Nehmt uns bloss nicht zu ernst! Bürgerliche rücken vom eigenen Sparbefehl ab

Ihre Regierungsräte sind verärgert, am Horizont drohen ungewollte Folgen: Die bürgerlichen Parteien fürchten die Konsequenzen ihrer Sparpolitik – und stellen die eigenen Forderungen bereits infrage.

Sparidee mit hoher Sprengkraft: Die Schliessung eines Gartenbades würde helfen, ein Jahr lang die Kosten zu senken.

Zeichen sind in der Politik schnell gesetzt. Doch wenn aus Gesten Handlungen werden, sich die Zeichen in der Realität niederschlagen, beginnen oft die Probleme.

Die Probleme für die bürgerlichen Basler Parteien – insbesondere für die Regierungsparteien LDP, FDP, CVP – begannen am 7. Februar. Da entschloss man sich, dass es wieder mal an der Zeit sei, ein Zeichen zu setzen. Eines gegen die angebliche Ausgabenlust des Kantons und der eigenen Geschlossenheit.

Unter Fraktionszwang überwies die bürgerliche Mehrheit im Grossen Rat ein Budgetpostulat des Grünliberalen David Wüest-Rudin. Dort wird dem Kanton eine scharfe Ausgabengrenze für das Jahr 2019 gesetzt. 2,714 Milliarden und keinen Franken mehr darf der Kanton ausgeben. Auf die Zahl kam Wüest-Rudin, als er das von der Regierung avisierte jährliche Ausgabenwachstum von 0,5 Prozent ins Jahr 2019 weiterrechnete.

Engelberger: gar nicht erst gefragt

Und so brachten sich die Bürgerlichen selber in die Bredouille. Eines der Grundprobleme: Die Bevölkerung wächst und damit wachsen auch die Ausgaben für Sozialbeiträge, Schulen und Gesundheit. Will die Regierung das vom Parlament formulierte Ziel erreichen, muss sie irgendwo 40 Millionen Franken sparen, um anderswo die steigenden Kosten decken zu können.

Sämtliche bürgerlichen Regierungsräte waren gegen das Sparpostulat. Doch ihre Einwände wurden nicht gehört – und im Fall von Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger noch nicht mal abgefragt. CVP-Präsident Balz Herter bestätigt, dass Engelberger im Vorfeld der Abstimmung nicht konsultiert wurde: «Wir haben kein Gespräch darüber geführt.»

Die CVP fällte den Entscheid, die Kostenbremse zu unterstützen, erst in letzter Minute. Wüest-Rudins Vorstoss unterschrieb kein CVP-Politiker, betont Herter. Doch dann habe man sich hinter das Postulat gestellt: «Es ging darum, die bürgerliche Zusammenarbeit zu stärken.»

Engelberger war danach aufgebracht – und er teilte seinen Ärger seiner Fraktion deutlich mit. Herter räumt Fehler ein: «Es war sicher nicht die glücklichste Kommunikation.»

Cramer: von der eigenen Fraktion ignoriert

Die LDP hat zwar ihren Regierungsrat, Erziehungsdirektor Conradin Cramer, angehört, doch seine Einwände wurde von der Fraktion ignoriert. «Er konnte seine Bedenken einbringen, doch am Schluss lag der Entscheid bei der Fraktion», sagt LDP-Präsidentin Patricia von Falkenstein.

Auch jetzt stünden die Partei und ihr Regierungsrat im engen Austausch, sagt sie. Denn jetzt geht es darum, wo eingespart werden soll. Die Departemente entwickeln Vorschläge, Finanzdirektorin Herzog sammelt sie. Nach den Sommerferien will Herzog dann die Umsetzung des Sparpostulats kommunizieren.

«Der Handlungsspielraum der Regierung ist beschränkt, das ist der Nachteil dieses Postulats.»

LDP-Präsidentin Patricia von Falkenstein

Die Ideen, die etwa im Erziehungsdepartement gewälzt werden, haben es in sich. So wird zum Beispiel geprüft, den dringend nötigen Ausbau der Tagesstrukturen für Basler Schüler zu stoppen. Von Falkenstein bestätigt: «Ja, das ist eine der Möglichkeiten.» Cramer will sich wie alle anderen Regierungsräte nicht zu den Sparplänen äussern.

Eine der Schwierigkeiten für Cramer besteht darin, dass die Kürzungen nur für ein Jahr wirksam sind, nämlich für 2019. Eine längerfristige Dämpfung der Kosten ist kein Thema. Von Falkenstein sieht das als Problem: «Der Handlungsspielraum der Regierung ist beschränkt, das ist der Nachteil dieses Postulats.»

Folglich war eine andere Idee, die offenbar im Erziehungsdepartement geprüft wurde, die Schliessung eines Gartenbades für eine Saison. Das liesse sich bequem auf ein Jahr begrenzen.

CVP-Präsident Herter wünscht sich, dass der Vorstoss nicht als allzu verbindlich genommen wird.

LDP-Chefin von Falkenstein rückt entsprechend von der eigentlich glasklaren Forderung des Postulats ab: «Es ging uns darum, ein Zeichen zu setzen. Eine Botschaft zu platzieren: Ihr müsst genauer hinschauen bei den Ausgaben.» Ob tatsächlich 40 Millionen eingespart würden, sei nicht zentral, aber die Regierung müsse plausibel machen, weshalb es die einzelnen Ausgaben brauche. «Wir werden nur sinnvolle Sparideen unterstützen», kündigt von Falkenstein an.

Doch das zieht weitere Probleme mit sich. Was sinnvoll ist und was nicht, darauf wird sich der Grosse Rat kaum einigen können.

Noch deutlicher von den eigenen Sparwünschen distanziert sich CVP-Präsident Balz Herter: «Angesichts der grossen Überschüsse ist der Vorstoss sicher nicht ideal.» Vor einer Woche präsentierte Finanzdirektorin Herzog einen Überschuss von 251 Millionen Franken im Steuerjahr 2016. Herter wünscht sich, dass der Vorstoss nicht als allzu verbindlich genommen wird, und bei einzelnen Sparvorschlägen eine Korrektur erfolgen kann. «Das werden keine einfache Diskussionen», befürchtet der CVP-Mann.

«Wir können nicht eine Ausgabengrenze beschliessen und dann überall Ausnahmen machen.»

FDP-Präsident Luca Urgese

Plänen, die bei Teilen der Bürgerlichen geschmiedet werden, das Budget zurückzuweisen, sollte die Sparforderung nicht vollumfänglich umgesetzt werden, erteilt Herter eine Absage: «Die CVP wird das Budget nicht zurückweisen.»

Von den bürgerlichen Regierungsparteien steht nur FDP-Präsident Luca Urgese vollumfänglich hinter dem Sparbefehl. Auch wenn FDP-Sicherheitsdirektor Baschi Dürr das Postulat intern scharf kritisierte. «Dass wir damit auch unserem Regierungsrat nicht nur Freude bereiten, ist klar. Aber die Fraktion entscheidet unabhängig», sagt Urgese.

Urgese warnt davor, jetzt von den eigenen Forderungen abzurücken. Es gehe um die Glaubwürdigkeit der bürgerlichen Politik: «Wir können nicht eine Ausgabengrenze beschliessen und dann überall Ausnahmen machen.» Geld ausgeben sei immer angenehmer, als Einsparungen zu treffen. Es dürften auch für ihn aufreibende Monate werden.

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