Titelschwindel im Basler Sozialwesen

Der ehemalige Direktor des Basler Übergangsheims Wegwarte schmückte sich öfters fälschlich mit einem Doktortitel. Wegen den Recherchen der TagesWoche wird er jetzt einen neuen Direktoren-Job nicht antreten. Die Behörden wussten von den Missständen – sie reagierten nicht.

Der ehemalige Direktor des Basler Übergangsheims Wegwarte schmückte sich öfters fälschlich mit einem Doktortitel. Wegen den Recherchen der TagesWoche wird er jetzt einen neuen Direktoren-Job nicht antreten. Die Behörden wussten von den Missständen – sie reagierten nicht.

Am 2. Januar hätte Heinrich Yberg in Münchenstein die Gesamtleitung des Schulzentrums für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen TSM übernehmen sollen. Doch Yberg wird die Stelle nicht antreten. Der Grund: Die TagesWoche hat recherchiert, dass sich Yberg an zwei früheren Arbeitsorten hin und wieder als «Dr.» Yberg oder als «Professor» ausgegeben hatte. Doch Yberg hat bis heute weder den einen noch den anderen Titel erlangt.

Mitte Woche informierte Yberg den Schulrat des TSM Münchenstein, dass es ihm nach den Recherchen der TagesWoche nicht mehr möglich sei, die Stelle anzutreten: «Ich bedaure diesen Fehler begangen zu haben und entschuldige mich dafür», schreibt er dem TSM.

Ein Dutzend Angestellte verliessen das Heim

Aufgeflogen ist die Geschichte im Zusammenhang mit der Recherche über Ybergs autoritären Führungsstil an der Basler Wegwarte, einem Übergangsheim für traumatisierte Frauen und Kinder. Während seiner zweijährigen Amtszeit hatten über ein Dutzend Mitarbeiterinnen wegen der unhaltbaren Arbeitsverhältnisse die Wegwarte verlassen. Die Behörden wussten von den Missständen – sie reagierten nicht. Im Jahr 2009 wandten sich mehrere Angestellte an den «Kassensturz». In einem Fall konnte der «Kassensturz» Yberg strafrechtlich relevante Nötigung nachweisen.

Im vergangenen August wurde es dem Stiftungsrat der Wegwarte zu bunt: Er kündigte Yberg und stellte ihn frei. Offizieller Kündigungsgrund: «Unterschiedliche Auffassung» über die Ausrichtung der Stiftung. Kurz darauf melden sich eine Reihe sozialer Institutionen beim Stiftungsrat der Wegwarte mit einem Brief. Inhalt: Man hoffe, dass sich die Wegwarte nach dem Abgang von Heinrich Yberg wieder auf den «erfolgreichen Ablauf» in der Zusammenarbeit mit anderen sozialen Institutionen besinne. Denn wegen der «sehr hohen Personalfluktuation» unter dem Direktor hätten auch die Patientinnen gelitten. Menschen in Krisensituationen sind darauf angewiesen, dass sie Vertrauen zu einer Bezugsperson aufbauen können. Ständig wechselndes Personal verhindere dies.

Lesen Sie Peter Baslers Hintergrundgeschichte zum «Fall Yberg».

Quellen

Brief verschiedener Basler Sozialinstitutionen (PDF) an die Geschäftsleitung der Wegwarte

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