Bau- und Verkehrsdirektor Hans-Peter Wessels erklärt im TagesWoche-Interview, wie es dazu kam, dass er einem französischen Partner mündlich eine Million zusicherte.
Herr Wessels, man konnte heute in der BaZ lesen, Sie würden «Fake Fakten» verbreiten – nun auch im Zusammenhang mit dem Park-and-Ride-Projekt aus dem Pendlerfonds. Es geht um 882’000 Franken. Was sagen Sie dazu?
Es ist eine merkwürdige Unterstellung, weil dieselbe Zeitung damals, als das Projekt von der Regierung verabschiedet und kommuniziert worden war, korrekt über diese Vergabe aus dem Pendlerfonds berichtet hatte. Jetzt zu behaupten, bei den Fakten handle es sich um Fake News, das finde ich relativ dreist. Die BaZ widerspricht sich selbst. Ich frage mich wirklich, wie weit man mit Desinformation gehen kann.
Im Dickicht der Informationen und Desinformationen bleibt – neben all den Dingen, die einer Prüfung offenkundig nicht standhalten – ein Vorwurf hartnäckig stehen: Bei der Verlängerung der Tramlinie 3 haben Sie dem französischen Partner eine Million Euro zugesagt – aber nur mündlich. Der Fall wird nun von der Geschäftsprüfungskommission (GPK) untersucht. Wie stark sind Sie unter Druck?
Ich fühle mich überhaupt nicht unter Druck. Die zugesagte Million ist nicht problematisch. Kritisiert wurde seitens der Finanzkontrolle einzig, dass der Beitrag nicht vertraglich geregelt wurde. Diese Kritik ist durchaus berechtigt. Zu den anderen Vorwürfen: Mittlerweile bin ich mir schon fast gewöhnt, dass man Räubergeschichten über das Bau- und Verkehrsdepartement (BVD) verbreitet. Da bin ich froh, dass sich die GPK mit der Materie auseinandersetzt: Das gibt uns die Gelegenheit zu dokumentieren, was Fakt ist, und was nicht.
Räubergeschichten? De facto hat die Finanzkontrolle Sie für einen mündlichen Deal kritisiert, weil keine konkrete Gegenleistung festgehalten wurde.
Mit Räubergeschichten meine ich den Vorwurf, das seien Bestechungsgelder. Das ist eine ungeheuerliche Unterstellung, die ich in aller Form zurückweise. Die Gegenleistung war von Anfang an klar: Das Geld ist ein Beitrag an die Finanzierung der Tramverlängerung auf der französischen Seite. Diesbezüglich hat nie Unklarheit bestanden. Das stand auch immer so in den Dokumenten, in denen die Franzosen darlegten, wie sie den Bau der Tramstrecke auf französischem Boden finanzieren.
Der Vorsteher des Basler Bau- und Verkehrsdepartements beantwortet die Fragen der TagesWoche-Journalisten. (Bild: Hans-Jörg Walter)
In der «bz Basel» haben Sie bereits gesagt, die Million sei eine Art «Türöffner» gewesen.
Ich erzähle Ihnen gerne, wie sich die Geschichte von Anfang an zugetragen hat. 2011/2012 haben wir auf französischer und Schweizer Seite die Finanzierung der Tramlinie 3 aufgegleist. Auf der französischen Seite bestand Anfang 2012 eine Finanzierungslücke. In dieser Zeit hat der damalige Präsident der «Communauté d’Agglomération des Trois Frontières», Roland Igersheim, angefragt, ob die BVB einen Beitrag an die Baukosten leisten können. Damals stand der Betrag von 1,6 Millionen Euro im Raum. Die Franzosen wussten selbstverständlich, dass die BVB bei der Verlängerung der Tramlinie 8 nach Weil am Rhein ebenfalls einen analogen Beitrag geleistet hatten.
Sie, die BVB-Führungsriege und die französischen Partner trafen sich also und machten mündlich einen Deal aus?
Es gab mehrere Sitzungen. In einer davon erfolgte die Anfrage. Der damalige BVB-Verwaltungsratspräsident, der Direktor der BVB und ich bestätigten: Ja, eine Beteiligung analog dem Vorgehen gegenüber Weil wäre möglich. Es hat nie jemand ein Geheimnis aus dieser Zusage gemacht: Die französischen Partner und die involvierten Mitarbeiter der BVB und des Bau- und Verkehrsdepartements (BVD) wussten alle davon. Auf französischer Seite war der Betrag in sämtlichen Verhandlungen und in allen Darlegungen ausgewiesen. Auch gegenüber den Medien wurde es offen kommuniziert – Artikel dazu sind auf der gemeinsamen Projekt-Website zu finden.
Aber Sie und die BVB haben es nicht kommuniziert. Warum?
