Das «bisher» hinter dem Namen erhöht die Wahlchancen massiv

Eine Auswertung der letzten beiden Wahlen zeigt: Bisherige Grossratskandidaten haben 30-mal grössere Wahlchancen als Neulinge.

Das Prädikat «bisher» macht Kandidaten vertrauenswürdig.

Eine Auswertung der letzten beiden Wahlen zeigt: Bisherige Grossratskandidaten haben 30-mal grössere Wahlchancen als Neulinge.

Beim Grünen Bündnis steht ein grosser Umbau bevor: Die Grünen und BastA! wechseln insgesamt sieben ihrer 13 Vertreterinnen und Vertreter im Grossen Rat aus. Grund ist unter anderem die Amtszeitbeschränkung; laut Basler Verfassung dürfen Grossräte nur vier Legislaturen im Parlament sitzen. 

Die vier BastA!-Politiker Patrizia Bernasconi, Brigitta Gerber, Heidi Mück und Urs Müller müssen sich deshalb aus dem Grossen Rat verabschieden, ebenso die Grüne Eveline Rommerskirchen. BastA!-Nationalrätin Sibel Arslan dürfte bei den Wahlen am 23. Oktober zwar nochmals kandidieren – sie will aber nicht, ebensowenig die Grüne Mirjam Ballmer.

Eigentlich wären diese Grossräte bis Ende Legislatur gewählt, sie dürften noch bis im Januar 2017 weiter politisieren. Doch fast alle von ihnen tun, was Politiker zumindest in solchen Fällen gerne tun: Sie treten zurück. Nur Brigitta Gerber bleibt bis Ende Jahr im Grossen Rat.

Rücktritt zahlt sich aus

Die anderen Grossrätinnen und Grossräte räumen ihre Sitze im Rathaus bereits jetzt – für sie dürfen weniger bekannte Politiker aus den eigenen Reihen nachrücken. Der Vorteil: Die Nachrückenden erhalten an den Wahlen im Herbst den Zusatz «bisher» auf den Wahlzetteln.

Diese Strategie ergibt durchaus Sinn, wie eine Auswertung des Statistischen Amtes Basel-Stadt zeigt: Bisherige haben viel grössere Chancen gewählt zu werden als Neulinge.

Bei den Wahlen 2012 wählte die Basler Stimmbevölkerung 100 Grossräte. Damals traten 85 Bisherige zur Wiederwahl an, 78 davon wurden gewählt, wie Nathalie Grillon vom Statistischen Amt erklärt.

Neulinge haben dagegen viel geringere Chancen, den Sprung in den Grossen Rat zu schaffen. Im Jahr 2012 gelang nur drei Prozent der Kandidaten ohne bisheriges Mandat der Sprung ins Parlament.

Neulinge bleiben meist draussen

Auch bei den Grossratswahlen im Jahr 2008 hatten Bisherige viel grössere Chancen. Damals wurden über drei Viertel der Bisherigen wiedergewählt. Von den Neuen schafften es nur zwei Prozent.

Die Wahlen von 2008 und 2012 sind allerdings nicht direkt vergleichbar, da im Jahr 2008 mehr Bisherige antraten. Der Grund: Auf die 2009 beginnende Legislatur hin wurde das Parlament von 130 auf 100 Sitze verkleinert und die Amtszeit von drei auf vier Legislaturperioden erhöht.

Dennoch zeigen die Zahlen klar: «Die mit Abstand grössten Aussichten auf einen Wahlerfolg haben Bisherige, die zur Wiederwahl antreten.» So steht es im Bericht des Statistischen Amts.

Demnach lohnt es sich für Parteien, dass Grossräte am Ende ihrer Amtszeit vorzeitig zurücktreten und Neulingen Platz machen, die ohne Wahl nachrücken. Und das wird auch fleissig gemacht. Von den 85 bisherigen Kandidaten bei der Wahl 2012 war ein Viertel seit weniger als vier Jahren im Grossen Rat und demnach schon während der Legislatur nachgerückt.

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