Handelskammer fährt auf Autobahnen ab

Die Handelskammer hat auf einer Medienrundfahrt ihre Wünsche für ein wirtschaftsfreundliches Hochleistungs-Strassennetz deponiert. Sie pocht vor allem auf einen geschlossenen Autobahnenring mit Westumfahrung und Südtangente.

Handelskammer-Interimsdirektor Martin Dätwyler erklärt sein Hochleistungsstrassen-«Zielbild».

Für Automobil- und Wirtschaftsverbände hat sich der grosse Lastwagenunfall und der damit verbundene Verkehrszusammenbruch vor zwei Wochen als grosses Mahnzeichen eingebrannt: «Die Kapazitäten des Hochleistungs-Strassennetzes der Region Basel reichen bei Weitem nicht aus», so das Plädoyer von Handelskammer-Interimsdirektor Martin Dätwyler.

Gehalten hat er es als Einleitung zu einer Busfahrt rund um die Stadt Basel. Vor Ort sollte den Medienvertretern gezeigt werden, «wo aus Sicht der Wirtschaft dringender Handlungsbedarf besteht», wie es in der Einladung hiess. Für die Wirtschaft sei ein flüssiger Verkehr sehr relevant, sagte Dätwyler entsprechend, «wir müssen erreichbar sein».

Einige Ausbauwünsche bereits erfüllt

Schwierig zu beurteilen, ob die Uhrzeit für die Rundfahrt durch das als überlastet taxierte Strassennetz gut oder schlecht gewählt war: Von 10.30 bis 11.30 Uhr konnte der Bus die Stadtumrundung vom Aeschenplatz auf die Ost- und die Nordtangente, über den Luzernerring bis ins Entwicklungsgebiet Bachgraben und durchs Gundeli zurück zum Aeschenplatz jedenfalls absolut flüssig absolvieren. Man kam zügig voran. Im Feierabendverkehr hätten sich die Kapazitätsengpässe wohl besser präsentieren lassen.

Zu den Vorschlägen und Forderungen der Handelskammer: Bei vielen als dringlich und wichtig erachteten Teilstrecken decken sich die Wünsche der Handelskammer mit denjenigen von Bund und Kanton Basel-Stadt (mit Baselland ist es etwas schwieriger): Konkret geht es unter anderem um den Rheintunnel bei der Osttangente, den Nordtangenten-Zubringer Allschwil und um einen Spurausbau auf der Autobahn A2 bei der Verzweigung Hagnau. Das sind Ausbauprojekte, die konkret angedacht oder bereits am Laufen sind.

Komplizierter sieht es im Westen und Süden der Stadt Basel aus, namentlich beim Wunsch, einen Autobahnenring in der Stadt und der Agglomeration zu schliessen. Die Stichworte hierzu lauten Westumfahrung (von Allschwil nach Binningen) mit Anschluss an einen Gundelitunnel, durch den die Stadtautobahn in irgendeiner Form an das Gellert-Dreieck der A2 angebunden werden könnte.

Kompliziert ist es hier, weil die Baudirektoren der beiden Basel jeweils mit massiven politischen Widerständen zu kämpfen haben:

  • In Baselland hat die Entwicklungsplanung Leimental-Birseck-Allschwil, kurz Elba, 2015 bei einer Volksabstimmung regelrechten Schiffbruch erlitten. Auch untergegangen, beziehungsweise offiziell sistiert, ist damit die Projektidee einer stadtnahen Tangente, die die Handelskammer nun gerne wieder ausgraben möchte.
  • In Basel-Stadt hat der Grosse Rat im Dezember 2017 eine Motion an die Regierung überwiesen mit der Forderung, den Gundelitunnel, ein Strassenbaurelikt aus den 1970er-Jahren, aus allen Plänen zu streichen. Die Regierung, namentlich der Bau- und Verkehrsdirektor, wehrt sich mit Händen und Füssen gegen diese Forderung, über die der Grosse Rat voraussichtlich bereits im April sein letztes Wort sprechen wird.

Massiver politischer Widerstand

Die Handelskammer weiss von diesen Problemen. Viel Zeit, die Mehrheit des Grossen Rats zu einem Umdenken zu bewegen, bleibt ihr nicht. Und auch beim finanziell klammen Kanton Baselland dürfte viel, sehr viel Überzeugungsarbeit nötig sein. «Der Kanton sollte sich auf ein Entwicklungsprogramm festlegen lassen, das auch die Finanzierung mit einbezieht», sagte Dätwyler. Konkret denkt er an einen Fonds mit zweckgebundenen Einnahmen aus Steuern und Abgaben.

Der Kanton Baselland müsste viel Geld sammeln. Denn nicht nur die Westumfahrung mit einem Binninger-Tunnel steht auf der Wunschliste, sondern noch weitere Ausbauprojekte wie etwa der A18-Vollanschluss Aesch und eine Ortsumfahrung von Reinach.

Nun aber noch einmal zurück zum vielzitierten Lastwagenunfall, der zur Vollsperrung der A2 geführt und den Autoverkehr auch auf allen erdenklichen Ausweichstrassen blockiert hatte: Hätten die vorgestellten Ausbaumassnahmen diesen Verkehrskollaps verhindern können?

Die Antwort der Verkehrsexperten der Handelskammer lautet Nein. «Bei solch einer Ereigniskette gibt es keine Lösungen», so Bernhard Berger, Präsident der Verkehrskommission der Handelskammer.

1. A3; Rheintunnel Basel (CH–F; 1a: CH–D)
2. A2; Hagnau–Augst, 8-Spur-Ausbau
3. A2/A3; Pannenstreifenumnutzung Pratteln–Rheinfelden
4. Zubringer Bachgraben–Nordtangente
5. Umfahrung Allschwil (Tunnel Allschwil, Tunnel Binningen)
6. Gundelitunnel (ABAC)
7. Autobahnkreuz Hagnau (A18–A3 Rheintunnel–A2)
8. A18/A2; Redundanz Tunnel Schänzli
9. A18; Vollanschluss Aesch
10. Ortsumfahrung Reinach
11. Anschluss Aesch–Angenstein
12. A22; Umfahrung Liestal
13. Salina Raurica, Verlegung Hauptverkehrsstrasse 14; Umfahrung Augst
15. A3; Anschluss Rheinfelden West
Quelle: Handelskammer beider Basel
https://tageswoche.ch/stadtleben/der-diesel-bschiss-sorgt-auch-in-basel-fuer-dicke-luft

Nächster Artikel