Baslerinnen und Basler bezahlen ihre Steuern rückwirkend. Das heisst: Im Mai 2018 wird die Steuer für das Jahr 2017 fällig. Andere Kantone wollen die provisorischen Steuern schon im jeweils laufenden Jahr.
Der grüne Grossrat Jürg Stöcklin will letzteres System auch in Basel einführen. Per Motion verlangt er, die Steuerfrist um sechs bis acht Monate früher anzusetzen. «Die späte Zahlungsfrist trägt dazu bei, dass in Basel Steuerschulden überdurchschnittlich häufig abgeschrieben werden müssen», erklärt Stöcklin.
Die Stadt müsse Jahr für Jahr zwischen 1,6 und 2,9 Prozent der Vermögens- und Einkommenssteuern abschreiben, schreibt der «Beobachter» (online nicht verfügbar). Im Schweizer Durchschnitt liegt diese Zahl bei einem Prozent.
Wenn die definitive Steuerrechnung dann vorliegt, wird es schlagartig ernst.
Die vorgezogene Steuerfrist mache das System einfacher, sagt Sébastien Mercier, Geschäftsführer der Schuldenberatung Schweiz. Er begrüsst Stöcklins Vorstoss. Eine Vereinfachung sei bitter nötig, denn seiner Erfahrung nach hätten viele Schweizer Mühe, die Übersicht zu bewahren.
Für Mercier besteht dringenden Handlungsbedarf. Von allen Schulden sei die Steuerschuld die häufigste, sagt Mercier. «Sie hat die kleinste Priorität, denn wer nicht bezahlt, spürt lange keine Konsequenzen.» So werde die Zahlung immer wieder verschoben.
Wenn die definitive Einschätzung dann vorliegt, wird es schlagartig ernst. Innerhalb weniger Tage ist ein hoher Geldbetrag fällig. «Auf diesem Wege geraten viele in eine Überschuldung», weiss Mercier.
Direkter Steuerabzug wäre besser
Noch einfacher wäre es, wenn die Steuern direkt vom Lohn abgezogen werden. Denn wenn das Geld gar nie auf dem eigenen Konto landet, kann man es auch nicht ausgeben. Darum hätte ein direkter Steuerabzug in den Augen von Mercier und Stöcklin noch mehr Vorteile. Doch dieses System hat der Basler Grosse Rat erst letzten Dezember abgelehnt. Die Basler SP denkt darüber nach, dieses Anliegen per Initiative vors Volk zu bringen.
Der Präsident der Finanzkommission, Patrick Hafner (SVP), unterstützt zwar die vorgezogene Steuerfrist, den direkten Steuerabzug lehnt er aber ab. Für ihn sind die Aufwände für die Arbeitgeber zentral. «Die Motion verursacht keinen zusätzlichen Aufwand beim Arbeitgeber und hilft möglicherweise gewissen Steuerpflichtigen.»
Dagegen würde der direkte Steuerabzug mehr Aufwand verursachen und nur einen Teil der Steuerpflichtigen und der Steuerarten betreffen. Ausserdem würden genau diejeningen nicht mitmachen, die von diesem System am meisten profitieren würden, vermutet Hafner.
Mehr verspricht sich Hafner von vermehrter Aufklärung zum Thema in der Schule, da Steuerschulden häufig junge Menschen betreffen. «Das herrschende Konsumverhalten macht es leider nicht einfacher, mit den Finanzen vernünftig umzugehen.» Mit Präventionsarbeit lasse sich das Problem zumindest ein Stück weit in den Griff kriegen, so Hafner.
Schrittweise Einführung
Jürg Stöcklin will die um sechs Monate vorverlegte Zahlungsfrist schrittweise einführen. «Die Frist könnte zum Beispiel jährlich um zwei Monate vorverschoben werden. Nach drei Jahren wäre das Ziel damit erreicht.» So lässt sich verhindern, dass die Steuerzahler gleich zwei Zahlungsfristen einhalten müssen. Also im Mai und im November des Umstellungsjahres. «Aber die Finanzverwaltung muss beurteilen, wie der Übergang am besten geregelt wird.»
Über zwei Dutzend Grossräte aus allen politischen Lagern haben die Vorlage unterschrieben. «Bis jetzt habe ich keine kritischen Reaktionen auf den Vorstoss erhalten. Im Gegenteil.» Daher geht Stöcklin davon aus, dass die Motion überwiesen wird, eine Einschätzung, die Patrick Hafner teilt.