Sieben Spieler, die regelmässig zum Einsatz kommen, reisen für die nächsten knapp zwei Wochen zu ihren Nationalmannschaften. Dazu kommen eine Handvoll Reserveakteure, alles in allem muss Marcel Koller auf das halbe Kader verzichten. Und so kann der Trainer, der seit seiner Ankunft in Basel moniert, dass er eigentlich gerne mehr trainieren würde, schon wieder nur bedingt mit seinen Spielern arbeiten.
Von der Startaufstellung beim 1:1 gegen den FC Thun stehen Koller vier Feldspieler nicht zur Verfügung: unter anderem Albian Ajeti, der zum ersten Mal für die Schweizer A-Nationalmannschaft aufgeboten worden ist. Zudem steht Fabian Frei auf der Liste jener Pikettspieler, die Vladimir Petkovic für die Schweiz nachnominieren könnte. Aber Koller hat eine Lösung gefunden, wie er die Zeit bis zum nächsten Spiel, dem Cupduell mit dem FC Echallens aus der 1. Liga, neben dem Training einsetzen kann:
«Wir wollen die Zeit nutzen, um den Spielern auch mal frei zu geben, damit sie die Batterien aufladen können. Wir waren sehr intensiv unterwegs und auch vor jedem Heimspiel im Hotel. Irgendwann kann man das nicht mehr sehen. Ein paar Tage mit der Familie zu verbringen, gibt auch wieder Energie.»
Koller gefällt der Auftritt in der zweiten Halbzeit
Diese Energie braucht der FC Basel unbedingt. Denn 43 Tage nach Saisonstart fällt die Bilanz beim ehemaligen Serienmeister ernüchternd aus: Der Europacup findet seit dem Ausscheiden in Zypern ohne den FC Basel statt und in der Meisterschaft hat das Team in sechs Spielen gerade mal neun Punkte gewonnen. Ebenso viele Zähler mehr haben die Young Boys an der Tabellenspitze, erster Verfolger ist nicht der FCB, sondern der FC St. Gallen, der die Basler am sechsten Spieltag runter auf Rang 3 gestossen hat.
Koller sagt zum grossen Abstand zur Spitze:
«Das ist im Moment einfach eine Tatsache. YB ist die Topmannschaft und wird von der ganzen Schweiz gejagt. Aber es stehen noch viele Partien an und es muss auch unser Ziel sein, die Berner zu fordern, sie zu kitzeln.»
Um die Berner zu kitzeln, muss beim FCB einiges passieren. Denn was die Basler im letzten Spiel vor der Nationalmannschaftspause ablieferten, war nicht die eindrückliche Reaktion, die man von diesem Team nach dem Ausscheiden im Europacup hätte erwarten dürfen.
Gegen Thun erarbeitet sich Basel zwar einen Vorteil in Sachen Torchancen. Mehr als ein Unentschieden nach dem Treffer Dejan Sorgics, der in der 29. Minute den ersten Thuner Torschuss verwertete, und jenem Fabian Freis (45.) lag aber nicht drin – auch weil die Basler nach der harten aber vertretbaren gelbroten Karte gegen Taulant Xhaka die ganze zweite Halbzeit zu zehnt agieren mussten.
Vor knapp eineinhalb Jahren haben die Thuner zum letzten Mal einen Punkt geholt gegen den FCB. Thun war ein Team, das die Basler in den letzten Jahren in aller Regeln kaum fordern konnte, gegen keinen der aktuellen Super-Ligisten weist der FCB seit der Ligareform 2003 eine bessere Quote auf als gegen die Berner Oberländer: 61 Prozent der Spiele haben die Basler in diesem Zeitraum gegen die Berner Oberländer gewonnen.
Es hat also Seltenheitswert, dass ein Basler Trainer nach einem Unentschieden gegen Thun sagen muss, der Punktgewinn gehe in Ordnung. Koller wählte diese Worte auch deswegen, weil er sich vor Augen führte, wie das Unentschieden zustande kam.
Basel war in der ersten Halbzeit nicht in die Gänge gekommen und musste Sekunden vor der Halbzeit Xhakas Spielausschluss verkraften. Nach dem Seitenwechsel war der FCB die bessere Mannschaft, erspielte sich ein klares Mehr an Chancen. Für Torschütze Frei war «der Kampf und der Wille zum Erfolg okay», Trainer Koller gefiel die «Moral und der Wille» und dessen Antipode Marc Schneider anerkannte: «Wir müssen uns vorwerfen lassen, aus der numerischen Überlegenheit nicht mehr gemacht zu haben.»
Die Suche nach dem verlorenen Nimbus
Der FC Basel kommt nach den turbulenten ersten Wochen der Saison vorerst zur Ruhe. Nicht, weil die Resultate stimmen würden, sondern vielmehr, weil die Augen der Fussballinteressierten in den nächsten Tagen auf der Nationalmannschaft liegen. Diese spielt am 8. September in der von der Uefa neu geschaffenen Nations League in St. Gallen gegen Island.
Eine Woche später nimmt der Klubfussball seinen Betrieb wieder auf. Und die Basler werden dann an ihrer Bilanz arbeiten müssen, wenn sie in dieser Saison noch etwas erreichen wollen. Bisher hat der Verlauf eher am Basler Selbstvertrauen gekratzt als ebendieses gestärkt. Sportdirektor Marco Streller spricht davon, dass der Nimbus der Unbesiegbarkeit definitiv verloren sei. Sein Trainer Koller sagt dazu:
«Im Fussball gibt es keinen Nimbus. Keine Mannschaft gewinnt immer. Wir haben schwer schlucken müssen mit dem Ausscheiden aus dem Europacup, weil es nicht nötig war. Denn wir hätten die Mannschaft gehabt, um gegen Limassol weiterzukommen. Aber im Fussball gibt es immer wieder Tage, an denen es nicht rund läuft. Wenn man Spieler hat, die nicht auf ihrem Toplevel agieren, wenn mehrere von ihnen Mühe haben, dann ist es schwierig. Wir sind daran, an diesem Nimbus zu arbeiten. Aber der Erfolg kommt nicht von heute auf morgen.»
Längst ist bei den Gegnern angekommen, dass gegen die Basler in ihrer aktuellen Verfassung etwas zu holen ist. Gegenspieler Dennis Hediger sagt: «Man spürt, dass sie nicht den Lauf haben wie YB.» Doch Thuns Captain sagt auch: «Wenn man sich aber darauf verlässt, dass Basel nicht gut drauf ist, dann ist man einfach naiv.»
Ganz ohne Kredit ist der FCB in der Liga also nicht.