Die OSZE: Das ist sie, das macht sie und deshalb wird sie kritisiert
Die vier Buchstaben OSZE halten derzeit Basel in Atem. Nicht wegen der politischen Brisanz, sondern wegen der Absperrungen, die für das Ministertreffen aufgestellt werden. Aber was ist die OSZE – und warum wird sie kritisiert?
OSZE-Mitarbeiter beobachten im von Rebellen kontrollierten Teil der Ukraine, wie Trümmer des Malaysia-Airlines-Flugs 17 in Hrabove geborgen werden. (Bild: MSTYSLAV CHERNOV)
Die vier Buchstaben OSZE halten derzeit Basel in Atem. Nicht wegen der politischen Brisanz, sondern wegen der Absperrungen, die für das Ministertreffen aufgestellt werden. Aber was ist die OSZE – und warum wird sie kritisiert?
Seit am Montag, 17. November, die Armee mit dem Aufbau der Sicherheitsmassnahmen für die OSZE-Ministerratskonferenz in Basel begonnen hat, ist das Thema in aller Munde. Allerdings vor allem wegen der gut sichtbaren Absperrungen in der Stadt und wegen der Einschränkungen, die das Treffen für die Bevölkerung mit sich bringt.
Was die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) aber eigentlich ist, wird in diesem Trubel kaum wahrgenommen. Es existieren diverse Frage-Antwort-Bögen von Bund und Kanton, die allerdings vor allem auf den Event bezogen sind. Wir haben die Fakten und die Hintergründe zur OSZE im Überblick.
1. Die OSZE ist ein Staatenbündnis zur Friedenssicherung.
Die Ziele der OSZE sind nichts Geringeres als die Sicherung des Friedens und der Wiederaufbau nach Konflikten. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa gibt es erst seit 19 Jahren. Zuvor hiess sie Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE), die am 3. Juli 1973 in Helsinki erstmals tagte. 1994 beschlossen die Mitglieder, die KSZE zu institutionalisieren und sie in OSZE umzubenennen. Vorderstes Ziel: Den Frieden im OSZE-Raum zu schaffen und zu erhalten. Die OSZE beruht nicht auf einem völkerrechtlichen Gründungsvertrag, sie besitzt auch keine eigenständige Rechtspersönlichkeit. Sie gilt nur aufgrund ihrer Tätigkeiten als internationale Organisation. Rechtlich allerdings hat sie keine Basis als internationale Organisation.
2. Sie ist ein Sammelsurium von Staaten, das im Kalten Krieg zusammenkam und immer weiter wuchs.
Der OSZE gehören heute mittlerweile 57 Staaten an, die die ganze Nordhalbkugel der Erde umfassen:
Überblick über die Mitgliederstaaten der OSZE: Dunkelgrün sind die Unterzeichner der Schlussakte von Helsinki und der Pariser Charta. Orange sind die elf Partnerstaaten markiert. Die hellgrün markierten Staaten haben nur die Schlussakte von Helsinki unterzeichnet. Gelb heisst keine Unterzeichnung. (Bild: Wikipedia)
3. Die OSZE hat von Sicherheit bis zur Medienfreiheit ein gewaltiges Spektrum an Aufgaben, das sie in drei Dimensionen unterteilt.
Die erste Dimension ist die politisch-militärische: Dabei geht es unter anderem um Grenzmanagement, Abrüstung und Rüstungskontrollen, Konfliktprävention und Terrorismusbekämpfung.
Die zweite Dimension befasst sich mit Wirtschaft und Umwelt: Sie ist am schwächsten entwickelt, wie eine Analyse der ETH Zürich feststellt. In dieser Dimension werden Umweltfolgen von Konflikten untersucht, unternehmerische Initiativen unterstützt und institutionelle Kapazitäten in den Mitgliedstaaten gefördert.
Die dritte Dimension ist die menschliche: Hierbei geht es um die Förderung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, um den Schutz der Menschenrechte, Wahlbeobachtungen, die Förderung von Medienfreiheit und die Bekämpfung von Menschenhandel.
4. Den Vorsitz hat aktuell die Schweiz. Deshalb findet das Treffen in Basel statt.
7. Trotz des Ukraine-Mandats: Die Bedeutung der Organisation schwand in den vergangenen Jahren stark.
Zu viele Geschäfte, ein unscharfes Profil, Konkurrenz durch andere Akteure auf der internationalen Bühne – wie die EU – und eine Spaltung zwischen Ost und West haben die OSZE zunehmend gelähmt. Zudem wird ihr angekreidet, zu wenig sichtbar zu sein. Ebenfalls als problematisch wird die lähmende Konsensregel angeführt, die besagt, dass Beschlüsse einstimmig gefasst werden müssen. Die strukturellen Probleme werden in einer Analyse des Zentrums für Sicherheitsstudien der ETH Zürich aus dem Jahr 2012 angeführt. Insofern kommt Didier Burkhalters dritter Priorität während des Präsidialamts zusätzliche Bedeutung zu: Die Handlungsfähigkeit der OSZE zu stärken, ist im Sinn der Organisation zwingend, wenn sie nicht als diplomatischer Club zwischen starken Verhandlungspartnern wie der EU und der Nato untergehen will.
8. Die OSZE wird von www.osze-angreifen.org auch in Basel direkt kritisiert: Sie sei ein Staatenbündnis, das andere ihren Interessen unterordne.
9. An der Medienkonferenz vom Mittwoch (26.11.) ist das definitive Sicherheitsdispositiv und eine erste Lagebeurteilung seitens Sicherheitskräfte bekannt gegeben worden.
Mit den Ministerräten der OSZE kommt ein wahrer Konferenzenkoloss nach Basel. Genau das soll künftig häufiger geschehen, findet Stadtpräsident Guy Morin. (Bild: Hans-Jörg Walter)
Artikelgeschichte
Punkt 9 des Artikels wurde am 26. November angepasst. Ursprünglich stand ein Hinweis auf die Medienkonferenz, dieser wurde durch einen Link zum entsprechenden Artikel vom Informationsanlass ersetzt.