Thai Food und kein Ende: Little Bangkok im Kleinbasel

Zehn Thai-Lokale gibt es zwischen Klybeckstrasse und Clarastrasse. Die Neuen finden, es habe genug Platz für alle. Für das alteingesessene «Chanthaburi» hingegen ist der Trend zu schneller und günstiger Thai-Küche schwer verdaulich.  

Hinter dem Fenster wartet die Konkurrenz: Blick aus dem Fenster des «Chanthaburi».

Wenn Sairung und Luzius Martin zwischen den Chili-Bäumchen hindurch aus dem Fenster ihres Restaurants schauen, dann sehen sie die Konkurrenz. Vor 13 Jahren eröffneten der Schweizer und seine Frau aus Thailand mit dem «Chanthaburi» das erste thailändische Restaurant im Kleinbasel. Ihr Symbol ist die Lotusblume.

Heute ist das Kleinbasel ein Thai-Hotspot. Alleine zwischen Oetlingerstrasse und Clarastrasse gibt es  zehn Thai-Restaurants und Take-Aways. Jüngstes Mitglied der grossen Thai-Familie: das «LeBua» an der Feldbergstrasse, genau vis-à-vis des «Chanthaburi». Auch das neue Restaurant hat die Lotusblume als Logo gewählt.

Sairung und Luzius Martin sind die Thai-Pioniere im Kleinbasel. Ihre Schwiegertochter (l.) hilft im Service mit.

Erfreut sind die Martins nicht. «Ich hätte nicht gegenüber von uns ein neues thailändisches Restaurant aufgemacht, einfach nicht», sagt Luzius Martin. «Mittlerweile sind wir hier in Little Bangkok.»

Die Liste der Kleinbasler Thais ist lang: «LeBua», zweimal «Boo» und die Nua Dumpling Bar, die zur selben Gruppe gehört, dazu «Thai Family», «Thai House», «Bug a Thai», «The Siam Delicious», Pop Raak Thai Karaoke-Bar.

Die Neuen folgen der Logik der Schnellgastronomie, Take-Away, Essen von der Theke, Besteck auf dem Tisch. Alles ist durchkalkuliert. «Die Leute haben das Gefühl, asiatische Küche darf nichts kosten», sagt Luzius Martin.

Im «Chanthaburi» kostet sie etwas. Hier gibt es Lammfilet und Rindshuft, das Essen wird auf Rechauds serviert, die Bedienung trägt traditionelle thailändische Kleidung. «Bei uns gibt es keine Rüebli im Papayasalat, nur weil es billiger ist, und keine Zucchetti im Curry, das ist nicht authentisch Thai», sagt Sairung Martin. Sie zieht ihre Chilis selbst, über 70 Pflanzen pflegt sie.

Der Neue vom «LeBua» heisst Joe Khomkrit. Er hat keine Angst, dass sein Lokal überflüssig sein könnte. «Ich habe gesehen, wie voll die Lokale der Konkurrenz sind, beim ‹Boo› stehen die Leute Schlange.» Der «Boo»-Chef habe ihn ermutigt, ein Lokal zu eröffnen. Von Konkurrenzdenken spüre er nichts. Man kenne sich und nenne sich Bruder und Schwester. «Wir sind die neuen Kebabs», sagt Khomkrit, «nur gesünder.»

Nordische Stühle, Glühbirnen an langen Kabeln – «LeBua» setzt auf Design.

Khomkrit ist in thailändischen Restaurants aufgewachsen, seine Eltern hatten in Olten und Luzern Lokale. Nun kochen Mutter und Schwester in seinem Lokal. Die alten Curry-Rezepturen habe ein «Bruder» aus Thailand mitgebracht. Im Red Curry schwimmen Zucchetti. Das Interieur könnte auch in einem Lokal in Kopenhagen stehen, stylisch nordische Stühle, grafische Wandbemalung, Glühbirnen an langen Kabeln. Vor der Eröffnung haben drei Mönche eine buddhistische Zeremonie abgehalten und das Lokal gesegnet.

