Deal or No Deal – Der Grosse Rat entscheidet und darum geht es

Am Mittwoch entscheidet sich im Grossen Rat, ob das Baselbiet eine Finanzspritze von 80 Millionen Franken von Basel-Stadt erhält. Erfahren Sie, worum es konkret geht und wieso es überhaupt so weit gekommen ist.

Ja oder Nein? Der Grosse Rat hat nun das Sagen über die 80 Millionen an den Landkanton.

 

(Bild: Hans-Jörg Walter)

Am Mittwoch entscheidet sich im Grossen Rat, ob das Baselbiet eine Finanzspritze von 80 Millionen Franken von Basel-Stadt erhält. Erfahren Sie, worum es konkret geht und wieso es überhaupt so weit gekommen ist.

Mittwochmorgen kommt es im Basler Grossen Rat zum grossen Showdown. Dann beschliessen die 100 Parlamentsmitglieder, ob der finanziell angeschlagene Kanton Basel-Landschaft bis 2019 jährlich mit 20 Millionen Franken von Basel-Stadt unterstützt wird. Die Debatte hat um 9.05 Uhr begonnen. Das Traktandum wurde vom Grossen Rat, wie von der Regierung gewünscht, als dringlich erklärt. Sämtliche Regierungsräte sind anwesend – was die Wichtigkeit des 80-Millionen Deals unterschreicht.

Worum geht es beim 80-Millionen-Deal?

Die Regierungen von Baselland und Basel-Stadt haben einen Deal ausgearbeitet, der den Univertrag und den Kulturvertrag für vier Jahre retten und damit die Partnerschaft stärken soll. Laut Vereinbarung, die am 23. Oktober der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, soll Basel-Stadt von 2016 bis 2019 einen Beitrag von jährlich 20 Millionen Franken an das finanziell angeschlagene Baselbiet zahlen.   

Die Beiträge in Höhe von insgesamt 80 Millionen Franken sind an folgende Bedingungen geknüpft:

  • Der Universitäts-, der Kulturvertrag und die Immobilienvereinbarungen für die Universität laufen ungekündigt bis Ende 2019 weiter.
  • Die beiden Halbkantone einigen sich gemeinsam mit der Universität Basel über die künftige Finanzierung der Universität.
  • Baselland beteiligt sich an der Reform der Pensionskasse der Universität, was einem Zusatzbeitrag von 15 Millionen Franken für die Jahre 2017 bis 2021 entspricht.
  • Die beiden Kantone beteiligen sich an einer Kooperation der Universität Basel mit der ETH Zürich, die einen einmaligen Beitrag von jeweils 5 Millionen Franken beinhaltet.
  • Baselland beteiligt sich mit einer gemeinsamen Trägerschaft am Tropeninstitut (Swiss TPH), was einen jährlichen Beitrag von 3,6 Millionen Franken ab 2017 zur Folge hätte.

Und wieso will die Basler Regierung ausgerechnet 80 Millionen an Baselland zahlen?

Der Kanton Basel-Landschaft befindet sich seit sieben Jahren in einem strukturellen Defizit. Das heisst, der Kanton gibt laufend mehr Geld aus, als er einnimmt. Im Juli gab die Baselbieter Regierung bekannt, dass sie die Staatsausgaben bis 2019 um 188 Millionen Franken reduzieren will.

Eine der vorgestellten Massnahmen war, dass das Baselbiet seine Beiträge an die gemeinsame Universität ab 2018 um 25 Millionen Franken kürzen möchte. Auch die Kulturvertragspauschale wollte die Baselbieter Regierung um die Hälfte auf 5 Millionen Franken reduzieren.

Über diese vorgesehenen Einsparungen zeigte sich die Basler Regierung «sehr befremdet» und besorgt, weshalb es nun zu dieser Vereinbarung mit den Baselbieter Kollegen gekommen ist. Mit den 80 Millionen kauft sich Basel-Stadt quasi mehr Zeit, um für die betroffenen Institutionen eine neue Lösung mit Basel-Landschaft zu finden.

Woher hat Basel-Stadt das Geld, wenn die Regierung sparen will?

Im Februar hatte die Basler Regierung noch selber ein «Entlastungspaket» vorgestellt, das jährliche Einsparungen von 69,5 Millionen Franken bringen soll. So sollen den Staatsangestellten die Dienstaltergeschenke gestrichen und überdies Beiträge an die Unfallversicherung aufgebürdet werden. 49 Stellen sollen insgesamt abgebaut werden.

Finanzdirektorin Eva Herzog begründete die Sparübung damals hauptsächlich mit hohen Steueraus­fällen, die der Kanton Basel-Stadt wegen der Unternehmenssteuerrefom II erwarten muss. Und damit, dass in den kommenden Jahren mit einem deutlichen strukturellen Defizit zu rechnen wäre, falls nicht rechtzeitig Massnahmen ergriffen würden.

