Vor über einem Jahr passierte, was eigentlich nicht mehr passieren sollte. Als Erich Lagler 2014 als neuer Direktor der BVB installiert wurde, sollte alles anders werden als unter seinem Vorgänger. Keine fragwürdigen Geschäfte, keine Mauscheleien. Von Transparenz war damals die Rede und von einem Veränderungskurs.
Doch wie Recherchen der TagesWoche zeigen, handelte sich auch der neue BVB-Direktor Ärger ein wegen der freihändigen Vergabe eines Auftrags. Es ging um eine Weiterbildung für Kaderangestellte. Kostenpunkt 530’000 Franken. Ein solcher Auftrag wird in der Regel ausgeschrieben, wenn er mehr als 150’000 Franken kostet. Bei der Kaderschulung fand jedoch keine Ausschreibung statt, wie die BVB auf Anfrage bestätigen.
Nur ein Anbieter kommt in Frage
Dies, weil die BVB ein ganz bestimmtes Führungstraining wollten, das nur ein Institut aus Baden-Württemberg anbiete, erklärt Mediensprecherin Sonja Körkel. Das Grundl Leadership Institut schult Führungskräfte nach der Methode «Leading Simple», das der Entrepreneur Boris Grundl patentierte.
Tatsächlich definiert das Gesetz Ausnahmen, wann Aufträge nicht ausgeschrieben werden müssen. Zum Beispiel wenn die Vergabe kurzfristig erfolgen muss oder falls nur ein Anbieter in Frage kommt.
Die entscheidende Frage, ob tatsächlich nur ein einziger Anbieter für die Weiterbildung in Frage kam oder ob auch andere den Auftrag mit gleichwertigem Ergebnis hätten erfüllen können, kann aufgrund der bekannten Details nicht abschliessend beantwortet werden.
«BVB hätten wohl ausschreiben müssen»
Der Berner Rechtsanwalt Mathias Zürcher meldet jedoch Zweifel an der Argumentation der BVB an. Er meint: «Die BVB hätten wohl ihre Anforderungen an den Leadership-Kurs festlegen und das Projekt ausschreiben müssen, damit sich alle potenziellen Anbieter hätten bewerben können, welche die Eignungs- und Zuschlagskriterien erfüllen.»
Er findet es einerseits fraglich, ob der Führungskurs tatsächlich als urheberrechtlich geschützt gelten könne. «Anderseits gibt es unzählige Anbieter von Führungskursen. Es wäre somit gut möglich gewesen, dass auch andere Anbieter die Kriterien der BVB erfüllt hätten und nicht nur das Grundl Leadership Institut mit ihrem ‹Leading Simple›-Führungssystem.»
Seine Einschätzung sei jedoch mit Vorsicht zu geniessen, da nur wenig Details über den Sachverhalt bekannt sind. Über ähnliche Fälle brüten Juristen normalerweise einige Tage oder gar Wochen.
Fachstelle nicht konsultiert
Für die BVB war der Sachverhalt aber glasklar. Sie hätten die Möglichkeit gehabt, die Rechtmässigkeit der Vergabe vorgängig mit der Fachstelle für öffentliche Beschaffungen zu besprechen. Das taten sie aber nicht. Warum, bleibt Laglers Geheimnis.
Ein ehemaliger Kadermitarbeiter sagt, das Weiterbildungsprogramm habe intern für Diskussionen gesorgt. «Ausschreibung oder nicht? Diese Frage war intern heftig umstritten.» Insbesondere deshalb, weil Lagler eigentlich mit dem Anspruch antrat, seine Arbeit transparenter zu machen als sein Vorgänger.
Mitarbeitende brauchen für jeden Bleistift ein Formular, die Führung vergibt einen grossen Auftrag freihändig.
Dieser Vorgänger, Jürg Baumgartner, musste die BVB verlassen, weil seine Geschäftsführung für Kritik sorgte. Baumgartner hatte unter anderem Aufträge für 2,5 Millionen Franken ohne Ausschreibung vergeben.
Unter Lagler sollte sich das ändern. Der neue BVB-Chef habe ein striktes internes Regelwerk eingeführt, erzählt ein anderer Ex-Mitarbeiter aus dem Kader. «Wir mussten praktisch für jeden Bleistift, den wir brauchten, ein Formular ausfüllen.» Dass die Führung einen Auftrag von einer halben Million Franken einfach so vergab, habe deshalb in der Belegschaft für Unverständnis gesorgt.
Tatsächlich änderte Lagler das interne Regelwerk zur Beschaffung von Arbeitsmaterialien. Früher konnten Mitarbeiter bis zu einem Freibetrag von 2500 Franken ohne Bewilligung Güter und Dienstleistungen einkaufen. 2015 setzte die Führung den Freibetrag mit einer neuen Beschaffungspolicy auf 500 Franken herunter.
Hier sei eine regelrechte Bürokratie hochgefahren worden, sagt der Ex-Mitarbeiter. Auf der einen Seite sei penibel auf die Mitarbeiter geschaut worden, auf der anderen habe sich die Führung aber nur an die eigenen Regeln gehalten.
Spaltung statt Team-Building
Die teure Weiterbildung sei zudem eine «Farce» gewesen, so der ehemalige Kadermitarbeiter. «Ziel der Schulung war das Team-Building. Sie führte aber genau zum Gegenteil: zur Teamspaltung.»
In den Meetings seien Emotionen geschürt worden, es hätten sich Fronten gebildet, was letztlich den Spaltungsprozess in der Geschäftsleitung und bei den Kaderangestellten verstärkte.
Die BVB weisen diesen Vorwurf von sich. Das Programm sei als «erfolgreich» zu beurteilen. «Zahlreiche Teilnehmende begrüssen eine interne Ausbildung für die Professionalisierung ihrer Führungsarbeit», erklärt Körkel. Die Umsetzung von «Leading Simple» sei «im BVB-Führungsalltag bereits deutlich erkennbar».
Das Programm läuft seit Juli 2017 und endet im Dezember 2018. 105 Kadermitarbeitende nehmen an der Schulung teil. Die BVB informierten darüber in zwei Sätzen in ihrem letzten Geschäftsbericht. Ansonsten war «Leading Simple» in der Öffentlichkeit bisher kein Thema.