Es ist ein Beispiel, wie es in den letzten Jahren einige Male vorkam: An der Landskronstrasse in einem Innenhof stehen sieben ältere Bäume. Bald kreischen hier die Kettensägen, weil ein Immobilieninvestor einen Neubau plant. Die Rosskastanien, Spitzahorn und Ulmen sind zwar schützenswert, aber die Stadtgärtnerei legt kein Veto ein.
Dasselbe passierte beim umstrittenen Bauprojekt am Steinengraben. Dort muss mit dem Segen der Stadtgärtnerei unter anderem eine hundertjährige Esche weichen.
Von den rund 50’000 Bäumen in Basel-Stadt fallen immer mehr, weil so viel gebaut wird. Der Leiter der Stadtgärtnerei Emanuel Trueb sagt, zwar würden auf öffentlichem Grund insgesamt mehr Bäume gepflanzt als gefällt. Auf Privatboden – wo etwa die Hälfte der Bäume stehen – sei die Bilanz aber negativ.
Weniger Jungbäume
Eigentlich muss laut Baumschutzgesetz für jeden gefällten Baum ein neuer gepflanzt werden. Das ist aus Platzmangel aber nicht immer möglich. Also können Bauherren auch eine finanzielle Ersatzleistung zahlen. Das sei durch das Baumschutzgesetz nicht ausgeschlossen, so Trueb.
Doch selbst wenn die Bauherren Ersatzpflanzungen vornehmen, entsteht ein Verlust: Ältere Bäume sind aus ökologischer Sicht interessanter, weil sie beispielsweise in Astlöchern Bruthöhlen für Vögel aufweisen. Bis der alte Zustand nach einer Fällung wiederhergestellt ist, können Jahrzehnte vergehen.
Allein 2016 fällte die Stadtgärtnerei 1180 Bäume auf privatem und öffentlichem Boden, 214 davon im Zusammenhang mit einem Baugesuch. Das geht aus dem Bericht der Geschäftsprüfungskommission (GPK) hervor. Im selben Jahr wurden aber nur 788 neue Bäume gepflanzt. Das habe auch damit zu tun, dass die Ersatzpflanzung nicht immer im gleichen Jahr stattfindet, erklärt das Amt im Bericht.
Weiter heisst es im Bericht: «Gemäss den Amtszahlen führt verdichtete Bauweise tendenziell zu einem Anstieg der Zahl gefällter Bäume.»
Steht Stadtgärtnerei unter Druck?
Beat Leuthardt, BastA!-Grossrat und Co-Präsident des Basler Mieterverbands, findet, die Stadtgärtnerei setze sich zu wenig für den Erhalt der Bäume ein. Er selbst nutzt das Baumschutzgesetz auch, um Neubau-Projekte zu verhindern. «Gerade wenn es um Bauprojekte geht, habe ich den Eindruck, dass die Stadtgärtnerei vom Bau- und Verkehrsdepartement unter Druck steht, eine Fällung zu empfehlen», sagt Leuthardt mit Blick auf die Situation am Steinengraben.
Im Zweifel entscheidet die Baumschutzkommission, deren Mitglieder vom Regierungsrat bestimmt werden, ob gefällt werden darf oder nicht. Und falls ein Rekurs auf diesen Entscheid folgt, muss ein Gericht beurteilen, ob nun das private Interesse an einem Neubauprojekt oder das öffentliche Interesse am Erhalt eines Baumes grösser ist.
In manchen Fällen findet sich auch eine Kompromis-Lösung. Wie zum Beispiel beim Bau des Kinderspitals. Der U-förmige Bau wurde bis 2010 so realisiert, dass die Bäume im Innenhof stehen bleiben konnten. Die Anpassung des Bau brachte jedoch nicht viel: Im Nachhinein starben einige alte Bäume trotzdem, vielleicht weil sie weniger Sonnenlicht abkriegten oder sich der Boden veränderte.
270 Bäume zur Fällung ausgeschrieben
Trueb verwehrt sich gegen den Vorwurf, man stehe unter Druck: «Das ist überhaupt nicht so. Wir beurteilen jeden Fall einzeln als Fachbehörde und halten uns an die Gesetze.»
Die Stadtgärtnerei bewilligt laut Trueb rund 90 aller Fällgesuche. Nur bei 10 Prozent stoppt das Amt den Kahlschlag. Trotzdem ist der Chefgärtner zufrieden mit der Auslegung des Baumschutzgesetzes: «Wenn es das Gesetz nicht gäbe, hätten wir eine ganz andere Situation.»
Aktuell hat die Stadtgärtnerei im Kantonsblatt 277 Bäume zur Fällung ausgeschrieben. Diese Bäume müssen aber keinem Bauprojekt weichen. Sie alle sind entweder krank oder am Absterben – die Baumschutzkommission hat die Fällung der Bäume bewilligt. An deren Stelle werden – wo es möglich ist – neue Bäume gepflanzt.