Er geniesst legendären Ruf über Porto hinaus: José Maria Pedroto, vor 30 Jahren gestorben, gilt als Modernisierer und war beim FC Porto mit dem immer noch amtierenden Präsidenten Pinto da Costa ein Erfolgduo. Was sie verband: Die Aversion gegen die Hauptstadt. Teil 3 unserer Serie über den Champions-League-Gegner des FC Basel.
Es war 1984 in Basel. Unglücklich verlor der FC Porto das Endspiel im Europacup der Cupsieger gegen Juventus Turin mit 1:2. Nicht mehr auf der Bank sass die Legende José Maria Pedroto. «Der Mann mit der Mütze» war krebskrank, ein gutes halbes Jahr blieb ihm noch zu leben.
Der heute immer noch amtierende Präsident Pinto da Costa am Gedenktag für Jose Maria Pedroto. (Bild: Imago)
Am 7. Januar jährte sich der Todestag zum 30. Mal. Wegbegleiter erinnerten den Trainer und Freund im randvollen Auditorium des Sportinstituts Maia. Ein Pionier wurde geehrt. Doch was unterschied ihn von Kollegen, was machte ihn zum charismatischen Ausbildner? Pedroto habe die Fähigkeit besessen, eine Mannschaft zu motivieren, ohne das individuelle Talent der Spieler zu zerstören, sagte der Erzbischof von Braga und Fussballfan Jorge Ortega. In ihm sei viel Mystik gewesen.
Der Begriff Mystik fällt regelmässig im Zusammenhang mit dem FC Porto und ist schwer zu erklären. Eine Balance zwischen Selbstbewusstsein und Selbstüberwindung schwingt mit, das Gefühl, auf widrige Umstände reagieren zu können. Erst jüngst wurde dieser Mythos wieder bemüht, nachdem Porto im Liga-Cup bei Braga in doppelter Unterzahl über mehr als eine Halbzeit lang ein Remis geholt hatte.
Die Abneigung gegen die Hauptstadt
Die Initialzündung gab Pedroto in seiner zweiten von drei zuweilen umstrittenen Etappen im Club. Als Persona non grata hatten sie ihn auf Grund schwerer Verfehlungen und einer Kader-Revolte weggeschickt, später begnadigt und zurückgerufen. Nach der Nelkenrevolution 1974 witterte Porto eine Gelegenheit, die Dominanz der vom alten, faschistoiden Regime gestützten Lissabonner Vereine Benfica und Sporting zu brechen. Für den Fussball verantwortlich war damals Pinto da Costa, seit 1982 ist er Präsident. Mit Pedroto verband ihn eine Aversion gegen die Hauptstadt.
Porto verstand sich als Avantgarde. Erstmals im portugiesischen Clubfussball wurde eine Abteilung aufgebaut, die sich mit der Beobachtung und Analyse von Spielen beschäftigte. Auch Zusammenzüge vor den Matches waren ein Novum. Der logistische Vorsprung spiegelte sich bald in Ergebnissen. Nach 19 Jahren Unterbruch holten die Drachen 1977/78 wieder die Meisterschaft und verteidigten den Titel in der folgenden Saison, 39 Jahre nach dem letzten Doppelschlag.
Der Mann mit der Mütze: José Maria Pedroto.
Über einen längeren Zeitraum hatte Porto nun die Nase vorn. Fünf beziehungsweise drei Titel in Folge stechen in der Neuzeit heraus. Während der Erfolgsserie von 2010 bis 2013 gab es eine einzige Niederlage. Auch international verschaffte sich der Club Respekt. Dem sensationellen Sieg gegen die Bayern im Meistercup 1987 folgte in der Champions League 2004 eine weitere Trophäe. Monaco war im Final von Gelsenkirchen chancenlos. Ebenfalls zum Palmares gehören der Uefa-Cup und die Europa League sowie zwei Interkontinental-Trophäen.
Pedrotos geflügelte Worte leben weiter
Die Grundlagen schuf Pedroto, von einer Ehrung hätte er nichts gehalten. Man solle die Lebenden hofieren, war seine Meinung. Geflügelte Worte leben aber weiter. Eine Niederlage im Estadio da Luz interpretierte er als Kirchenraub in der Kathedrale, weil der Schiedsrichter Benfica auf Flügeln zum Sieg getragen habe. Objektivität widersprach dem Zeitgeist. Vor diesem Hintergrund erschliesst sich auch Pedrotos Aperçu, dass ein Titel von Porto so viel wert sei wie zwei oder mehr Titel der Lissabonner Vereine.
Ende der 1980er Jahre drehten die Nordportugiesen den Spiess um. Sie gaben nun in der Schiedsrichterkommission zunehmend den Ton an. Im Hintergrund zog der Parlamentarier Adriano Pinto als Vorsitzender des grössten Regionalverbands, der AF Porto, die Fäden. Auch diese Periode ist passé. Alle grossen Vereine beschweren sich mittlerweile über die Schiedsrichter und unterstellen den Rivalen unlautere Machenschaften. Eine Art demokratische Nivellierung, obschon kleinere Clubs öfter das Nachsehen haben.
Meisterschaften (30) 1922 | 1925 | 1932 | 1937 | 1939 | 1940 | 1956 (mit Pedroto als Spieler) | 1959 (mit Pedroto als Spieler) | 1978 (mit Pedroto als Trainer) | 1979 (mit Pedroto als Trainer) | 1985 | 1986 | 1988 | 1990 | 1992 | 1993 | 1995 | 1996 | 1997 | 1998 | 1999 | 2003 | 2004 | 2006 | 2007 | 2008 | 2009 | 2011 | 2012 | 2013
Pokalsiege (16) 1956 (mit Pedroto als Spieler) | 1958 (mit Pedroto als Spieler) | 1968 (mit Pedroto als Trainer) | 1977 (mit Pedroto als Trainer) | 1984 (mit Pedroto als Trainer) | 1988 | 1991 | 1994 | 1998 | 2000 | 2001 | 2003 | 2006 | 2009 | 2010 | 2011
Pokal der Landesmeister, Champions League (2) 1987 | 2004
Uefa-Cup, Europa League (2) 2003 | 2011
José Maria Pedroto gewann ausserdem mit Boavista Porto zwei Mal den Pokal, 1975 und ’76, in der Zeit, als er gleichzeitig Nationaltrainer Portugals war.
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