Streller nach der Berner Meisterschaft: «Wir wollen das wieder gerade biegen»

Der Titelverlust an die Young Boys schmerzt Marco Streller. Aber der Entscheid im Rennen um die Meisterschaft scheint den Basler Sportchef auch zu erleichtern. Längst läuft die Planung für die kommende Saison – erste Personalentscheide werden in Kürze erwartet.

«Dass wir ab sofort die Jäger sind, ist auch mal etwas Neues» – FCB-Sportchef Marco Streller.

Gut eine Viertelstunde ist vergangen nach dem Basler 6:1-Sieg gegen Thun, da steht ein gut gelaunter Marco Streller im Bauch der Muttenzerkurve vor einem Dutzend Medienleuten. Der Sportchef des FC Basel blickt zurück auf einen Samstagabend, an dem die Seriensieger aus Basel den Titel endgültig den Young Boys überlassen mussten.

Strellers Gelassenheit rührt auch daher, dass er wie alle in diesem Geschäft wusste, dass das irgendwann passieren würde.

«Genauso, wie ich Fehler gemacht habe, hat vielleicht auch Raphael Wicky den einen oder anderen Fehler gemacht.»

FCB-Sportchef Marco Streller

Schön war das, was in Bern passierte, für den 36-Jährigen freilich nicht. «Wir sind im Stolz verletzt, das hat richtig weh getan», sagt Streller. Streller weilte an einer Geburtstagsfeier und schaute sich das Spiel nicht an. «Das wollte ich mir nicht antun», sagt er, aber «jemand am Tisch sagte, dass es 1:1 stehe. Da wusste ich, dass YB noch ein Tor machen wird.»

Jean-Pierre Nsamé erlöste die Berner in der 90. Minute, mit einem 2:1 gegen Luzern sicherten sie sich den Titel. «YB hat nicht geschwächelt und wir wussten, dass der Tag ihres Meistertitels kommen würde», sagt Streller, der YB-Goalie Marco Wölfli und dem Berner Sportchef Christoph Spycher per SMS gratulierte. «Man muss anerkennen, wenn jemand besser ist.»

Spycher hat es geschafft, YB eine Konstanz zu verleihen, die auch Streller beeindruckt. In Bern ist im Winter das Team zusammengeblieben, während Basel mit vielen Wechseln umzugehen hatte. Möglicherweise mit zu vielen, wie Streller nach dem Spiel gegen Thun selbst eingesteht. «Natürlich haben wir Fehler gemacht. Dazu muss man stehen. Jeder darf Fehler machen. Wir dürfen sie einfach nicht wiederholen.»

«Ziemlich sicher» kauft der FCB Dimitri Oberlin

Der FCB steckt mitten in den Vorbereitungen zur Saison 2018/19. Ein erster Personalentscheid, der das Team zusammenhalten soll, betrifft Dimitri Oberlin. «Ziemlich sicher» werde der FC Basel den von RB Salzburg ausgeliehenen Offensivakteur übernehmen, sagt Streller. «Aber das Geld ist noch nicht überwiesen.»

Der Sportchef schmunzelt bei diesen Ausführungen und es entsteht unter der Muttenzerkurve der Eindruck, dass Streller fast ein wenig erleichtert ist, dass das Titelrennen jetzt auch rechnerisch entschieden ist. Da der FCB den zweiten Platz und die Qualifikationspiele für die Champions League auf sicher hat, kann er die verbleibenden vier Partien in der Super League in aller Ruhe angehen.

Streller und sein FC Basel sind als Vizemeister ab nächster Saison in einer neuen Position: «Dass wir ab sofort die Jäger sind, ist auch mal etwas Neues», sagt Streller, der glaubt, dass der Berner Meistertitel auch in Basel etwas auslösen kann: «Wir wollen das jetzt wieder gerade biegen. Und sollten wir nächste Saison wieder Meister werden, dann werden die Emotionen wieder da sein.»

Argumente für Wicky – der FCB will trotzdem analysieren

Der Sportchef sagt: «Wir planen, mit Raphael Wicky in die neue Saison zu gehen.» Aber bezüglich des Trainers sagt der Sportchef auch, dass der FCB eine Analyse machen werde. «Raphael macht wirklich sehr viel gut und ist ein junger Trainer. Aber genauso, wie ich Fehler gemacht habe, hat vielleicht auch er den einen oder anderen Fehler gemacht.»

Wicky war der erste gewichtige Personalentscheid der neuen Führung, die den Verein im Sommer 2017 übernommen hatte. «Es war ja wirklich alles neu im Club, wir sind jetzt noch nicht einmal ein Jahr im Amt. Das braucht alles Zeit, auch wenn man sie im Fussball normalerweise nicht hat», sagt Streller.

Der Sportchef erinnert an die grossartigen Champions-League-Spiele, an die fünf Siege in den acht Partien der Königsklasse. «Vergesst das nicht!», bittet Streller, der Gefühlsmensch, der schliesslich sagt: «Ich bin nahe an den Menschen und ich spüre den Verein gut. Heute beim Spiel gegen Thun merkte ich, dass die Leute Freude hatten. Wir sind eine Einheit hier in Basel.»

Es hätten die Schlussworte sein können, die wunderbar zu Streller und seiner Art passen würden. Doch der Sportchef entscheidet sich für einen anderen Abgang: «Jetzt habe ich die ganze Saisonanalyse schon gemacht. Wir können den letzten Medientermin also streichen.»

Schmunzelnd und gut gelaunt kehrt Streller mit diesen Worten in die Kabine zurück. Und der Eindruck verfestigt sich: Hier geht ein Mann in den Feierabend, den der Titel für YB zwar schmerzt, der aber in den nächsten Wochen von einer Last befreit arbeiten kann.

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