Die Schweiz und Deutschland haben im Fluglärmstreit eine Einigung erzielt. Deutschland verzichtet auf fixe Anflugzahlen auf Kloten. Dafür limitiert die Schweiz die Nordanflüge auf die Zeit von 6 Uhr 30 bis 18 Uhr.
«Deutschland verzichtet auf die Festlegung einer zahlenmässigen Begrenzung für Anflüge auf den Flughafen Zürich über deutsches Gebiet.» Dies teilte das Departement Leuthard nach dem Abschluss der Verhandlungen über einen neuen Fluglärmvertrag mit Deutschland mit (Medienmitteilung). Dieser «Vertrag über die Auswirkungen des Betriebs des Flughafens Zürich», wie er genau heisst, regelt hingegen die Zeiten neu, während derer von Norden her über deutsches Gebiet auf Kloten angeflogen werden darf.
Ruhe ab 6 Uhr abends
Bisher landeten pro Jahr 105’000 Grossflieger von Norden her in Kloten. Und dies von morgens 7 Uhr bis abends 21 Uhr. Der neue Vertrag, den die Schweizer Verkehrsministerin Doris Leuthard mit ihrem deutschen Amtskollegen Peter Ramsauer ausgehandelt hat, sieht nun ein Zeitfenster für den Anflug von Norden vor, das schon um 6 Uhr 30 morgens anfängt, dafür aber bereits um 6 Uhr abends endet. An Sonn- und Feiertagen soll zudem erst ab 9 Uhr morgens über Deutschland angeflogen werden dürfen.
An einer Medienkonferenz in Bern betonte Leuthard, dadurch müssten ab 2020, wenn der Vertrag dann gelten soll, pro Jahr 20’000 Landeanflüge von Norden auf Osten oder Süden umgelagert werden. Das sei der Preis gewesen, den die Schweiz für den Verzicht auf starre Obergrenzen bei den Anflugzahlen habe entrichten müssen. «Mit dem neuen Vertrag wird der Flughafen Zürich weiter wachsen können», versicherte die Verkehrsministerin. Die Bevölkerung in Süddeutschland werde vorab abends vom Fluglärm entlastet.
Pilot im Parlament hilft Leuthard
Konkret liegt die Zahl der Bewegungen (An- und Abflüge insgesamt) in Kloten derzeit bei 257’000 pro Jahr. Gemäss Leuthard wäre ein Ausbau auf bis zu jährlich 350’000 Bewegungen möglich. Der neue Vertrag geht noch dieses Jahr in die eidgenössischen Räte. Und wenn diese ihn ratifizieren, wäre dann noch ein Referendum dagegen möglich. Doch die meisten Abgeordneten und ihr Parteien werden vorsichtig sein: Schon 2001 hatte die Schweiz ein ähnliches Abkommen mit Deutschland ausgehandelt. 2003 lehnte das Parlament in Bern dieses ab. Ein eher dummer Entscheid, wie sich danach zeigen sollte.
Den jetzt vorliegenden Vertrag, der Ruhezeiten statt Obergrenzen bei den Anflugzahlen vorsieht, will der einzige Pilot im Parlament, Nationalrat Thomas Hurter (SVP, SH) jedenfalls annehmen und unterstützen (siehe Interview). Hurter sagt: «Die halbe Stunde mehr am Morgen bringt sehr viel».