Der Fussball taugt wenig, als der FC Basel die Saison-Dernière gegen GC durch ein Eigentor von Adama Traoré mit 0:1 verliert. Vor dem Spiel werden drei verdiente Spieler gebührend verabschiedet, dann begleitet das mit 30’000 Zuschauern besetzte Joggeli den Niedergang des FCZ mit Hohn und Spott – und schliesslich überreicht Roger Federer dem Meister den neuen Pokal.
Der neue Meisterpokal in Basler Händen: FCB-Captain Matias Delgado stemmt am Mittwoch um 22.45 Uhr den neuen Kübel; links Roger Federer, der Überraschungsgast bei der Meisterparty.
(Bild: Keystone/TagesWoche)Geste mit Stil: Die GC-Spieler stehen dem Meister FC Basel beim Einlaufen ins Stadion Spalier.
(Bild: Keystone/PATRICK STRAUB)Das letzte Mal: Walter Samuel, Behrang Safari, und Philipp Degen (von rechts) werden von den ehemaligen Basel Spielern David Degen, Alex Frei und Marco Streller (von links) verabschiedet.
(Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)Sieht immerhin elegant aus: Adama Traoré unterläuft das Eigentor, auf dass der FC Basel an diesem Abend nicht mehr reagieren kann.
(Bild: Keystone/PATRICK STRAUB)Ganz so schlimm, wie es in dieser Momentaufnahme nach Adama Traorés (links) Eigentor aussieht, war es dann unter Strich nicht. Der FCB verliert ein für ihn unbedeutendes Spiel.
(Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)Basels beste Chance durch Cédric Ittens Pfostenschuss war gleichzeitig auch so gut wie einzige echte Chance des Meisters.
(Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)Schau, wer kommt denn da: Die lebende Tennis-Legende Roger Federer, bekennender FCB-Fan, brachte den neuen Meisterpokal ins Stadion – 13 Kilo schwer und – wie Federer kolportierte – mit zwei Liter Champagner gefüllt.
(Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)Mit freundlicher Empfehlung des Maestros: Roger Federer überreicht IHM den Meisterpokal.
(Bild: Keystone/PATRICK STRAUB)FCB-Captain Matias Delgado kostet den Moment aus, links Pokalbote Roger Federer.
(Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)Der Pokal in Basler Hand.
(Bild: Keystone/PATRICK STRAUB)Es war ja schon alles klar, zumindest aus Sicht des FC Basel, für den es an diesem Abend nur noch darum ging, den Meisterpokal in Empfang zu nehmen. Und dennoch entwickelte sich noch einmal grosses Gefühlskino für die über 30’000 Zuschauer im St.-Jakob-Park. Angefangen bei der tränenreichen Verabschiedung des Trios Degen, Safari, Samuel bis zum Auswärtssieg für GC, der den Hoppers einen Platz im Europacup sichert.
Die 90 Spielminuten waren geprägt einerseits von einer ziemlich uninspirierten Vorstellung beider Teams, vor allem aber des FCB, der der Einfachheit halber den einzigen Treffer selbst besorgte: Adama Traoré lenkte in der 42. Minute eine Flanke von Mergim Brahimi reichlich ungeschickt ins eigene Tor. Das reichte GC bereits, womit die Grasshoppers beide Spiele in Basel gewonnen und damit die beste Bilanz aller Super-League-Vereine gegen den Meister aufzuweisen haben.
Und diese Grasshoppers-Mannschaft samt ihres Trainers Pierluigi Tami bewies Stil mit ihrer Geste, Spalier zu stehen, als der alte und neue Meister FCB mit seiner Startelf auflief, die angesichts der Verletzungsmisere ein letztes Aufgebot darstellte.
Ein belangloses Spiel und Basler Häme für den FCZ
Andererseits erlebte das Joggeli mittels den eingeblendeten Zwischenständen von den anderen Plätzen den schwarzen Tag für den anderen Zürcher Club mit. Um 20.43 Uhr und mit der 2:0-Führung des FC Lugano machte sich in der Muttenzerkurve erste Häme breit, und der GC-Fansektor jubelte. Dann schmähten sich die Supporter gegenseitig, und in der Halbzeitpause gab es auf den besseren Plätzen ein erstes Cüpli.
Während das Geschehen auf dem Rasen des St.-Jakob-Parks belanglos blieb – und der FCB eigentlich von einem Pfostenschuss von Cédric Itten abgesehen nicht den Anschein machte, als ob der Punkterekord (85 aus der Saison 2003/2004) oder der Torerekord (90 von 2009/2010) ihn noch sonderlich motivieren würde –, nahm die Dramatik andernorts ihren Lauf.
Um 21.48 Uhr wurde die Führung von Vaduz im Letzigrund in Basel mit Jubel und inbrünstigen «Züri Nati B»-Gesängen begleitet. Um 21.56 Uhr hatte der FCZ die Partie gedreht, doch Applaus gab es sechs Minuten später, als das 3:0 für Lugano durchdrang. Damit war das Verdikt im Abstiegskampf gefällt.
Um 22.20 Uhr verabschiedete Basler Hohn und Spott den FCZ in die Zweitklassigkeit. Und das ziemlich genau 10 Jahre nach dem 13. Mai 2006 und dem auf die Spitze getriebenen Saisonfinale, als der FCB an gleicher Stelle in der 93. Minute den Titel an die Zürcher verlor.
