Der Vorstand des EHC Basel schiesst erneut über eine Million ein. Und versucht wieder die Flucht nach vorn.
Doch, doch, es gibt sie schon, die schönen Momente im Leben als Präsident des EHC Basel. Am 30. April zum Beispiel hat Matthias Preiswerk einen Brief erhalten, in dem sich der Vorstand des EHC Laufen bei ihm persönlich dafür bedankt hat, was er für das Eishockey in der Region tut. Preiswerk kann die moralische Unterstützung gut gebrauchen.
Denn der 30. April ist für ihn auch aus anderem Grund kein unwichtiges Datum. An diesem Tag endet das Rechnungsjahr der Eishockey-AG. Und damit zu den weniger schönen Momenten im Leben des EHC-Präsidenten: Seit Jahren überlebt die Basler Eishockey-Organisation nur dank Zuwendungen von Preiswerk und seinen Vorstandskollegen. 2012 waren es 1,4 Millionen Franken, die der Vorstand einschiessen musste. Daran hat sich in der vergangenen Saison nichts geändert. «Die Zahlen bewegen sich im ähnlichen Bereich», sagt Preiswerk.
Der 52-Jährige muss sich vorkommen wie der berühmte Hamster im Rad. Seit er 2006 beim EHC eingestiegen ist, investiert er Geld und Energie, ohne dass für Aussenstehende eine Veränderung zum Positiven erkennbar wäre. Im Gegenteil – zuletzt verpasste das Team sogar die NLB-Playoffs. «Die vergangene Saison war frustrierend», stellt Preiswerk fest.
Ein anderer hätte vielleicht den Bettel hingeschmissen. Preiswerk entschied sich dafür, noch einmal Geld in die Hand zu nehmen, und verpflichtete mit Michel Riesen einen grossen Namen des Schweizer Eishockeys (vgl. Interview). Mit dem EHC Biel hatte auch ein NLA-Club um die Dienste des Stürmers gebuhlt. Dass Riesens Stammclub gegen Basel den Kürzeren zog, lässt durchaus Rückschlüsse auf den Vertrag zu, den er beim EHC erhalten hat. Sein Salär dürfte sich über der in Biel definierten Salärobergrenze von etwas mehr als 200 000 Franken bewegen. Trotzdem sagt Preiswerk: «Wir lassen uns nicht auf ein Abenteuer ein.»
Mit Riesen «greifen wir noch einmal an», meint Preiswerk. Etwas anderes bleibt ihm und dem EHC gar nicht übrig. Wer wie Preiswerk das Eishockey in der Region verankern will, ist auf ein erfolgreiches Profiteam angewiesen: «Dazu braucht es ein Flaggschiff.»
Also versucht Preiswerk die Flucht nach vorne. Nicht zum ersten Mal. Bereits im August 2010 sprach er von einem «Hochseilakt», von einer «riskanten Vorwärtsstrategie ohne Garantie», die er mit dem EHC gehe. Weiter ist das Profiteam seither nicht.
Als Teilhaber von Baumann & Cie. haftet Preiswerk «mit Haus und Hof» bei einem allfälligen Misserfolg der Privatbank. Möglich, dass es auch dieses Verantwortungsgefühl ist, das ihn davon abhält, den EHC fallen zu lassen. Er selbst spricht von den «unspektakulären Erfolgen», die ihn beflügeln, von der wachsenden Nachwuchsbewegung etwa.
Über 200 Junioren sind es, die heute in Kooperation mit den regionalen Clubs bei den Young Sharks spielen. Ein schöner Erfolg. Ein Schweizer Spitzenclub ist Basel bei den Junioren deswegen aber nicht. Nachwuchschef Daniel Baur spricht von der Katze, die sich in den Schwanz beisst: «Weil wir nicht überall in den höchsten Kategorien spielen, verlassen uns die besten Junioren. Und weil uns die Besten verlassen, steigen wir nicht auf.»
Die mässige Idee mit dem Hai
Eine Kooperation mit dem SC Bern soll helfen, diesen Kreislauf zu durchbrechen. Es bleiben andere Baustellen. Baur spricht davon, wie überrascht er nach seinem Antritt 2007 über den Graben gewesen sei, der sich im EHC selbst aufgetan hatte: «Nach der Gründung der AG wurde die Basis verloren. Es gab viele Kräfte, die nicht in dieselbe Richtung gearbeitet haben.» Auch die Idee, den Clubnamen um das Wort «Sharks» (Haie) zu ergänzen, sei «vielleicht nicht die beste» gewesen: «Weil die starke Marke EHC Basel verwässert wurde.»
Inzwischen sieht Baur den EHC wieder auf festerem Fundament. Aber um eine wirklich breite Basis zu bekommen, brauche es eben dieses «Aushängeschild, ein Profiteam, das spektakulär spielt». Es ist die Krux des EHC: Für eine starke Spitze braucht er die Breite – und für diese wiederum eine starke Spitze.
Ob dank Michel Riesen diese Quadratur des Kreises gelingt? Die Hoffnung lebt bei Matthias Preiswerk. Doch er warnt davor, den Neuzugang allzu sehr unter Erwartungsdruck zu setzen. Auch er ahnt: Es könnte etwas gar viel Gewicht sein für die Schultern eines einzelnen Riesen.
Seit dem Abstieg aus der NLA sind die Zuschauerzahlen des EHC Basel konstant tief. Gut gefüllt wird die St.-Jakob-Arena mit ihren 6600 Plätzen bloss, wenn mit Gratiseintritt gelockt wird, wie letzte Saison beim 80-Jahr-Jubiläum. Die tiefen Einnahmen durch zahlende Zuschauer haben dazu geführt, dass der EHC zuletzt freiwillig auf die Playoffs verzichtete, die ihn bloss mit Mehrkosten belastet hätten.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 10.05.13