Auf Tuchfühlung mit dem Präsidenten

Noch haben die FCB-Fans den Vereinspräsidenten Bernhard Burgener nicht oft bei einem öffentlichen Auftritt erlebt. Jetzt diskutierte er in der Aula der Basler Uni über Sicherheit – und liess das Publikum mit gemischten Gefühlen zurück.

Stand am Freitag in der Aula der Uni Basel für einmal selber im Rampenlicht: FCB-Präsident Bernhard Burgener. (Bild: Manuel Geisser)

Das Bier in der einen, die Zigarette in der anderen Hand. Vor der Aula der Universität Basel praktizierte eine Gruppe junger Männer das szeneübliche Warm-up, während der Beamer drinnen bereits den Podiumstitel in den Saal flimmerte. Um «Sicherheit im Stadion» sollte es gehen, eine Kooperationsveranstaltung zwischen dem FC Basel und der Universität Basel.

Die Gäste waren schon da: Der Basler Sicherheitsdirektor Baschi Dürr repräsentierte die polizeiliche Exekutive, dann die Anwältin und SP-Grossrätin Tanja Soland, der Präsident Fanarbeit Basel, Andreas Schneider, sowie Strafrechtsprofessor Mark Pieth. Fehlte noch FCB-Präsident Bernhard Burgener. Der steckte im Stau und schenkte den Jungs vor der Aula etwas Zeit, das Bier auszutrinken.

Die Getränke mussten später am Eingang abgegeben werden. In Sachen Sicherheit wollte die Universität dem Gast aus dem St.-Jakob-Park in nichts nachstehen.

Sicherheitsprobleme?

Burgener kam kurz nach sechs und er dürfte in der Tat, wie Pieth in seiner Eröffnungsrede vermutete, der Hauptgrund für den ordentlichen Publikumsandrang am Freitagabend gewesen sein. Immerhin war es einer der ersten öffentlichen Auftritte Burgeners als FCB-Präsident.

Er erhielt denn auch gleich das Wort. Burgener ergriff es, redete leise, den Kopf zum Mikro gesenkt, über Zuschauerzahlen und wie wenig da im Verhältnis passiere im Stadion. Rund 21’500 Zuschauer kommen wirklich zu einem durchschnittlichen Spiel, nur äusserst selten werde einer von ihnen verletzt, so seine Botschaft: «In den letzten zwei Jahren sind gerade einmal zwei Menschen durch Pyros zu Schaden gekommen», sagte Burgener, «insgesamt zählen wir im Stadion pro Jahr fünf Verletzte.» Das stehe in keiner Relation zu einzelnen Medienberichten.

Ausserhalb des Stadions sehe die Sache etwas anders aus. Viel zitiert wurden an diesem Abend erwartungsgemäss die Ausschreitungen vom April 2016, die sich Gruppen von Matchbesuchern und die Polizei auf der Plattform hinter der Muttenzerkurve geliefert hatten. In der Causa werden in naher Zukunft die ersten Urteile verkündet. Burgener habe sich bereits öfters mit Vertretern der Fangruppen getroffen und das Gespräch gesucht. «Wir pflegen einen offenen Austausch aber machen auch klar: Es gibt Gesetze und die muss man befolgen.»

Unterschlagene Perspektiven

Die Diskussion drehte sich im Folgenden lange um Tendenzen. Wie die Gewalt abnehme, die Sicherheitskonzepte professioneller würden und wie gut Polizei, Club und ein Grossteil der Fans quasi Hand in Hand zusammenarbeiteten. Der «Basler Weg», so fasste Pieth diese allgemeine Zufriedenheit in einen Begriff, der sich allerdings bis zum Schluss einer Definition entzog und folglich irgendwo zwischen Fakten und subjektiver Wahrnehmung der Podiumsgruppe angesiedelt blieb.

Gerne hätte man mehr über die Sicht der Fans erfahren. Zum Beispiel, was denn in den Gesprächen mit den Fangruppen genau herauskam, die Burgener erwähnte. Oder wie die Matchbesucher eigentlich die Sicherheit im Stadion empfinden und inwieweit sich dies mit der Sicht der Verantwortlichen deckt.

Schneider vermochte zu solchen Fragen leider nicht viel mehr zu sagen, als dass er in seiner Funktion als Präsident der Fanarbeit nicht wisse, wie der Austausch an der Basis stattfinde. Und auch Burgener konnte nichts Konkreteres ausführen.

Burgener auf der grossen Bühne

Plötzlich gereizt reagierte der FCB-Präsident, als das Publikum an der Reihe war. Auf eine eigentlich harmlose Frage, die auf einen Kommentar Burgeners zur jüngsten Entgleisung Christian Constantins abzielte, entgegnete er aufbrausend: «Zunächst einmal, wer sind Sie überhaupt und für welche Zeitung schreiben Sie?», fragte er forsch in den Saal. Zur Affäre Constantin äussere er sich aus Prinzip nicht, «auf dieses Diskussionsniveau lasse ich mich nicht herunter».

Ein Familienvater schilderte darauf ein «mulmiges Gefühl», das ihn beim Spiel gegen Benfica inmitten der portugiesischen Fans beschlichen habe: «Meine Kinder hatten Angst. Kann man die Fangruppen im Stadion nicht besser trennen?» Leider nein, sagte Burgener ziemlich knapp. Er hatte die Publikumstumulte nach der roten Karte gegen einen Benfica-Spieler ebenfalls beobachtet. Aber im offenen Verkauf könne eben nicht überprüft werden, woher die Kunden kämen.

Mögen Burgeners Gespräche mit Fan-Vertretern im kleinen Rahmen in Minne verlaufen, an den Vollkontakt mit einem grösseren Publikum scheint er sich noch gewöhnen zu müssen.

Gemischte Gefühle

Die Besucherinnen und Besuchern verliessen am Ende des Abends mit einem gemischten Gefühl die Uni-Aula. Gemischt, weil es um die Sicherheit der Fans statistisch gesehen so gut bestellt ist wie nie. Dass diese Sicherheit aber teils mit geschlossenen Reihen hochgerüsteter Polizisten vor dem Stadion erreicht wird, die ihrerseits nicht eben friedlich wirken, hat auf dem Podium nur Tanja Soland angemahnt.

Der Fussball lebt mit der Krux, dass vereinzelte Ausreisser auf der Gewaltskala tiefere Spuren im Sicherheitsgefühl der Menschen hinterlassen als ganze Serien friedlicher Spiele. Aber auch wenn die Statistiken von einer positiven Entwicklung erzählen, es will nun mal trotzdem kein gewöhnlicher Matchbesucher genau dann im oder ums Stadion sein, wenn der Ausnahmefall eintritt.

Nächster Artikel