Walter Samuel bleibt die Pointe verwehrt
Einen letzten, einsamen Höhepunkt erlebte die gestrige Partie, als Walter Samuel und Philipp Degen in der 90. Minute für drei Nachspielminuten eingewechselt wurden und so unter dem Jubel der Zuschauer einen würdigen Abschied erhielten. Samuel blieb gar mit einem Kopfball die Pointe im allerletzten Moment knapp verwehrt.
Damit schliesst der FCB die 19. Meistersaison mit 14 Punkten Vorsprung auf den Zweiten Young Boys ab. Während die Berner in die steinige Qualifikation gehen, hat sich der FCB einen Direktplatz in der Gruppenphase der Champions League verdient. Der FC Luzern und die Grasshoppers spielen Europa League und werden begleitet vom Cupsieger, der am Sonntag zwischen Lugano und dem am Boden zerstörten FCZ ermittelt wird.
Roger Federer bringt den neuen Meisterpokal
Nach dem Abpfiff dieser Saison war Basel ganz bei sich und beim Feiern. Die Meisterparty-Routine der vergangenen Jahre versuchte man zu durchbrechen durch akustische Umrahmung – das Trommler-Ensemble Stickstoff. Was an Stimmung auf den Rängen entstand, wurde aber leider mit hämmernder Musik aus der Konserve erstickt.
Eine letzte Überraschung hatten die Organisatoren aber noch parat: Den nagelneuen Pokal, der angefertigt werden musste, weil die Liga den alten nach dem sechsten Titel dem FCB geschenkt hat. Er wurde vom prominentesten FCB-Fan unter frenetischem Jubel ins Stadion getragen: Roger Federer überreichte die 13 Kilo schwere und mit Champagner gefüllte, vergoldete Silbertrophäe an FCB-Captain Matias Delgado, der den Henkelpokal um 22.45 Uhr in die Höhe stemmte.
Und die Kampfansage an die Liga, nun vorerst ohne den FCZ und mithin ohne den Klassiker des Schweizer Fussballs, adressierte FCB-Präsident Bernhard Heusler auch schon: «Wir greifen an. Die Jagd auf den zweiten Stern beginnt.» Heisst: Nächste Saison will der FCB Titel Nummer 20.
Keinen Aufwand scheute der FC Basel, um vor dem Anpfiff der Kehraus-Partie drei verdiente Spieler in den Ruhestand (Walter Samuel, Philipp Degen) oder zurück in die Heimat zu verabschieden (Behrang Safari). Mittels auf den Stadionleinwänden eingespielten Videobotschaften würdigten Wegbegleiter die Spieler – oder gaben Liebeserklärungen ab. So etwa Javier Zanetti, Ivàn Ramiro Córdoba und Esteban Cambiasso, Teamkollegen von Walter Samuel bei Inter Mailand. Überraschungsgäste für «il muro» waren überdies Carlo Bergonzi, Nicolás Burdisso und Ex-Weltmeister Aldair – diese leibhaftig im St.-Jakob-Park.
Die Anstrengungen haben sich gelohnt: Der 38-jährige Argentinier Samuel war zu Tränen gerührt. Als grossartiger Verteidiger hat er sich am Ende seiner aussergewöhnlichen Karriere in die Herzen der FCB-Fans gespielt – oder «geschwiegen», wie es Präsident Bernhard Heusler ausdrückte. Der grosse Schweiger nahm an seinem letzten Abend als Profi allen Mut zusammen, kratzte sein Englisch zusammen und rief allen im Stadion zu: «Danke für alles und viel Glück für die Zukunft!»
Nicht weniger emotional ging es bei Philipp Degen und Behrang Safari zu. Für Erheiterung sorgte das Videostatement von Dortmunds Goalie Roman Weidenfeller, der von wilden Autofahrten Degens berichtete. Beni Huggel übernahm den Basel-Part, und Degen, der mit dem FCB stolze achtmal Meister wurde, verabschiedete sich mit den Worten: «Ich werde immer einer von euch sein.»
Mit Rückennummer 19 Teil der Mannschaft zu sein, die mit dem FC Basel den 19. Meistertitel holte – das war Heuslers Botschaft für Safari, der fünf Titel mit dem FCB gewann, nun nach Malmö zu seinem Stammverein zurückkehrt und dort «Botschafter des Basler Humors sein wird» (Heusler). FCB-Meistertrainer Thorsten Fink nannte Safari «einen grossartigen Spieler, mit dem ich zusammenarbeiten durfte» und wünschte ihm «all the best my friend». Und dass er inzwischen leidlich Deutsch kann, demonstrierte der Schwede charmant: «Heute ist mein letzter Tag, aber ich bin für immer ein Basler.» (cok)
Vor dem Spiel:
» Abschied I: Eine Mauer, die nicht fällt – eine Würdigung zum Karriereende von Walter Samuel
» Abschied II: Der Versuch, Degen, Safari und Samuel würdig zu verabschieden – die Vorschau zum Kehrausspiel und Meisterpokal-Übergabe
» Bilanz: «Ich liebe diese Meisterschaft», sagt FCB-Präsident Bernhard Heusler, der am Vortag des letzten Saisonspiels zusammen mit Trainer Urs Fischer und Sportdirektor zurück und vorwärts bickt
» Portrait: Einmal ist keinmal, sagt Urs Fischer – eine Begegnung mit dem Meistertrainer
» Talfahrt: Die Grasshoppers, heute der Gegner des FCB, und ihre vermurkstes Frühjahr