«Thailänder sind zu optimistisch», sagt Luzius Martin. «Sie glauben, dass sie alles können, wenn sie nur genügend beten und spenden.» Das «LeBua» wolle alles, Design-Restaurant sein, aber auch die Nachtschwärmer der Feldbergstrasse anlocken, mit Öffnungszeiten bis 24 Uhr, ohne Ruhetag. Thais seien fleissig, findet Martin, aber es mangle ihnen an Qualitätsbewusstsein. Er ist überzeugt, dass das «LeBua» spätestens in fünf Jahren die Notbremse ziehen müsse.

Die billige Konkurrenz sei ein Problem für das «Chanthaburi», sagt Sairung Martin in gebrochenem Deutsch. Vor allem am Mittag spüre sie die Auswirkung. Manchmal habe sie nur halb so viele Kunden wie damals, als es noch weniger Konkurrenz gab.

Luzius Martin beobachtet die Entwicklung aufmerksam. Der Chef des «Boo» sei ein guter Geschäftsmann, findet er. Die Dumpling Bar Nua an der Feldbergstrasse werde wohl nicht seine letzte Filiale sein. «Es riecht ein bisschen nach Gastro AG.»

Besagter Chef heisst Samuel Bürgi und macht keinen Hehl daraus, dass er gern weiter expandieren würde. «Wir sind nicht abgeneigt, weitere Lokale zu eröffnen. In Zukunft vielleicht auch in anderen Schweizer Städten.» Das neue «Boo» am Messeplatz ist riesig und meistens so voll, dass die Leute warten müssen.

Als sich Schweizer auf die Plastikstühle im Thai House setzten, brachen diese zusammen.

Dass es im Kleinbasel so viele Thais gebe, ist für ihn Ausdruck der Nachfrage. Und kein Zufall. «Das Kleinbasel ist freigeistiger, lockerer, internationaler.» Thailänder seien erfinderisch und lösungsorientiert. Jeder suche eine Nische, um sich selbst zu verwirklichen. «Es gibt kein Konkurrenzdenken unter uns», sagt Bürgi, der selbst halb Thai, halb Schweizer ist. Die Jungen vereinen in seinen Augen das traditionell Thailändische mit weltläufigem Flair. «Wir sind da sehr unverkrampft», sagt er.

Einige Strassen weiter kocht Saiful Islam, die kleine Küche im Klara ist sein Reich. «Bug a Thai» heisst seine Streetfood-Bude, seine Spezialität sind Insekten, Heuschrecken-Currys. «Ich bin glücklich, es läuft sehr gut bei mir», sagt Islam. Er ist Bangladeshi, hat 19 Jahre lang gelernt thailändisch zu kochen, in Singapur, Thailand und im «Lily’s». Seine Currys macht er selbst. Zu viel Konkurrenz gebe es im Kleinbasel nicht, findet er, der Chef vom «Boo» um die Ecke sei ein sehr guter Kollege.

Im «Bug a Thai» im Klara gibts Heuschrecken-Curry.

Auch das «Thai House» an der Clarastrasse setzt auf Streetfood. Die Wände sind mit Wellblech verkleidet, die Stühle waren zuerst wie in Bangkoks Gassen aus farbigem Plastik. «Allerdings sind sie zusammengebrochen, wenn Schweizer sich darauf gesetzt haben, nun haben wir sie aus Metall nachbilden lassen», sagt Inhaberin Caroline Imhof.

Sie ist halb Thailänderin, halb Schweizerin. Ihr Lokal ist das Schaufenster einer Firma, die thailändische Produkte importiert und Coop, Migros und die Prodega beliefert. Imhof setzt auf fairen Handel und Bio, sie arbeitet mit über 8000 thailändischen Bauern zusammen, um frisches Zitronengras, Galgant und Kaffirlimettenblätter zu importieren. Als Konkurrentin zu den anderen Lokalen will sie sich nicht sehen. «Auch das ‹Boo› braucht Gemüse aus Thailand.»

Als das «LeBua» Anfang Oktober Eröffnung feierte, schauten auch Sairung und Luzius Martin vorbei, brachten Blumen und Glückwünsche. «Wir sind gut miteinander», sagt Sairung Martin. Wenn ein Produkt fehle, helfe man einander aus. «Wir Thailänder unterstützen uns gegenseitig», sagt sie.

«Wir ziehen einfach unser Ding weiter durch», sagt Luzius Martin. Die Jungen würden wohl künftig eher ins «Boo» und ins «LeBua» gehen. «Aber in die Kebab-Spirale – Hauptsache billig – wollen wir nicht geraten.»

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