Vergleiche mit Shaqiri, Lob und Kritik, Enttäuschung – ein Blick auf die spanische Berichterstattung vom Europa-League-Achtelfinal zwischen dem FC Basel und dem FC Sevilla.
Gekommen, um nicht zu verlieren: Die spanischen Medien haben gar nicht erwartet, dass der FC Sevilla auf Sieg spielt. Enttäuscht sind sie teilweise trotzdem vom Auftritt des Titelverteidigers.
(Bild: Keystone/LAURENT GILLIERON)Und auch erstaunt über die Fehler: In der 7. Minute einen Mann wie Marc Janko so frei zum Kopfball kommen zu lassen, werde bestraft – wenn nicht in dieser Partie, dann später.
(Bild: Keystone/LAURENT GILLIERON)Fast in Manndeckung hat Behrang Safari den trickreichen Vitolo begleitet, aufgefallen ist das in den Medien nicht.
(Bild: Reuters/RUBEN SPRICH)Keinen einfachen Gegenspieler hatte Adama Traore, Michael Krohn-Dehli war an vielen guten Szenen der Andalusier beteiligt.
(Bild: Reuters/RUBEN SPRICH)War bei der Spielauslösung die gewohnte Ruhe in Person: Marek Suchy.
(Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)Ein Spiel für Taulant Xhaka: eng und umkämpft.
Der Zauberer als Kämpfer: Matias Delgado zeigte eine andere Seite seiner Qualität – hier gegen Sebastian Cristoforo.
(Bild: Keystone/LAURENT GILLIERON)Diese Szene kommt in den spanischen Medien kaum vor, aber den Kollegen ist zu verzeihen, dass sie nicht über die Wichtigkeit wissen, die sich Michael Lang im FCB erspielt hat.
(Bild: Reuters/RUBEN SPRICH)Kältespray und auf die Zähne beissen halfen nichts: Nach der Pause musste Michael Lang draussen bleiben.
(Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)Warum es mit dem Freistoss nicht klappte? Im Stadion hielt sich hartnäckig die These unter den Fans: Wer vom «Blick» porträtiert wird, kann danach nicht mehr glänzen. «Scharfschütze» Luca Zuffi zauberte den Ball gegen Sevilla jedenfalls nicht mehr ins Netz.
(Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)Es war kein glanzvoller Auftritt des Sevilla FC in Basel, das wollten nicht mal die Spieler bestreiten. Doch wenn eine Mannschaft von 18 Auswärtsspielen in Liga und Europacup keines gewonnen hat, dann fürchtet sie im 19. wohl eher die Niederlage, als vom Sieg zu träumen. Vor allem, wenn es in einer Woche noch ein Rückspiel gibt und zuhause wiederum die letzten 16 Spiele in Liga und Europacup gewonnen wurden.
«Es gab keinen Grund, uns verrückt zu machen», fasste also Kapitän Koke die Stimmungslage zusammen. Sprich: den Sieg erzwingen zu wollen. «Sonst treffen sie noch mit einem Konter, und die Sache verkompliziert sich.»
Die Absichten der Mannschaft von Unai Emery hatten auch die Medien so interpretiert. Der «Correo de Andalucía» etwa titelte: «Sevilla beschliesst, alles auf eine Karte zu setzen» – die des Rückspiels eben. Worin unter den Beobachtern weniger Einigkeit bestand, war etwas anderes – die Frage, was man davon zu halten hatte.
Das «Diario de Sevilla» war geneigt, das Glas halbvoll zu sehen: «Ein Unentschieden erscheint keine schlechte Sache angesichts der gewaltigen Zweifel, die Sevilla auswärts mit sich herumschleppt», schrieb es unter der Schlagzeile: «In Basel auch nicht».
Beim übertragenden Fernsehsender «Bein Sports» urteilten die Kommentatoren ähnlich. Die Spielkontrolle der Spanier wurde gelobt, eine weitgehende Harmlosigkeit der Heimmannschaft attestiert. In den letzten Minuten ging es dann schon vornehmlich um das Rückspiel und die Wahrscheinlichkeit eines Weiterkommens Sevillas auf Basis dieses 0:0. Bei 75 bis 80 Prozent pendelten sich die Prognosen ein.
