Rheingasse als Dorfplatz

Wird die Rheingasse wie geplant verkehrsfrei, soll dort ein Boulevard mit schönem Bodenbelag und Cafés entstehen.

Robert Schroeder vom «Schmalen Wurf» sowie Beizenbesitzer und Anwohner Tino Krattiger wollen einmal Kaffee trinken können in der Rheingasse. Noch haben dort aber Autos Vorrang. (Bild: Michael Würtenberg)

Wird die Rheingasse wie geplant verkehrsfrei, soll dort ein Boulevard mit schönem Bodenbelag und Cafés entstehen.

Sie erhalten Unterstützung von ganz oben, die 13 Hoteliers und Beizer, die sich unter dem Arbeitstitel IG Rheingasse zusammengetan haben – von Baudirektor Hans-Peter Wessels nämlich. Ihre Vision: Die schmale Altstadtstrasse im Herzen des Kleinbasels soll zum Flanier-Boulevard parallel zum Rheinbord werden.

«Die Rheingasse ist wunderschön und hat viel Poten­zial. Mir schwebt eine belebte Strasse nach dem Vorbild des Spalenbergs vor», schwärmt Wessels. Regierung und Parlament wollen die Voraussetzungen schaffen, indem sie die Mittlere Brücke und als Folge die Rheingasse für Autos sperren.

Boulevard gegen Verwahrlosung

Alles auf bestem Weg zum «Boulevard Rheingasse» also? Nicht ganz: Letzte Woche hat die IG Kleinbasel eine Volks­initiative lanciert, die den Verkehr über die Mittlere Brücke weiter zulassen will. Bis die 3000 Unterschriften gesammelt sind, Regierung und Parlament darüber entschieden, eventuell einen Gegenvorschlag ausgearbeitet haben und sich schliesslich das Volk geäussert hat, kann es Jahre dauern.

In dieser Zeit bleibt die Rheingasse, was sie ist – eine düstere Stras­se mit Verkehr und Beizen, die nur ein schma­les Trottoir vor der Türe haben, dieses wegen der Enge der Strasse und dem Verkehr aber kaum nutzen können. Was lässt sich dagegen tun? Visionen spinnen. Anwohner und Beizenbesitzer Tino Krattiger und Robert Schroeder, Wirt des «Schmalen Wurf», tun das – und mit ihnen die anderen Gast­ronomen der Strasse. Sie sagen sich: Wenn die Rheingasse tatsächlich eines Tages gesperrt wird, muss sich was ändern.

«Eine verkehrsfreie Zone ohne Belebungsmassnahmen wäre der Todesstoss für die Rheingasse», sagt Tino Krattiger. Und Robert Schroeder ergänzt: «Es wäre die Einladung, die Strasse verwahrlosen zu lassen.» Wohlbemerkt die älteste Gastromeile Basels, die sich Krattiger als künftigen «Dorfplatz des Kleinbasel» vorstellt.

Rheingasse hat erste Priorität

Die Männer gehen weder für noch gegen die Sperrung für Autos auf die Barrikaden – sie sagen nur: «Wenn die Rheingasse dann tatsächlich mal verkehrsfrei wird, machen wir was draus.» Bei Hans-Peter Wessels rennen sie damit offene Türen ein. Für sein Departement habe die Aufwertung der Rheingasse dieselbe Wichtigkeit wie etwa die Umgestaltung der Freien Strasse, sagt er. Erste Priorität also.

Wessels weiss aber: Möglicherweise will das Volk keinen «Riegel zwischen Gross- und Kleinbasel» schieben und stimmt der Initiative zu. Dann könnte es allenfalls darum gehen, den Verkehr über die Mittlere Brücke statt wie jetzt noch durch die Rheingasse durch eine andere Strasse weiterzuführen.

Ein Rheingasse-Fest als Test

Eine Variante: Die Greifengasse öffnen. Wessels hält das jedoch für keine gute Idee: «Die Strasse ist jetzt schon stark belastet durch Tram und Busse und ausserdem wollen wir auch den Claraplatz autofrei machen.» Für ihn ist klar: Die Brücke muss für den Durchgangsverkehr gesperrt werden, damit links und rechts davon Fussgängerzonen entstehen können.

Doch das ist Zukunftsmusik. Weniger fern liegt ein Fest, das die Gastronomen voraussichtlich im Sommer durchführen wollen. «Wir wollen den Anwohnern zeigen, wie es sein könnte», sagt Krattiger. Als Kulturfloss-Kapitän weiss er, wie wichtig der Einbezug der Anwohner ist. Man wolle aber abwarten, was nun passiert. Abwarten? Hans-Peter Wessels sieht das anders: «Dem Fest steht nichts im Weg – das sollen die Gastronomen ruhig durchführen, egal, was einmal kommt.»

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 01.02.13

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