Die Konkurrenten, selbst die Young Boys, geben sich vor dem Start in die neue Super-League-Saison kleinlaut. Also macht sich der FC Basel auf zum achten Meistertitel in Serie. Sportdirektor Georg Heitz hat deshalb einen «turbulenten Transfersommer» hinter, und die ummodellierte Mannschaft laut Trainer Urs Fischer «einen langen Weg» vor sich.
Jährlich grüsst das Murmeltier: Die Super League geht in eine neue Saison und im weiten Feld hinter dem FC Basel verschanzen sich die Konkurrenten in ihren Erdlöchern. Niemand in Sicht, der bereit wäre, dem Dominator den Fehdehandschuh hinzuwerfen.
Nicht einmal die Young Boys trauen sich, zuletzt zwei Mal Zweiter hinter Basel und trotz respektvollem Abstand (14 und 12 Punkte) der natürliche Herausforderer des siebenfachen Serienmeisters. Adi Hütter rät sogar dazu, im Vergleich mit dem FC Basel «kleinere Brötchen zu backen».
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Der YB-Trainer will mit den Young Boys den eigenen Weg, den «YB-Weg» gehen, und kann sich vor allem darauf stützen, keine Schlüsselspieler verloren zu haben. Das müsste eingedenk einer sehr guten Rückrunde (41 Punkte gegenüber deren 40 des FCB) eigentlich Mumm geben, aber das Wort «Meisterschaft» oder «Titelgewinn» haben sie in Bern auf Eis gelegt.
Sportchef Fredy Bickel, aus dem Schaden vor einem Jahr vorsichtig geworden, verkleidet sein Saisonziel in einen Allgemeinplatz: «Jeder, der zu einer Meisterschaft antritt, möchte diese auch gewinnen.»
Die Young Boys und der Finanzier mit dem langen Atem
Wie sich Bilder bei Saison-Vorschaugesprächen gleichen: YB-Trainer Adi Hütter (links) und Sportchef Fredy Bickel am Dienstag in Bern. (Bild: Keystone)
Welcher Geist in Bern die Young Boys umweht, machte dieser Tage Andy Rihs deutlich. Der Finanzier von Stadion und Club sowie passionierte Radsportfan macht im Interview mit dem «Tages-Anzeiger» unverblümt deutlich, was er von Profifussballern im Vergleich zu Radsportprofis hält: wenig.
Immerhin gab Rihs einen kleinen Einblick in die sonst nicht sonderlich transparenten Finanzen der Young Boys: Der Break Even liegt demnach bei 48 Millionen Franken, die Spitzenverdiener siedelt er bei einer Million an und ein allfälliges Defizit deckt der steinreiche YB-Mitbesitzer. Wenn man seine Einlassung richtig deutet, waren das zuletzt acht Millionen Franken.
Wie lange er sich seine kostspieligen Engagements im Velozirkus und im Fussball leisten will? «Ich kanns mir bis ans Ende meiner Tage leisten», diktierte Rihs dem «Tages-Anzeiger» in den Block.
Die Basler Transferoffensive für rund 16 Millionen Franken
Was soll der FCB dazu in den Nach-Gigi-Oeri-Zeiten sagen? Er hat sich mit jedem Erfolg und jedem weiteren Erfolg und mit jedem Transfer, der mit einer Gewinnspanne beim Weitertransfer abgerechnet werden konnte, ein Polster erarbeitet. Mit dem nötigen Glück auf dem Rasen und auf dem Markt und mit dem einen oder anderen Windfall Profit hat sich der FCB für den Moment und auch ein bisschen darüber hinaus einigermassen unabhängig gemacht.
Bei der kleinlauten Konkurrenz muss der FCB schon selbst die ehrfurchtsvolle Distanz verkürzen. «Jedes Mal mit einer neuen Mannschaft den Erfolg zu bestätigen – das ist die grosse Herausforderung», sagt Sportdirektor Georg Heitz. Dafür wurde in Basel in diesem Sommer eine Transferoffensive in Gang gesetzt, wie man sie in dieser Grössenordnung – neun neue Spieler für grob überschlagen mehr als 16 Millionen Franken – noch nicht erlebt hat.
Geoffroy Serey Dié (vom VfB Stuttgart), Eder Balanta (von River Plate), Kevin Bua (FC Zürich), Seydou Doumbia (ausgeliehen von der AS Roma; zuletzt Newcastle United), Mohamed Elyounoussi (Molde FK/Norwegen), Omar Gaber (Zamalek/Ägypten), Djordje Nikolic (FK Jagodina/Serbien), Blas Riveros (Olimpia Asuncion/Paraguay), Dereck Kutesa (Servette Genf).
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Das sind deutliche Signale an die Konkurrenz. Der FC Basel hat Lust, grosse Brötchen zu backen und auch die achte Meisterschaft en suite zu gewinnen – die 20. Meisterschaft insgesamt – und sich damit den zweiten Stern über dem Vereinslogo zu verdienen (einer für jeweils zehn Titel). «Ein zweiter Stern sieht immer schön aus», sagt Urs Fischer, «aber das wird ein langer Weg, und es werden uns neun Clubs dabei im Weg stehen.»