Inzwischen präsentiert sich die finanzielle Situation des Stadtkantons aber wieder besser: So schloss die Staatsrechnung 2014 mit einem Plus von 179,3 Millionen Franken ab und für 2016 budgetiert der Kanton Basel-Stadt einen Überschuss von 85,8 Millionen Franken. Grund für das erwartete Plus im kommenden Jahr sind laut Herzog unter anderem höhere Einnahmen der Einkommenssteuern bei den natürlichen Personen und eine kontrollierte Ausgabenpolitik. Die 80 Millionen an Baselland seien demnach für Basel-Stadt verkraftbar, sagt Herzog.

Die Gewerkschaften VPOD und BGB fordern nun, dass die Sparmassnahmen beim Staatspersonal rückgängig gemacht werden, wenn die Regierung Baselland unterstützen will. Laut Herzog liegt es nun am Grossen Rat, wie er mit den Sparmassnahmen umgehen wolle.

Wie sind die Reaktionen auf den 80-Millionen-Deal?

Gross war die Überraschung, als die beiden Regierungen den Deal bekanntgaben. Die Vereinbarung wird im Stadtkanton als «bittere Pille» wahrgenommen, zumal die Regierung in Basel-Stadt selber sparen will. Skepsis macht sich auch wegen der Befürchtung breit, dass sich die finanzielle Situation im Landkanton in vier Jahren nicht bessern werde und dann die beiden Basel trotz der Finanzhilfe erneut vor einem Scherbenhaufen stehen würden.

Kommt der Deal im Grossen Rat durch?

Am 11. November entscheidet nun das Basler Parlament über die Entlastungsbeiträge. Der Ratschlag wurde von der Regierung als dringlich erklärt, denn nur so ist gewährleistet, dass die Beiträge bereits ab 2016 fliessen könnten. Auch wenn breite Skepsis vorhanden ist: Der Deal wird im Grossen Rat mit grosser Wahrscheinlichkeit durchkommen – wenn auch nur zähneknirschend und mit einigem an Schelte an die Adresse der Basler Regierung verbunden. Zu viel stehe bei einem Nein auf dem Spiel, sind sich die Grossräte mit der Regierung einig. 

Wie werden sich die Parteien während der Grossratsdebatte positionieren?

Die SVP-Fraktion und einzelne Exponenten des Grünen Bündnisses und der FDP werden Nein stimmen. Eine Minderheit der FDP-Fraktion wird sogar versuchen, den Ratschlag zurückzuweisen. Damit wird sie allerdings chancenlos sein. Die Mehrheit der Grossrätinnen und Grossräte wird die Vereinbarung durchwinken.

Dass Baselland am Sonntag das Strassenbauprojekt ELBA abgelehnt hat, wird es einfacher für sie machen. Wenn Baselland 1,8 Milliarden Franken für neue Strassen bewilligt hätte, würde ein Ja noch mehr Überwindung kosten. Das Grüne Bündnis, namentlich die BastA!, will ausserdem eine parlamentarische Erklärung durchsetzen, dass die 80 Millionen Franken irgendwann zurückbezahlt werden. Diese Erklärung hat jedoch keinen fordernden Charakter. Vielmehr «erwartet» das Grüne Bündnis, dass die Basler Regierung dafür «ernsthafte Gespräche» mit den Baselbietern aufnimmt.

Der Grosse Rat sagt Ja. Ist dann alles gut?

Auch wenn das Basler Parlament zustimmt, könnte der 80-Millionen-Deal immer noch scheitern. Die Basler SVP hat zwar definitiv bekanntgegeben, dass sie auf ein Referendum gegen den zu erwartenden Grossratsbeschluss verzichten wird. Dies, «weil eine Referendumsergreifung für den Fortbestand der Universität folgenschwer sein könnte und die Kündigung des Universitätsvertrages den Kanton Basel-Stadt kurz- und mittelfristig weitaus teurer kommen würde», wie die Partei mitteilt. Aber die BDP hat bereits damit gedroht, allenfalls auch im Alleingang Unterschriften für ein Referendum sammeln zu wollen.

Auch der Landrat muss der Vereinbarung zumindest indirekt zustimmen, indem er die drei Bedingungen erfüllt, die im Deal enthalten sind: Pensionskassenreform der Universität, Kooperation der Uni Basel mit der ETH Zürich und die gemeinsame Trägerschaft des Tropeninstituts. Diese Geschäfte werden jedoch frühestens im Dezember dem Landrat vorgelegt.

Was passiert bei einem Referendum?

Wenn die BDP erfolgreich Unterschriften für ein Referendum sammelt und es tatsächlich zur Volksabstimmung kommt, dann würde die Baselbieter Regierung gemäss Finanzdirektor Anton Lauber eine Kündigung des Uni- und Kulturvertrages bis Ende 2015 ernsthaft in Erwägung ziehen. Nur so könnte sie die ursprünglich anvisierten Sparmassnahmen zeitgerecht durchführen.

Die beiden Basel müssten dann innert kürzester Zeit eine neue Lösung herbeizaubern. Diese müsste bereits etwa bis Mitte 2016 stehen, damit sie sämtliche politischen Prozesse – in Baselland und Basel-Stadt – durchlaufen und ab dem 1. Januar 2018 gelten könnte.

Nächster Artikel