Rausekeln und verkaufen: Die dreiste Taktik hat Erfolg

Eine Luzerner Immobilienfirma hat das Eckhaus an der Klybeckstrasse 170 im Frühling gekauft, nun sind bereits fast alle Mieterinnen und Mieter aus dem Haus verschwunden.

Unbekannte haben die frisch gestrichene Fassade an der Klybeckstrasse 170 versprayt.

Für Rebekka Bernasconi ist die Qual bald vorbei. Sie ist eine der letzten Mieterinnen an der Klybeckstrasse 170. Im Januar zieht sie aus, dann werden voraussichtlich nur noch vier von 17 Wohnungen im Eckhaus bewohnt sein.

Nachdem die Immro AG das Haus im April übernahm (die TagesWoche berichtete), schien die Botschaft für die Mieterinnen und Mieter klar: Sie sollten raus und das möglichst rasch. Die Luzerner Immobilienfirma stellte kurz nach dem Kauf ein Gerüst auf, ohne dafür vorgesehene Fristen zu beachten. Zwei Monate stand das Gerüst unbenutzt da – für die Bewohner der Beweis, dass es reine Schikane war.

«Mit den Schikanen ging es noch weiter», berichtet Bernasconi. Die Heizung sei unlängst ausgefallen, ebenso die Wasserversorgung. Einmal habe sie den Wasserhahn aufgedreht und rausgekommen sei eine braune Brühe – «wahrscheinlich, weil Handwerker im Haus arbeiteten, ohne uns Bescheid zu geben».

Wohnungen verwüstet

Ausserdem sei die Haustüre während den Arbeiten stets offengelassen worden, «man konnte die Türe aus technischen Gründen irgendwann gar nicht mehr richtig schliessen». So blieb es im Treppenhaus ständig kalt, für ungebetene Gäste stand die Türe weit offen.

Und so konnten am Sonntag auch Unbekannte in das Haus eindringen und die frisch gestrichene Fassade versprayen sowie Wohnungen verwüsten.

«Die Immobilienfirma verfolgte nur ein Ziel: Sie wollte, dass alle Mieterinnen und Mieter rausgehen», meint Bernasconi. Mieterinnen und Mieter sollen von sich aus kündigen, das sei Teil der Strategie der Immro AG, um Einsprachen und allfällige Fristerstreckungen zu verhindern.

Das Haus wurde am 1. Dezember an die SBB Immobilien verkauft, die Immro und Stadthaus AG, die eng miteinander verknüpft sind, sind aber noch für die Renovation und Hausverwaltung zuständig.

Abfindung von 2500 Franken

Die Immro AG zahlte Bernasconi kürzlich eine Abfindung, damit sie möglichst schnell geht. Die Vereinbarung liegt der TagesWoche vor.

Darin werden der Mieterin ein «Unkostenbeitrag von CHF 2500» und die Umzugskosten zugesichert. Nach allem, was Bernasconi zuletzt erlebt hatte, ist dies für sie «das Mindeste an Entschädigung». Auch andere Mieterinnen und Mieter nahmen die Abfindung an und kündigten ausserterminlich. Damit steht der geplanten Renovation und Neuvermietung aller Wohnungen an der Klybeckstrasse 170 immer weniger im Weg.

Vertreter der Immro AG und Stadthaus AG wollten telefonisch keine Stellung beziehen, eine schriftliche Anfrage der TagesWoche blieb bis zur Veröffentlichung des Artikels unbeantwortet.

Nächster Artikel