Luzern, «das Schalke der Schweiz»
Und was ist von diesen zu halten? Hinter den Young Boys schloss der FC Luzern die zurückliegende Saison als Dritter ab, besser, als es sich lange angedeutet hatte. Mit dem 35-jährigen Innenverteidiger Ricardo Costa, zuletzt bei Granada, dem 16. der Primera Division beschäftigt, scheinen die Innerschweizer eine Art Walter-Samuel-Kopie zu versuchen und schwärmen bereits von der Mentalitätsbestie Costa, der 2004 mit dem FC Porto Champions-League-Sieger war.
Was Trainer Markus Babbel nach dem unvermittelten Präsidenten-Wechsel beim «Schalke 04 der Schweiz» fordert: «Wir brauchen mehr Ruhe im Verein!» Von der haben die Grasshoppers, nun einsam erstklassig am Fussballplatz Zürich, bei ihrem überschaubaren Zuschauerzuspruch im Letzigrund mehr als ihnen lieb ist, und der FC Sion, eigentliche Wundertüte der Liga, präsentiert sich seit geraumer Zeit verdächtig beschaulich, immer noch mit demselben Trainer und neu mit dem Ivorer Arthur Boka, einem 33-jährigen Haudegen für die linke Aussenbahn.
Fischer: «Jeder Punkt will wieder hart erkämpft sein»
Und wo die Konkurrenz also die ganz leisen Töne anschlägt, so als ob man dem FCB nicht zu nahe treten will, gibt Urs Fischer ein bisschen Motivationshilfe bis Weihnachten, für alle, nicht nur für die eigenen Spieler: «Die Super League ist für uns kein Selbstläufer, das war sie vergangene Saison schon nicht. Wir werden 18 Cupspiele haben, jeder will dem FCB ein Bein stellen, und jeder Punkt will hart erkämpft sein.»
Der Rest der Saisonziele ergibt sich in Basel von selbst: Den Schweizer Cup nach drei verlorenen Endspielen erstmals seit 2012 wieder zu holen, wäre ein hübsches Beiwerk nebst dem «Allerwichtigsten» (Heitz), und das ist die Meisterschaft, die obendrein ein weiteres Mal den direkten Zugang zur Champions League garantieren würde.
Bei der Europa-Kampagne kann und will sich der Sportdirektor noch nicht auf die Äste hinauslassen, was nachvollziehbar ist, weil der FC Basel erst am 25. August seine drei Gruppengegner erfahren wird, «aber wir würden schon gerne auch diese Saison international überwintern».
Der FCB will kreativer und unberechenbarer sein
Mit 29 Spielern geht der FC Basel seine Ziele an, manche würden sagen: ein sehr grosses Kader. Fischer nennt es «ein schönes Kader», mit dem im ersten Anlauf erst einmal viel Integrationsarbeit zu leisten ist, und der Trainer spricht von einem «schönen Konkurrenzkampf». Bis die Automatismen greifen werden, wird es Zeit brauchen, mehr als vergangene Saison, als der FCB einen perfekten Start in der Liga mit acht Siegen hinlegte.
Ganz bildender Künstler sagt Fischer über seine Mannschaft: «Wir sind noch am Modellieren.» Und er verspricht einem erfolgsverwöhnten Publikum und den 23’800 Jahreskartenbesitzern im St.-Jakob-Park taktische Abwechslung: «Wir müssen nicht die Welt neu erfinden, aber wir wollen kreativer und unberechenbarer werden.»
Das will der Trainer mit Systemmodifikationen erreichen, ausgehend vom eingespielten 4-2-3-1-Grundgerüst. Daraus soll nach Bedarf ein Abwehr-Dreierblock werden, wie er schon vergangene Saison vereinzelt praktiziert wurde. Ein Angriff mit zwei Stürmern in einem 3-5-2 oder eine in dieser Vorbereitungsphase getestete 4-1-4-1-Formation.
Der FC Sion fühlt dem Meister auf den Zahn
Fischer verlangt von seiner Mannschaft Flexibilität und die Fähigkeit, auf dem Platz reagieren zu können. «Wir werden einen dominanten FCB sehen, aber es wird immer wieder Spiele geben, bei denen wir uns dem Gegner anpassen.» Auch das versteht der Trainer unter mehr Unberechenbarkeit.
Wie weit er mit seinem Team in diesem Prozess ist, wird sich am Sonntag erstmals zeigen, ein endgültiges Urteil wird die Startpartie aber unter den Umständen eines «turbulenten Transfersommers» (Heitz) noch nicht zulassen. Aber man darf davon ausgehen, dass ein weitgehend unveränderter FC Sion dem FCB richtig auf den Zahn fühlen wird.