Ansonsten aber kam der Titelverteidiger weniger glimpflich davon. «Warnung an den Champion», titelte die Sportzeitung «As» und führte aus: «Sevilla spekulierte zu sehr mit dem Ergebnis und traf auf einen guten Torwart Vaclik. Aber es litt auch und hätte ein schlechteres Resultat erzielen können.» Das 0:0? «Beunruhigend.»
Die Konkurrenz von «Marca» wurde grundsätzlicher. Unter dem Titel «Das triste Gesicht des Champions» hiess es: «Das Aroma des Titelverteidigers verdunstet… Die Essenz der Walze, die Emery vorige Saison erbaute, ist schon Geschichte.»
«Nicht wiederzuerkennen», urteilte auch Spaniens grösste Tageszeitung, «El País», und beklagte die fehlende Intensität, an besseren Tagen stets die grosse Stärke. «Sevilla verstopft in Basel», so die Überschrift. «Emerys Mannen verwechselten Spielkontrolle mit sterilem Ballbesitz und müden Pässen, die Basel nie aus der Ruhe brachten.»
In taktischer Hinsicht habe Basel die Partie gewonnen, da waren sich die Medien ebenso einig wie darin, dass Steven N’Zonzis Gelb-Rote Karte kurz vor Schluss unberechtigt gewesen sei. Anstatt Sevilla seine Konterstärke ins Spiel bringen zu lassen, habe der Basler Coach die Reihen geschlossen und so die Ideenlosigkeit des Gegners entlarvt. «Marca»: «Als der desaströse englische Schiedsrichter das Spiel abpfiff, war der heimische Trainer der glücklichste Mann. Sein Plan war perfekt aufgegangen.»
Dieses Lob kann man freilich durchaus als vergiftet empfinden – als ob ein 0:0 zuhause für die Schweizer schon das höchste aller Gefühle wäre. Generell findet sich in der spanischen Presse kaum Begeisterung in den beiläufigen Anmerkungen über den Gegner. Das «Diario de Sevilla» findet ihn «präsent mit Ball, aber brüchig ohne». «As» lobt immerhin noch Renato Steffen: «Sehr schneller Linksfuss im Stile von Shaqiri». Ansonsten aber wird dem FC Basel nur wenig Klasse attestiert.
«Schwache Partie von Sevilla in Basel. Vor allem, wenn man sich den Gegner vor Augen hält», schreibt die Tageszeitung «ABC». Zwar hätten die Spanier das Spiel dominiert, «aber das reicht nicht aus, wenn der Titelverteidiger auf eine Mannschaft von weit weniger Niveau trifft.»
«El País» wundert sich, wie Sevilla nicht einmal mit der frühen Verwarnung für Walter Samuel zu spielen verstanden hätte. Und erinnert an die wohl grösste Chance des ganzen Spiels: «Es wurden Torgelegenheiten konzediert, die in anderen Zeiten undenkbar gewesen wären. Wenn Janko, klobiger Stürmer des FC Basel, irgendetwas kann, dann köpfen. Deshalb ist es eine Flegelei, ihn nach sieben Minuten allein und mit allem Vorteil abschliessen zu lassen. Nur durch ein Wunder fiel kein Tor.»
Von seinem Potenzial her müsse Sevilla in der Lage sein, eine für Basel unerreichbare Stufe zu bespielen, hält auch der «Correo de Andalucia» in seinem Kommentar fest. Aber es habe eine entscheidende Qualität verloren: jede Schwäche des Gegners sofort zu erkennen und zu bestrafen. «Das Sevilla von Basel ist so ziemlich das Gegenteil. Ein nachsichtiges und karitatives Ensemble. Und dafür, man kennt es ja, wird einem irgendwann an der nächsten Ecke die Rechnung ausgestellt…»
Vielleicht im Rückspiel nächste Woche? Man kann sich ansatzweise vorstellen, was Sevilla dann in den Zeitungen zu lesen bekäme.
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Und wie fand die TagesWoche den Auftritt der Basler? Die Antworten in den Einzelkritiken: Eine gebrochene Hand schützt vor grosser Leistung nicht
Die FCB-Spieler selbst kommen im Stimmen-Video vor: «Ich bin noch nicht so gut, dass ich diese Zentimeter beeinflussen kann», sagt Marc Janko