Die Leute, die in die Planung involviert waren, sind davon ausgegangen, dass alles vereinbart war. Die Finanzierung des französischen Teils der Verlängerung der Tramlinie 3 war auch nicht Bestandteil des Basler Ratschlags. Was man rückblickend sagen muss: Die Franzosen haben es verpasst, die mündliche Abmachung schriftlich bestätigen zu lassen. Man verliess sich vollkommen auf die mündliche Zusage. Und die BVB haben ihren französischen Partner nicht daran erinnert, das schriftlich festzuhalten.
2015 kam dann ein Brief der «Communauté d’Agglomération des Trois Frontières», der die BVB an die Zahlung erinnerte.
Ich fiel aus allen Wolken, als die Leitung der BVB bei mir nachfragte, worum es dabei gehe. In der Zwischenzeit waren bei der BVB ein neuer Direktor und ein neuer Finanzchef im Amt. Die Neuen hatten keine Kenntnis davon und fragten bei mir nach, was mit den Franzosen vereinbart worden war. Wir bestätigten: Ja, diese Zahlung haben wir so vereinbart.
Sie sagten, die Franzosen hätten einen Fehler gemacht, diese Zusage nicht schriftlich festzuhalten. Aber es wäre doch an Ihnen und den BVB gewesen, das Ganze schriftlich festzuhalten. So hätten die neuen Führungskräfte der BVB auch von dem Deal gewusst.
Das stimmt. Wobei: Wenn man es nüchtern betrachtet, liegt die Holschuld bei den Franzosen. Sie wollten Geld von den BVB. Normalerweise hat in erster Linie derjenige, der das Geld kriegt, ein Interesse daran, dies schriftlich festzuhalten.
Ich als Geldgeber hätte auch ein Interesse daran, schriftlich festzuhalten, was mit meinem Geld passiert.
Da haben Sie absolut Recht. Natürlich hätte man diesen Beitrag vertraglich sauber regeln müssen. Das haben wir im September mit der Rahmenvereinbarung zwischen BVB, CA3F und dem Bau- und Verkehrsdepartement nachgeholt.
Für den Steuerzahler ist nicht nachvollziehbar, dass ohne schriftliche Vereinbarung eine Million Euro gesprochen wird. Wenn es keine Bestechung ist, so hat die Geschichte zumindest ein Gschmäckle.
Das hätte sie nur, wenn man nicht wüsste, wofür die Zahlung gedacht ist und wenn etwas verheimlicht worden wäre. Aber auf französischer Seite gibt es ja jede Menge Dokumente und auch Presseartikel, die zeigen, dass es sich um einen Beitrag an den Bau einer Tramlinie handelt – nichts anderes.
Leidet das Projekt unter der aktuellen Nachrichtenlage?
Das Projekt läuft völlig problemlos, sowohl auf Schweizer als auch auf der französischen Seite. Zeitplan und Finanzierung sehen gut aus. Es gibt kaum ein Projekt in einer solchen Grössenordnung, das derart problemlos läuft – das ist ja gerade das Absurde, wenn man die Nachrichtenlage anschaut. Und es geht immerhin um ein binationales, grenzüberschreitendes Projekt – allein auf französischer Seite sind neun verschiedene Finanzierungspartner beteiligt.
Die SP, konnte man heute lesen, begrüsse es, dass die GPK den Fall untersucht. Das beunruhigt Sie nicht?
Logisch begrüsst es Brigitte Hollinger als SP-Parteipräsidentin, wenn die Vorwürfe untersucht werden. Sie geht wie ich davon aus, dass sich die Vorwürfe nicht bewahrheiten werden. Was im Raum bleiben wird, ist: Der Beitrag der BVB hätte im Jahr 2012 vertraglich vereinbart werden sollen und nicht erst Jahre später. Das ist völlig klar. Da hat man etwas verpasst, auf beiden Seiten. Wir haben von Anfang an gesagt, dass man das heute anders machen würde.
Die Staatsanwaltschaft ist anscheinend auch involviert. Dann gibt es den Bericht der Finanzkontrolle, der öffentlich wurde. So ganz locker, wie Sie sich geben, ist das Ganze doch nicht?
Moment. Wenn Sie den Fiko-Bericht lesen, dann wird die Rechtmässigkeit dieser Zahlung in keiner Art und Weise angezweifelt. Wenn die Fiko den Verdacht hätte, dass etwas nicht rechtmässig wäre, dann hätte sie Zweifel angemeldet. Das Einzige, was bemängelt wird, ist die Tatsache, dass die Abmachung damals nicht verschriftlicht wurde. Mit der Rahmenvereinbarung zwischen BVB, CA3F und dem Bau- und Verkehrsdepartement haben wir das nachgeholt, weshalb ich davon ausgehe, dass die Forderungen der Fiko mittlerweile erfüllt sind und die Staatsanwaltschaft und die GPK zum selben Schluss kommen werden.
Ja, aber… (Bild: Hans-Jörg Walter)
…Moment… (Bild: Hans-Jörg Walter)
…alles klar? Das Lachen hat Hans-Peter Wessels noch nicht verlernt. (Bild: Hans-Jörg Walter)