Guy Morin: «Der Zolli ist Opfer seines Erfolgs»

Der Regierungspräsident erklärt, warum Sportmuseum und Skulpturhalle kein Geld mehr erhalten, und dämpft Hoffnungen von Orchestern, die künftig gern mehr Unterstützung vom Staat hätten.

Regierungspräsident Guy Morin muss in der Kultur mehr als eine Million Franken jährlich sparen. Er schafft das mit Kürzungen, die man kaum wahrnehmen wird. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Der Regierungspräsident erklärt, warum Sportmuseum und Skulpturhalle kein Geld mehr erhalten, und dämpft Hoffnungen von Orchestern, die künftig gern mehr Unterstützung vom Staat hätten.

Nachdem die Kulturausgaben zuletzt gestiegen sind, stehen erstmals seit Jahren Kürzungen an. Nicht viel, kein Prozent des Kulturbudgets. Dennoch ist bei Kulturkürzungen die Aufregung jeweils gross: Wo wird gespart, muss ein Veranstalter, ein Betrieb über die Klinge springen? Nun trifft es das Sportmuseum, wie wir wissen. Warum? Das hat uns Guy Morin nach Präsentation der Sparmassnahmen erklärt. Dass die Diskussionen damit noch nicht beendet sind, hat der zuständige Regierungsrat en passant durchblicken lassen, denn die laufenden Subventionsverhandlungen mit den Basler Musikorchestern erweisen sich als Knacknüsse. 

Herr Morin, den grössten Betrag in der Kultur sparen Sie beim Zolli: Dieser erhält künftig «nur» noch eine Million Franken vom Kanton, also 450’000 Franken weniger als bisher. Sind Sie gewappnet auf einen Sturm der Entrüstung seitens Zolli-Freunden?

Es wird ja auch bei anderen Massnahmen Lärm geben …

Richtig, aber dem allseits beliebten Zolli nehmen Sie ein Drittel der kantonalen Subventionen weg. Warum?

Die wirtschaftliche Situation spielt bei unserer Beurteilung von Subventionsgesuchen eine grosse Rolle. Dabei haben wir festgestellt, dass der Zolli über ausreichend Reserven und Drittmittel verfügt. Mir ist ganz wichtig, dass diese Kürzung nicht als Statement gegen den Zolli verstanden wird. Er ist in diesem Fall quasi Opfer seines Erfolgs. 

«Den staatlichen Museen nehme ich kaum etwas weg – ausser bei der Skulpturhalle.»

Andere Departemente müssen viele Stellen einsparen, bei Ihnen ist es gerade mal eine Stelle. Heisst das, Sie konnten die Sparmassnahmen geschickt abwälzen?

Jä nei! Wir haben viel weniger Angestellte als etwa das Erziehungsdepartement.

Wurden die Personaleinsparungen über die Departemente hinweg gleichmässig gefällt?

Nein, es ist sicher nicht hundertprozentig linear. Zwei Drittel meiner Mitarbeiter sind in den Museen beschäftigt. Den staatlichen Museen nehme ich kaum etwas weg – ausser bei der Skulpturhalle. Ob wir dort eine Stelle streichen werden, kann ich jetzt noch nicht abschliessend sagen. Aber grundsätzlich habe ich mich gegen eine Kürzung bei den Museen entschieden, sie mussten 2011 schon genügend bluten. Die Skulpturhalle wird geschlossen, bevor das Antikenmuseum in einigen Jahren umziehen wird. 

Solange wandern die Skulpturen ins Depot?

Ja, und wenn in dieser Zeit ein Museum die Abgüsse benötigt, kann es sich aus dem Lager bedienen. Die Abgüsse griechischer und römischer Skulpturen sind zwar wichtig – aber zeitgeschichtlich eher dem Interesse von vor 100 Jahren zuzuordnen.

«Die Inhalte, die Bedeutung des Sports kann man auch im Historischen Museum oder im Museum der Kulturen zeigen.»

Was bereits publik war: Dass die Beiträge ans Sportmuseum ganz gestrichen werden. Sie haben das heute damit begründet, dass es sich um ein nationales Museum handle, das zudem vom Bund unterstützt wird. Auch das Jüdische Museum, das Architekturmuseum oder das Haus für Elektronische Künste verstehen sich als nationale Institutionen. Diese erhalten aber weiterhin Geld …

Ja.

Das müssen Sie uns erklären.

Dahinter steht ein kulturpolitischer Entscheid. Macht es Sinn, dass man spartenspezifische historische Museen führt? Frau Jungblut (Direktorin des Historischen Museums, die Red.) hat diesen Frühling eine Ausstellung zum FCB geplant, zum Fussball. Punktuell macht das durchaus Sinn. Aber für uns als Kanton wäre eine Unterstützung beider Institutionen eine Doppelspurigkeit. Die Inhalte, die Bedeutung des Sports kann man auch im Historischen Museum oder im Museum der Kulturen zeigen.

Einen grösseren Posten können Sie zudem beim Theater Basel sparen: Dieses spart jährlich Energiekosten in Höhe von 300’000 Franken und zahlt dies dem Kanton zurück. Richtig?

Ja. Das Theater hat vom Kanton zehn Millionen Franken für energetische Sanierungen erhalten. Die Rendite dieser Investition äussert sich in Einsparungen, die wir zurückwollen. Das wird das Theater Basel gar nicht spüren.

Hat der künftige Theaterintendant Andreas Beck also nicht mit diesem Geld gerechnet?

Nein, wir haben das Theater Basel sehr früh darüber informiert, dass wir diese Einsparungen zurückhaben wollen.

Politisch umstritten ist bereits heute die Kürzung der Jugendkulturpauschale. Die Finanzkommission will diese aber in voller Höhe beibehalten.

Der Grosse Rat wird darüber entscheiden. Ich gehe nicht davon aus, dass das auf uns zurückfällt, dass wir diese 50’000 Franken woanders einsparen müssen.

«Ich glaube, dass die Jugendkultur nicht zu kurz kommt.»

Sie glauben also, dass der Grosse Rat sich auf Ihre Seite stellt und bei der Jugendkultur sparen wird?

Es handelt sich ja nicht um eine Desavouierung der Jugendkultur, wie das auch schon dargestellt worden ist. Bis 2013 hatten wir gar keine Pauschale. Vor der Einführung 2014 hatte die Regierung 100’000 Franken pro Jahr vorgeschlagen, der Grosse Rat verdoppelte diesen Betrag schliesslich noch. Damit wurden 50 Projekte gefördert – wenn wir jetzt von 200’000 auf 150’000 Franken zurückgehen, werden wir immer noch 40 Projekte unterstützen können. Zudem sind in dieser Pauschale Beiträge an ein JKF, einen RFV oder das Filmschaffen gar noch nicht drin. Ich glaube daher, dass die Jugendkultur nicht zu kurz kommt.

Aber 50’000 Franken fallen hier viel stärker ins Gewicht als bei einem Orchester. Oder nicht? 

Oh, warten Sie nur! Wenn Sie den Musikbereich ansprechen, so bin ich froh, wenn wir künftig mit den gleichen Subventionen auskommen können. Denn da habe ich derzeit einige Anträge auf Erhöhungen auf dem Tisch – im Millionenbereich! Einige Orchester hätten gerne mehr Geld, doch wird es auf ein Nullsummenspiel hinauslaufen. In der Musik haben wir also schon genügend Probleme zu lösen, ohne dass es eine Kürzung gibt. 

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