Beim Blick in die englischsprachige Medienlandschaft fällt ein Satz auf: «Die berüchtigte Atmosphäre im St.-Jakob-Park verstummte. Dem Basler Anhang blieb nichts anderes übrig, als sich zurückzulehnen und zu bewundern, wie Manchester City die Abwehr der Heimmannschaft mit Leichtigkeit knackte.»
Mit einem Teil der Einschätzung hat ESPN Recht: Die Engländer hatten gegen diesen FC Basel keine Mühe. Trotzdem täuscht sich ESPN, denn der Basler Anhang verstummte zu keinem Zeitpunkt. Ununterbrochen unterstützte die Muttenzerkurve ihre Mannschaft, trotz des klaren Verdikts mit vier zu null Toren für den Gegner.
Das veranlasste Raphael Wicky dazu, sich nach dem Achtelfinalhinspiel in der Champions League viel Zeit zu nehmen, als er in Richtung Kabine schritt. Lange und mit Nachdruck applaudierte der geschlagene Trainer dem Basler Anhang. Als ob er sagen wollte: «Es war nicht alles schlecht an diesem Abend. Und schon gar nicht ihr Fans.»
Die Basler müssen akzeptieren, dass sie gegen ein übermächtiges Team verloren haben. Gegen ein Team, «das nicht länger nach den gängigen Normen des Fussballs spielt», sondern «eine Herausforderung in ein Spektakel verwandelt», wie der «Independent» schreibt.
Valentin Stocker sagt: «Als Spieler kommt man auf dem Feld zum Schluss: Egal, was die anderen machen, es ist gut.» Nach 23 Minuten war alles vorbei. Manchester City führte 3:0, Ilkay Gündogan erzielte in der zweiten Halbzeit mit einem Schlenzer der Sonderklasse noch das 4:0 und Stocker sagt: «Bei diesem Tor steht man da und denkt: Das ist einfach gut.»
Doch soweit hätte es nicht kommen müssen, denn der FC Basel hatte zu Beginn einen Matchplan umgesetzt, der durchaus zum Erfolg hätte führen können.
Nach Balleroberungen in der eigenen Hälfte schlugen die Basler den weiten Pass auf die Sprintwaffe Dimitri Oberlin. Und hätte dieser nach fünf Minuten den Ball am Torhüter vorbeigelegt und dann geschossen, wäre der FCB wohl in Führung gegangen. Doch Oberlin versuchte einen Lobball, scheiterte und sagte später: «Ich muss das besser machen.»
Diese Konterszenen veranlassten Manchester City dazu, das Abwehrdispositiv umzustellen. Vincent Kompany stand fortan als hinterster Mann, als eine Art Libero. Pep Guardiola, beweihräucherter Trainer dieser Mannschaft ausserhalb der Norm, brauchte keine zehn Minuten, um die Lösung gegen Basels vielversprechende aber einzige Idee zu finden.
Aber wer hat denn ein anderes Resultat erwartet? Gegen dieses Ensemble, das allenthalben als bestes der Welt bezeichnet wird, das, wie ESPN schreibt, «ohne Skrupel, ohne Angst und schlicht eine Klasse besser war»?
Marco Streller sagt: «Wir haben gegen ein Weltklasse Team verloren. Das ist die Realität. Wer das nicht versteht, versteht nichts vom Fussball.» Der Sportdirektor spricht eine kleine Minderheit an, denn das Gros der Fussballinteressierten hat mit dieser Niederlage gerechnet.
Wann, wenn nicht in einem Spiel, in dem es nichts zu verlieren gab, sollte Wicky diese Dreierkette ausprobieren?
Die Formulierung des «Blick» irritiert, wenn er in seiner Einzelkritik schreibt: «Die eine Hälfte war schwach, die andere sehr schwach.» Beim FC Basel mag nicht jeder Spieler überzeugt haben. Aber die Mannschaft ist nach einer grandiosen Gruppenphase und Gesamteinnahmen von rund 40 Millionen Franken gegen Manchester City nicht untergegangen – trotz gerade mal 31 Prozent Ballbesitz, nicht mal einem Drittel so viel erfolgreicher Pässe (248 zu 809) und einer deutlich schwächeren Passquote (77 zu 91 Prozent).
Im ersten Moment erstaunte es, dass Raphael Wicky im Zentrum auf eine Dreierkette setzte, die so noch nie zusammengespielt hatte und in der Léo Lacroix zum Einsatz kam, der erst seit gut zehn Tagen beim Team ist. Auf den zweiten Blick ist die Wahl aber verständlich. Wicky wollte trotz Eder Balantas Ausfall auf die in der Champions League bewährte 3-4-3-Grundordnung bauen. Und wann, wenn nicht in einem Spiel, in der sein Team nichts zu verlieren hatte, sollte er diese Dreierkette ausprobieren?
Wäre die Idee aufgegangen, hätte man Wickys Mut gelobt. Er hat mit seiner Idee gegen Manchester City verloren. Es wird ihm lieber sein als eine Niederlage gegen den FC Thun.
Wenn man Wechsel in der Mannschaft als Grund für die Niederlage anführen will, dann betrifft es die Personalie Fabian Frei. Der Rückkehrer aus der Bundesliga enttäuschte zuerst im Mittelfeld an der Seite von Geoffroy Serey Dié und nach der Pause in der Dreierkette.
Noch hat Frei den Beweis nicht erbracht, dass er diese Mannschaft besser macht, und gegen ein eingespieltes Monster wie den Tabellenführer der Premier League reichte Freis Form nicht. Basel hätte sich den ruhigen Fuss des Luca Zuffi gewünscht, seine Abgeklärtheit, seine Bälle in die Spitze und vielleicht den einen oder anderen entscheidenden stehenden Ball.
Zuffi fehlte, weil er erst gerade von einer Operation genesen ist. Denkbar ist, dass er am Wochenende den Vorzug erhält. Im Heimspiel gegen St. Gallen auf der nationalen Bühne, die ab sofort wieder das unumstrittene Kerngeschäft ist.
Den Rückstand auf YB verkleinern, das muss das Ziel sein, nicht der Traum vom Viertelfinal in der Champions League.
Denn eines ist seit der 23. Minute des Dienstagabends klar: Im Rückspiel gegen City ist nichts mehr zu holen. Zumal Wicky dann einen weiteren Wechsel in seinem Stamm vornehmen muss: Taulant Xhaka wird gesperrt fehlen. Und vielleicht ist dem Mittelfeldspieler nach dem Spiel und der gelben Karte durch den Kopf gegangen, dass dies möglicherweise sein letztes Champions-League-Spiel für längere Zeit war.
Ab nächster Saison wird der Zugang für Teams aus einer Liga wie der Super League schwieriger. Die Direktqualifikation fällt weg – und der FC Basel läuft Gefahr, zum ersten Mal seit acht Jahren den Meistertitel zu verpassen.
Fünf Punkte liegen die Basler hinter den Young Boys. Diesen Rückstand zu verkleinern muss das Ziel des FC Basel sein, nicht der Traum vom Viertelfinal in der Champions League. Dieser ist zu Ende, auch wenn dem Schweizer Meister ein letzter Auftritt winkt. Am 7. März, im Etihad Stadium vor 55’000 Zuschauern, ohne Druck, nur noch mit der Aufgabe, diese grosse Bühne vorerst ein letztes Mal zu geniessen.