Am Ende weint «Manu»: Die TagesWoche schaut Schweiz gegen Schweden

Gut, allzu hoch waren die Erwartungen in der Redaktion nicht. Frustrierend war das gemeinsame Match-Erlebnis trotzdem.

Aus und vorbei: «Manu» nach dem Abpfiff.

Das Spiel gegen Schweden stellt nicht nur die Schweizer Nationalmannschaft vor eine Herausforderung. Auch das Team TagesWoche ist gefordert. Wir können es uns nämlich nicht leisten, eigenes Personal nach Russland zu schicken.

Darum griffen wir für die Gruppenspiele auf deutsche Söldner zurück, die als freie Journalisten für uns von den Schweizer Spielen berichteten. Doch die meisten davon sind gleichzeitig mit den deutschen Fussballern heimgereist. Von den Verbliebenen war keiner scharf darauf, diesem Achtelfinal beizuwohnen. Was man, wenn man diese Affiche aus neutraler Warte betrachtet, irgendwie verstehen kann.

«Ah, Lichtsteiner spielt nicht?»

Ganz ohne Spielbericht wollten wir unsere liebe Leserschaft aber nicht lassen. Und weil sowieso ein Grossteil der Belegschaft den Match schaut, statt produktiv zu arbeiten, wird die Berichterstattung zur Gruppenarbeit erklärt.

Der erste Schreckmoment kommt schon vor dem Anpfiff: Der Bildschirm im Sitzungszimmer bleibt schwarz, weil ein leitender Angestellter (Name der Redaktion bekannt) im dümmsten aller Momente ein Update gestartet hat. Die Technikabteilung reagiert blitzschnell, tauscht Monitore aus und schafft es tatsächlich, zehn Minuten vor Anpfiff bewegte Bilder auf den Schirm zu bringen.

«Ah, Lichtsteiner spielt nicht?», stellt Redaktorin C.W. bei der Mannschaftsaufstellung fest und geht dann lieber in einen anderen Raum. Das gemeinsame Nachzählen ergibt, dass fünf Spieler mit FCB-Vergangenheit in der Startformation stehen. Die gesamte Sportabteilung hat im internen Tippspiel auf die Schweden gesetzt.

In Minute sechs befiehlt der Schweizer TV-Kommentator Shaqiri das erste Mal zurückzulaufen. In Minute neun schweift die Diskussion in der Redaktion erstmals ab. Es geht um Beiträge in anderen Schweizer Medien.

Redaktor M.O. schaut nur wegen «Manu» und spricht den Namen zärtlich («aber auch fordernd») aus. Shaqiri kann den Ball nicht mitnehmen. Das liege an den Schuhen, meint Bildredaktor N.F. Nach 27 Minuten sagt Sportredaktor S.W. auf Anfrage leise, er finde, dass die Schweden das besser machen. Eine Minute später muss sich Sommer in die tiefe rechte Ecke strecken.

Yann Sommer rettet, die Redaktion atmet auf.

Dzemailis Fehlschuss lässt den Lärmpegel erstmals hochschnellen. Vielleicht wirkt auch das erste Bier. «Zum Glück können die nicht tschutten», kommentiert Co-Redaktionsleiter G.B. den missratenen schwedischen Abschluss nach knapp 40 Minuten. Ein Schwede zerrt an Djourous Hose, was Diskussionen über den «Snägi» auslöst. Dann ist Pause, was allgemein begrüsst wird. Bis hierhin, so der Konsens, entspricht das Spiel den Erwartungen. Redaktor M.O. wünscht sich von «Manu» ein Tor.

Zu Beginn der zweiten Halbzeit diskutiert die Redaktion über die Temperatur im Stadion. 18 Grad recherchiert Co-Redaktionsleiter R.B. zeitnah. Dann feiert die Schweiz eine Eckball-Orgie und «Manu» gewöhnt sich an den russischen 16er. Führt aber zu nichts. Bei der Bildagentur findet der Protokollführer dieses Foto.

Djourou (l.) und «Manu» suchen den Ball.

«Gut gespielt», gibt Co-Redaktionsleiter R.B. via Fernseher den Schweizern positives Feedback. Co-Produktionsleiter T.B. erkundigt sich, welche Farbe eigentlich damals die Trikots der Ukrainer gehabt hätten. Behrami bekommt die Gelbe. Er verpasse darum das erste Spiel der EM-Qualifikation, erklärt Sport-Redaktor S.W., der den potenziellen Ersatz Zakaria für einen sehr guten Fussballer hält.

Oh nein, «Manu». M.O.s Liebling lenkt unglücklich zum 1:0 für die Schweden ab. Aber vorher hätte ja Xhaka schauen können. Der holt sich stattdessen Gelb.

Wir wollen nicht in Wunden wühlen. Darum zeigen wir statt dem Tor den Jubel der schwedischen Hintermannschaft.

Seferovic und Embolo kommen für Dzemaili und Zuber. Die Redaktion hätte Xhaka rausgenommen. Als sich «Manu» am Boden windet, bemerkt Sportredaktor S.W., die Schweden hätten keine Frisuren, sondern einfach Haare. Volontärin R.B. findet es traurig, dass die Schweizer so schlecht spielen. 

«Sie kommen, sie kommen», hofft Layouter A.B. nach einer vernünftigen Flanke von Shaqiri. Da seit der Einwechslung von Embolo die Mehrheit der Schweizer mal für den FC Basel gespielt hat, ist Hoffnung durchaus angebracht. Zumindest auf einen neuen Eckball-Rekord. 

«Aber nicht so!» Wie aus einer Kehle schreit das Team TagesWoche in der 86. Minute nach Shaqiris Schuss weit daneben. Die Schweden versuchen kurz vor Ende der regulären Spielzeit das Spielchen an der Eckfahne. Doch dafür reichen ihre fussballerischen Fähigkeiten nicht. Für die Schweiz aber schon.

Drei Minuten Nachspielzeit. So wenig! Wahrscheinlich hat der Schiri genug. Seferovic köpft aufs Tor. Noch eine Flanke in den Strafraum. Co-Redaktionsleiter R.B. springt vom Stuhl, um einzuköpfen. Vergeblich.

Im Gegenzug läuft ein Schwede allein auf Sommer. Lang fällt ihn mit einer Hand und muss raus. Das Schweizer Team hat keine Basler Mehrheit mehr. Die Schweden bekommen einen Freistoss. Sommer wehrt. Nützt nix.

«Ein grottenschlechtes Spiel», kommentiert Co-Produktionsleiter T.B. «Es ist erstaunlich, wie schnell man über so etwas hinweg kommt», antwortet Bildredaktor N.F. Auf dem Bildschirm weint «Manu».

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