«Wichtiger, besser, schöner» – Michael Lang schlägt kesse Töne an

Der Torschütze des Basler 1:0 erschien nach seinem Last-Minute-Tor bestens gelaunt vor den Medien und wurde von Paul Pogba im Vorbeigehen beglückwünscht, während Zlatan Ibrahimovic mit Michael Langs Trikot im Gepäck eilig von dannen schlich. Die Stimmen aus der Mixed-Zone.   

Feierbiester: Siegtorschütze Michael Lang eingerahmt von seinen Teamkollegen nach einer glorreichen Nacht für den FC Basel. (Bild: Keystone/Georgios Kefalas)

Und als Michael Lang endlich in der Mixed-Zone stand und die Pointen und Punchlines ähnlich souverän in die Mikrofone versenkte wie zuvor diesen Ball zum 1:0-Sieg über Manchester United, da bog hinter ihm ein frischgeduschter Paul Pogba um die Ecke und drückte Lang im Vorbeigehen und ohne Gram die Hand.

Eine Geste des Respekts, der Verlierer gratulierte dem Sieger zum Erfolg. Das hatte Klasse und war dem Mann unbedingt würdig, der da stand und keine Miene verzog.

«Ich hätte das Trikot gerne behalten, aber dann kam Zlatan zu mir und wollte es haben.»

Michael Lang, Mann des Abends

Man soll das nicht überbewerten, denn dort unten, im Bauch des Stadions, sind sie alle gleich, die Ibrahimovics, Lukakus, Pogbas und Langs. Mit stressgeröteten Wangen, 93 Minuten in den Beinen und engen Socken in Badelatschen. Aber dem Lang, dem wurde eben gratuliert, während beispielsweise ein Ibrahimovic mit dem Rest der Truppe eilig im Teambus verschwand. Wortlos. Grusslos. Und mit Langs schweissnassem Shirt im Gepäck.

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Und dann noch eine Anekdote, die stimmte

«Ich hätte das Trikot eigentlich gerne behalten», flachste der Torschütze, «aber dann kam Zlatan zu mir und wollte es haben, was sollte ich tun? Natürlich habe ich es ihm gegeben.» Lang erlaubte sich da einen kleinen Scherz mit den Journalisten, aber er hatte gleich die nächste Anekdote parat, eine die stimmte. 

«Pogba kannte ich schon vor unserem kurzen Rencontre gerade eben. Wir haben uns nach dem Länderspiel gegen Frankreich an der Europameisterschaft 2016 bei der Dopingprobe kennengelernt.» Wie man sich halt so kennenlernt als Fussballer. Die Partie endete damals unentschieden, jetzt trafen sich die beiden im St.-Jakob-Park wieder. Und der Sieger heisst Lang.

Vaclik verpasst die Party

Wie sollte es auch anders sein: Die Laune war prächtig in den Reihen der FCB-Spieler, die einer nach dem andern aus der Dusche vor die Medien tröpfelten. Tomas Vaclik zum Beispiel, mit einem Hauch Wehmut in den Augen, weil er beim Torjubel nicht mitmachen konnte. «Das war einfach zu weit weg, aber Manu (Akanji) hat mir nachher erzählt, dass im ganzen Trubel sogar die Absperrung kaputt gegangen sei».

Absperrung kaputt, Kopfnüsse verteilt. Der ganz normale Torjubel eines FC Basel nach einem Tor in der 89. Minute gegen Manchester United.

Und wie Vaclik das sagte, klangt es tatsächlich, als hätte er eine tolle Party verpasst. Was vollkommen den Tatsachen entsprach, wie man drüben beim Torschützen erfahren konnte. «Das hat zum Teil richtig wehgetan, die haben mir ordentlich Kopfnüsse verteilt», schilderte Lang und fasste sich wie zum Beweis an den Hals, wo zwei rot unterlaufene Striemen leuchteten. Er sei zwar nicht sicher, ob er die beim Jubeln oder zuvor abgekriegt habe, aber die Kameras mögen das bitte filmen, schlug Lang vor. Zum Beweis für den Einsatz und damit die Freundin nicht auf seltsame Gedanken komme.

Mehr Bewegung nach der Pause

Über Fussball wurde dann auch noch geredet. Zum Beispiel bei Renato Steffen:

«In der zweiten Halbzeit haben wir uns zwischen den Räumen besser bewegt und dadurch hat Manchester an Statik verloren, die Flügel zogen öfters nach innen, während die Zentrale nach aussen rotierte. Die vertikalen Pässe kamen besser an, wir waren insgesamt präziser und haben vorne wenig Bälle verloren. Bezeichnenderweise fiel auch das Tor durch eine Kombination nach einem Ballgewinn.»

Eine analytische Punktlandung des rechten Flügels, der selbst zu mehreren guten Abschlussmöglichkeiten gekommen war. Was aber hatte Trainer Raphael Wicky den Spielern, die in der ersten Halbzeit nur mit Müh und Not die Schotten dicht gehalten hatten, in der Pause gesagt? «Dass wir den Kopf hochhalten sollen», erzählte Oberlin, «dass es null zu null stehe und wir engagiert weitermachen sollen, dann werde sich das schon auszahlen».

Vaclik erinnerte sich auch an das dringliche Votum des Trainers, bloss keine dummen Fehler zu machen, bloss nicht die Spieler der United zu Chancen einzuladen. Still sei es gewesen in der Kabine: «Jeder war fokussiert. Bei diesem Spielstand gegen dieses Team braucht niemand rumzuschreien.»

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Kesse Töne des Torschützen

Blieb noch das Fazit von Lang, der sich vor Nachfragen kaum retten konnte und – angesprochen auf den letzten glorreichen Heimsieg des FCB gegen die United im Dezember 2011 – kesse Tönen anschlug. Er wolle sich nicht mit den Spielern von damals vergleichen wie einem Alex Frei, einem Marco Streller oder einem Beni Huggel. Das seien Legenden, und Legenden wie diese habe der aktuelle FCB noch nicht in der Mannschaft:

«Und trotzdem finde ich bei allem Respekt, dass der Sieg heute wichtiger ist, besser und schöner. Weil Manchester, wenn ich mich richtig erinnere, vor sechs Jahren keine gute Phase durchlebte. Heute sind sie Zweiter in der Premier League, standen mit zwölf Punkten aus vier Spielen an der Spitze der Champions-League-Gruppe – und dann kommt der FCB und schlägt dieses Manchester United zu null. Darum ist dieser Sieg definitiv geiler als damals.»

Man kann das so stehen lassen, zumal an Abenden wie diesen. Pflichtbewusst mahnte Lang dann doch noch vor den Tücken des letzten Spiels gegen Benfica Lissabon und sagte, dass er die Schlagzeilen schon vor sich sehe: «Dieses Lissabon mit null Punkten, das muss der FC Basel schlagen!»

«Aber genau das macht es für uns so gefährlich, denn so eine Mannschaft will sich sicher nicht ohne Punkte aus der Champions League verabschieden, vor allem nicht zu Hause. Das wird ein heisser Fight, und seit wir mit der Nationalmannschaft in diesem Stadion gespielt haben, weiss ich, von was ich spreche.»

Aber erst einmal will der süsse Sieg genossen sein. Neun Punkte aus fünf Spielen und das in dieser Gruppe. «Wer hätte uns das zugetraut?», fragte Lang rhetorisch. Wo er die aktuelle Lage mit eben jener Ausbeute denn selbst einordne, erklang da die Gegenfrage.

Dazu Michael Lang trocken: «In den Achtelfinals.»

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