Das Tal, das der FC Basel derzeit durchschreitet, hat viele Namen. Darunter jene von Spielern, die vergangene Saison die Seilschaft hinauf zu den Gipfeln in der Schweiz angeführt haben. Und zu denen gehört auch Renato Steffen.
In seinem ersten halben Jahr, nach dem Wechsel von YB im Frühjahr 2015, brachte Steffen es in 20 Einsätzen auf sieben Tore und vier Vorlagen. Umgerechnet bedeutet das einen Skorerpunkt pro 120 Minuten Einsatzzeit. Vergangene Saison brauchte er wenig mehr (134 Minuten), um in 39 Spielen 23 Skorerpunkte zu sammeln (7 Tore/16 Vorlagen).
Die statistischen Zahlen zum FCB im TagesWoche-Dossier rotblaulive.ch
Die nackten Zahlen dieser Saison zeigen die Formkrise von Steffen: In zehn von zwölf Spielen war er dabei, und von den 900 Minuten stand er nach Auswechslungen nur 23 Minuten nicht auf dem Platz. Drei Assists stehen auf dem Konto, aber einem persönlichen Torerfolg läuft der Aargauer bisher vergeblich hinterher. «Natürlich beschäftigt mich das jeden Tag», räumt Steffen vor dem ersten Champions-League-Heimspiel an diesem Mittwoch gegen Benfica Lissabon ein, «aber es beunruhigt mich nicht.»
«Renato Steffens Skorerpunkte fehlen uns» – FCB-Sportchef Marco Streller
Das klingt nach der Frohnatur Steffen, der nach seinem komplizierten Start in Basel wenn nicht jedes, so doch manches Fanherz erobert hat. Aber Marco Streller schildert noch einen anderen Steffen. «Er ist selbstkritisch, und er hadert, wenn es nicht läuft», sagt der Sportchef und stellt nüchtern fest: «Seine Skorerpunkte fehlen uns.»
Das gilt unter anderen auch für Michael Lang, der als Verteidiger in seiner überragenden Saison 2016/17 auf 16 Skorerpunkte kam (9 Tore/7 Assists) oder Luca Zuffi (aktuell 2 Tore/1 Assist), der bislang doppelt so lange für einen Skorerpunkt braucht wie in der Vorsaison.
Der Meisterblues der etablierten Kräfte
Die fehlende Schärfe vor dem Tor mag ein Stück weit mit einem Meisterblues der etablierten Kräfte zu tun haben, vermutet Streller. Bei Lang (26) und Steffen (25), beide Nationalspieler ohne Stammplatz, vielleicht auch damit, dass mit jeder Transferperiode, in der kein verlockendes Angebot auf den Tisch kommt, die Chance auf einen Auslandswechsel zumindest nicht grösser wird.
«Sie hadern deshalb nicht», sagt der Sportchef, auch mit Blick auf die anderen, immer wieder genannten Kandidaten wie Tomas Vaclik oder Mohamed Elyounoussi, «und ich habe auch das Gefühl, dass sie nicht unbedingt auf einen Wechsel aus sind.» Streller attestiert diesen Spielern das Potenzial, in der Bundesliga und auch in der Premier League bestehen zu können, «aber im Moment gibt es bei den Vereinen zum Teil einen Jugendwahn. Da darf man nicht älter als 20 sein.»
«… weil es manchmal nicht anders geht»
Für Steffen heisst es sowieso zunächst einmal, sich im Schaufenster wieder nach vorne zu bringen: «Dafür nehme ich im Training jeden Abschluss ernst, dafür muss man weiterhin in der Box da hingehen, wo es weh tut.» Und auf die Situation der gesamten Mannschaft gemünzt sagt Steffen: «Wenn man in einer Spirale drin steckt, wenn man die Form nicht hat, braucht es viel Aufwand für ein Tor.»
Je nachdem, wie Trainer Raphael Wicky seine Elf auf dem Platz ordnet, werden für den Flügelspieler Steffen die Wege kürzer oder länger. Eine Flügelstürmerposition wie im zuletzt praktizierten 3-4-3 dürfte ihm eher liegen als eine Reihe weiter hinten die Rolle von Blas Riveros, die er auch schon gespielt hat.
Über-den-Kampf-zum-Spiel-finden – das Credo einer Mannschaft, der momentan die Leichtigkeit abgeht, passt auch gut zur Einstellung, mit der Steffen versucht, aus der persönlichen Torflaute herauszufinden: «Der Sieg gegen den FCZ war ein kleiner Schritt und sollte Ansporn für jeden von uns sein. Wir haben gesehen, dass wir erst einmal geschlossen kämpfen und Leidenschaft zeigen müssen. Weil es manchmal nicht anders geht.»
Und dann, sagt Steffen, kommen auch die Tore irgendwann wieder. Fünf hat er erzielt in 21 Europacup-Spielen, eines davon im Trikot des FCB (gegen Razgrad in seinem ersten Champions-League-Spiel). Doch erst einmal stellt Steffen etwas anderes in den Vordergrund: «Ich glaube, Spieler werden nicht nur an ihren Toren oder Assists gemessen. Zumindest bei uns nicht. Wichtig ist auch, für das Team zu arbeiten.»
«Steffen wird noch wichtig sein in diesem Herbst»
Zeiten, in denen man einem Tor hinterherläuft, kennt Marco Streller nur zu gut. Und eine Baisse der gesamten Mannschaft macht die Trendwende nicht einfacher. «Wir sind noch nicht über den Berg», meint Streller, «dafür waren wir gegen den FCZ spielerisch noch nicht gut genug. Aber um Renato Steffen mache ich mir keine Sorgen. Er ist nahe dran, er hat das Feuer der vergangenen Saison wieder in sich und ich bin überzeugt, dass er für uns noch wichtig sein wird in diesem Herbst.»