Genetikfirma testet nicht nur Babys, sondern auch die Fussballer von Lausanne-Sport

Die Genetikfirma «Genes-X», die in Basel problematische Untersuchungen von Babys anbietet, hat auch sämtliche Spieler des FC Lausanne-Sport getestet. An den sportlichen Nutzen glaubt beim ersten Rückrundengegner des FC Basel jedoch niemand so richtig.

Lausannes Präsident Jean-François Collet (Bild: sda)

Die Genetikfirma «Genes-X», die in Basel problematische Untersuchungen von Babys anbietet, hat auch sämtliche Spieler des FC Lausanne-Sport getestet. An den sportlichen Nutzen glaubt beim ersten Rückrundengegner des FC Basel jedoch niemand so richtig.

Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis sich der Eingang zur «Hat Trick Bar» in der Lausanner Pontaise finden liess. Durch den Spielereingang hinauf auf die heruntergekommene Tribüne, unter einem Gerüst hindurch, das den Gastronomiebereich mit Sicht auf den Rasen des Stade Olympique trägt, hin zu reihenweise verschlossenen Türen.

Nach einem wenig aufschlussreichen Anruf bei der Geschäftsstelle des FC Lausanne-Sport, auswärts erster Gegner des FC Basel in der Rückrunde (2. Februar, 13.45 Uhr), erwies sich die vierte Holztüre als richtig: ein kleiner, schlecht isolierter und deswegen im Dezember 2013 kalter Raum. Café et Croissants an der Bar, immerhin, Journalisten im hinteren Teil, vorne die Verantwortlichen des Fussballclubs und die Vertreter der Genetikfirma «Genes-X».

Die Gentests an den Spielern bestätigen lediglich, was die Trainer schon wussten

Noch bevor «Genes-X» den Flagshipstore in Basel eröffnen kann, untersucht der Bund, ob die angebotenen Baby-Gentests legal sind.

Das Tessiner Unternehmen, das einen Flagshipstore in Basel mit Gentests aller Art eröffnen will, informierte über die Zusammenarbeit mit dem Verein aus der Waadt: Sämtliche Spieler des Tabellenletzten der Super League waren anhand einer Speichelprobe auf ihre genetischen Veranlagungen getestet worden. Die Ergebnisse sollen in personalisierten Trainings münden – und das wiederum in einem sportlichen Vorteil.

Ausgerechnet der Club mit dem sanierungsbedürftigen Stadion, der leeren Kasse und der noch magereren Punkteausbeute in der Meisterschaft will sich «als erster europäischer Verein» (Originalton eines Communiqués) mit Gentests nach vorne arbeiten. Mit Tests, deren Sinn der neue Fitnesscoach Patrick Legain mit einem Schmunzeln beurteilt. «Die genetischen Resultate haben lediglich bestätigt, was ich nach vier Wochen Arbeit mit der Mannschaft ohnehin bereits wusste», sagt der Franzose.

Der Ausdauersportler steht im Tor

Unter anderem sollen die Tests darüber Aufschluss geben, ob ein Spieler über positive genetische Eigenschaften bezüglich der Muskelregenerierung, des Muskelaufbaus oder der Ausdauer verfügt. Auch ergebe sich ein Bild über die Verletzungsanfälligkeit der Sportler, sagt Luigi Visani, CEO von «Genes-X», und hält fest, dass die Spieler ausschliesslich auf sportliche Aspekte hin getestet wurden und nicht auf die Veranlagung für Krankheiten.

Bei aller Skepsis im Raum, vorne wie vor allem hinten, die Tests tragen zumindest Amüsantes zu Tage: Lediglich 4 der 24 getesteten Lausanne-Spieler haben positive genetische Eigenschaften bezüglich der körperlichen Ausdauer – einer davon steht im Tor.

Um welchen Torhüter es sich handelt, gaben die Informierenden nicht Preis, so viel Persönlichkeitsschutz muss sein. Im Gespräch mit Direktbeteiligten wurde aber schnell klar, dass es sich um Ersatzmann Signori Antonio handeln dürfte.

Kein einziger Spieler verweigerte den Gentest

Sämtliche Spieler haben ein Dokument unterzeichnet, das dem Verein die Verwendung der genetischen Daten erlaubt. Doch «die Signatur und die Teilnahme an den Tests waren freiwillig», sagt Präsident Jean-François Collet und fügt an, dass die Genetik bei potentiellen Neuverpflichtungen nicht getestet werde.

Teilgenommen haben alle Kaderspieler und keiner habe sich darüber gross Gedanken gemacht, sagt Rolf Feltscher, Ex-Grasshopper in Lausanner Diensten: «Als ich von diesen Tests gehört habe, fand ich es schon etwas komisch, denn sie waren mir unbekannt. Aber ich sagte mir, mach einfach mal mit.»

Feltscher und Captain Guillaume Katz waren die anwesenden Spieler, deren genetische Resultate an der Presskonferenz genauer gezeigt wurden. Heikel, denn darüber war sich zumindest Feltscher gemäss eigener Aussage nicht im Klaren und ebensowenig kannte er seine Werte zum Zeitpunkt der Veröffentlichung, da diese erst am Vorabend eingetroffen waren.

«Möglicherweise macht der Verein diese Tests, weil er etwas verzweifelt ist», stellt Feltscher die Verbindung zur verzwickten Tabellensituation her und ist sich gleichzeitig sicher: «Zu besseren Resultaten wird das nicht führen.»

Keiner sieht den Nutzen – ausser «Genes-X»

Zwar gewannen die Lausanner einen Tag nach der Pressekonferenz das letzte Spiel der Vorrunde gegen den FC Sion. Dass sich der Einfluss von Gentests auf dem Fussballplatz aber in Grenzen halten wird, darüber scheint sich auch der ehemalige Champions-League-Sieger mit der AC Milan und jetztige Lausanne-Trainer Marco Simone im Klaren zu sein: «Informationen zu haben ist wohl fundamental, jedoch kann ein Fussballer fehlende Ausdauer beispielsweise auch mit dem Lesen des Spiels kompensieren. Schlussendlich beurteilen wir die Akteure nach ihren fussballerischen Leistungen, und nicht nach genetischen Aspekten.»

Aus Simones wenigen Worten an der Pressekonferenz wird deutlich, dass dieses Experiment interessant zu sein scheint, niemand darin aber einen wirklichen Nutzen erkennen kann. Gegen Ende der Veranstaltung – Verteidiger Guillaume Katz schenkt inzwischen Kaffe an der Bar aus – scheint klar, was schon beim Herumirren durch die Pontaise die Vermutung war: Die Partnerschaft zwischen dem Fussballverein und der Gentechnikfirma ist vor allem eine Marketingkampagne für Letztere.

Basel darf gespannt sein, wie die Kampagne von «Genes-X» aussehen wird, um den Gentechnikladen im Hardhof an die Kunden zu bringen. Eine Partnerschaft mit dem FC Basel wird kaum dazugehören.

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