Basler Zeitung» am Dienstag nachgelegt: Sollte das Parlament in Bern nicht auf den Deal mit den USA eingehen und es tatsächlich zu einer Klage gegen die BKB kommen, «dann ist die Existenz der Bank bedroht».
Die USA wollten «Mitarbeiterdaten, Abschleicherlisten und Bussen», sagt Herzog im Interview. Dass eine allfällige Busse die BKB – wie von vielen befürchtet – in Schwierigkeiten bringen könnte, verneint sie: Es wisse noch niemand, wie hoch eine allfällige Busse ausfallen würde, zitiert die BaZ Herzog im Interview, «aber es ist davon auszugehen, dass die BKB diese aus eigenen Mitteln bezahlen könnte».
Am Montagabend hat die Wirtschaftskommission des Ständerats Hearings zum Steuerdeal mit den USA durchgeführt, am Donnerstag entscheidet sie offiziell. Behandelt werden soll das Geschäft am Mittwoch, 12. Juni. Verabschiedet der Ständerat das Gesetz, wird sich die nationalrätliche Kommission an die Beratung machen. Behandlungstermin im Nationalrat ist der 18. Juni. Dazu wird es aber nur kommen, wenn der Nationalrat diesen Mittwoch einen SVP-Streichungsantrag ablehnt. Sind all diese Hürden genommen, findet am letzten Freitag der Session, dem 21. Juni, noch die Schlussabstimmung statt.
Um als dringliches Gesetz verabschiedet zu werden, braucht es in beiden Kammern ein qualifiziertes Mehr (Nationalrat: 101 Stimmen, Ständerat 24 Stimmen). Dazu wird es wohl eher nicht kommen: SVP und SP lehnen den Deal ab, die FDP will den Vertrag an den Bundesrat zurückschicken und ihn so dazu bringen, Notrecht anzuwenden. Davor warnte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf dieses Wochenende in einem schriftlich geführten Interview mit der «Sonntagszeitung»: Notrecht sei nur für Fälle vorgesehen, bei denen so hohe Dringlichkeit gegeben sei, dass auf parlamentarischem Weg keine gesetzliche Grundlage mehr geschaffen werden könne. «Das ist hier nicht gegeben», sagte sie im kurzen Gespräch mit der «Sonntagszeitung».
Gleichzeitig wurde am Wochenende auch bekannt, warum der Bundesrat derart aufs Tempo drückt: Laut «NZZ am Sonntag» bleiben den Banken nur 120 Tage, um mit den US-Behörden eine Lösung zu finden. Wird das Gesetz in einer allfälligen Schlussabstimmung für nicht dringlich erklärt, ist es referendumsfähig – und würde damit über die 120 Tage hinaus verzögert. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) wird in einem solchen Fall übrigens nicht in die Bresche für die Banken springen und allfällige Bussen übernehmen – das hat SNB-Chef Thomas Jordan in einem Interview mit der «Schweiz am Sonntag» klar gemacht. Die Situation bleibt also heikel für die Banken. Wo genau die Gefahr liegt, ist hier nachzulesen. Philipp Loser
Die Aussagen der Finanzdirektorin lassen keinen Raum für Interpretation: Mit Deal gibt es eine Chance für die BKB, ohne Deal steht die Bank vor dem Konkurs. Im Bundeshaus wurden die Aussagen von Herzog zum Steuerdeal während der Session rege und kontrovers diskutiert – morgen Mittwoch befindet der Nationalrat gegen 10 Uhr über einen Streichensantrag der SVP (siehe Box «So geht es im Parlament weiter»).
Selbst wenn der Steuerdeal auf der Traktandenliste bleibt, ist noch nicht sicher, dass er in der Schlussabstimmung das nötige Mehr erhält. In diesem Zusammenhang waren die Aussagen von Herzog wenig vertrauensbildend gegenüber Kleinanlegern und Kontobesitzern: Nicht wenige Baslerinnen und Basler dürften sich nach der Lektüre des Interview gefragt haben, ob ihr Geld bei der BKB noch sicher sei – oder gar so reagiert haben wie Blogger Manfred Messmer, der sein Konto geleert hat.
Die TagesWoche wollte von der BKB wissen, ob heute noch weitere Personen ihre Konten aufgelöst haben. Wir wollten auch wissen, ob der Kleinanleger um ihr Geld fürchten müssen; was bei einer Auflösung der Bank mit den Partizipationsscheinen geschehe und ob es zutreffe, dass es im Falle einer Anklage der BKB in den USA voraussichtlich keine Zahlungen der BKB mehr an den Kanton geben würde. Die BKB antwortete mit einer generellen Stellungnahme (siehe Box) und dem Hinweis, dass sie auf die «Beantwortung von Detailfragen» verzichte.
In ihrer Stellungnahme schreibt die BKB, was Bankratspräsident Andreas Albrecht bereits vergangenen Freitag gegenüber der TagesWoche sagte: «Ich denke nicht, dass eine Klage der USA für uns existenzbedrohend wäre.» Auch im Falle einer Klage sei «die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs hundertprozentig gewährleistet», ergänzt die BKB in ihrer Mitteilung. Mittelfristig seien Einschränkungen im Dollar-Clearing und in anderen Geschäften mit US-Bezug zu erwarten, «was zu einer schmerzhaften Reduktion des Geschäftsfelds führen könnte». Die Basler Kantonalbank widerspricht damit der Finanzdirektorin. Noch deutlicher ist BKB-Direktionspräsident Guy Lachapelle in einem Interview mit der «Handelszeitung» geworden: Selbst im Worst-Case-Szenario sei eine Anklage «aus heutiger Sicht nicht existenzbedrohend. Wir würden nicht Konkurs gehen.»
«Eine Ablehnung der Vorlage durch das Parlament bedeutet in keiner Weise, dass es sofort zu einer Klage gegen die BKB käme. Meist ist es die Folge, wenn eine Bank nicht hinreichend kooperiert oder das Verfahren nicht ernst nimmt. In der Regel signalisiert das DOJ vorgängig der Bank, wenn sich die Lage mangels Kooperation verschärft. Aufgrund unserer intensiven bisherigen Kooperation mit den US-Behörden haben wir keinerlei Anzeichen, dass ausgerechnet die Basler Kantonalbank eine Anklage zu befürchten hätte.
Wenn das Parlament die Vorlage ablehnt, werden wir weiter mit den US-Behörden verhandeln und versuchen, vom Bundesrat die erforderliche Unterstützung zur Lösungsfindung zu bekommen.
Die Risiken sind nicht unbedeutend und auch schwer im Voraus abzuschätzen, weshalb eine Anklage wenn immer möglich vermieden werden sollte. Auch im Falle einer Klage wäre die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs jedoch hundertprozentig gewährleistet. Mittelfristig wären aber eine Einschränkungen im Dollar-Clearing und in anderen Geschäften mit US-Bezug zu erwarten, was zu einer schmerzhaften Reduktion des Geschäftsfelds führen könnte.»