«Countdown zum Branchenhöhepunkt: Baselworld richtet sich neu aus». So lautet die Überschrift der E-Mail, welche die MCH Swiss Exhibition (Basel) Ltd., kurz MCH Group, am Donnerstag um 8.30 Uhr in ihrem «Baselworld Newsletter» verschickt.
Wer den Newsletter zur Baselworld 2018, nicht aber die Nachrichten liest, könnte auf die Idee kommen, der Messe Basel gehe es bestens. Zwar hätten sich auch in der Uhren- und Schmuckbranche «zunehmende Marktkonsolidierungen» und «Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung manifestiert». Darum präsentiere man sich nun «verdichtet und konzentriert»: «Die Dauer der Messe wird um zwei auf sechs Tage verkürzt.» Es gebe 600 bis 700 Aussteller.
Das Ganze sei «ausgerichtet auf die Bedürfnisse der Branche», der «erste Schritt zu einer zukunftsorientierten Neukonzeption», und, so ist François Thiébaud, Präsident des Schweizer Ausstellerkomitees der Baselworld offenbar sicher: «Für die Schweizer Aussteller ist das positiv.»
Gute Miene zur Hiobsbotschaft
Positiv? Wer statt des Newsletters den Bericht über das Ausmass der Veränderungen bei SRF Regionaljournal Basel liest, dem fallen womöglich andere Bewertungen ein. Der Einbruch ist massiv. Von 1300 Ausstellern geht es innert Jahresfrist herunter auf 650. Die Messe dauert zwei Tage kürzer als zuvor. Und die Standmiete wird um zehn Prozent gekappt. Ein Fiasko.
«Ja, es ist quasi eine Halbierung», sagt Christian Jecker, Sprecher der MCH-Group. Es seien verschiedene Aspekte dafür verantwortlich: die «veränderte Marktsituation, mit einem starken Umbruch in der Branche, Probleme in wichtigen Absatzmärkten, die Digitalisierung» sowie ein entsprechend verändertes Verhalten von Konsumenten und Anbietern, was die Baselworld ebenfalls betreffe. Vereint führten diese Aspekte dazu, «dass eine Handelsmesse heute nicht mehr die gleiche Bedeutung hat, wie das in den vergangenen 20 Jahren der Fall war».
Aber – und darauf besteht die Messe: Das Ganze habe auch positive Seiten. Es sei «eine bewusste Entscheidung», dass man «auf Qualität, nicht Quantität» setze, sagt Jecker. So könne man «gezielt auf die Bedürfnisse der grossen und wichtigen Aussteller eingehen». Die Baselworld bleibe die wichtigste Messe der Branche, «insofern ist ein Teil der Verkleinerung auch gewollt».
Christoph Brutschin macht sich keine Sorgen
Der Kanton Basel-Stadt besitzt 33,5 Prozent des Aktienkapitals der MCH Group. Von einer «gewollten Verkleinerung» spricht Regierungsrat Christoph Brutschin, Vizepräsident des Verwaltungsrats der MCH Group, nicht. Für ihn ist alles ein Spiel der Märkte und somit kaum zu beeinflussen: «Grundsätzlich widerspiegeln Messen die Märkte und sind den entsprechenden Veränderungen unterworfen. Damit muss ein Messeunternehmen leben und umgehen können», sagt Brutschin. Das mache die MCH Group «erfolgreich», denn sie habe «rechtzeitig wichtige strategische Weichen gestellt».
Aber: «Die Rückgänge bei der Baselworld werden substantielle Auswirkungen auf die Resultate der MCH Group in den kommenden Jahren haben. Diese können kurzfristig nicht kompensiert werden», so Brutschin.
Macht ihm die Situation der MCH Group keine Sorgen? Zumal die Messe – schon vor dem HDM-Neubau, der Anteil dürfte weiter gestiegen sein – einen Drittel ihres Wertes allein aus der Baselworld schöpft?
«Nein», antwortet Christoph Brutschin. «Wenn Sie zum Beispiel die Entwicklung des MCH Portfolios im Kunstmarkt betrachten, ist es ja bei Weitem nicht so, dass es allen Messen schlecht geht.»
«Wir sitzen alle im gleichen Boot»
Macht der Verwaltungsrat den Verantwortlichen bei der Messe genügend Druck, das Schiff wieder auf Kurs zu bringen? Laut Brutschin hätten sich Veränderungen in der Branche schon im 2. Semester 2015 abgezeichnet, und an der letztjährigen Baselworld sei klar geworden, dass «einschneidende Massnahmen nötig sein würden» für die Baselworld 2018.
«Druck ist beim Verwaltungsrat und auch bei der Geschäftsführung nicht das richtige Wort – wir sitzen alle im selben Boot», sagt MCH-Group-Sprecher Christian Jecker. Und beteuert: «Es besteht auf allen Stufen ein grosses Interesse, die Einbrüche, die wir haben, zu kompensieren.»
«Der Kanton Basel-Stadt kann sich durch seine Vertretung im Verwaltungsrat ausreichend im Führungsgremium der MCH Group einbringen», betont Christoph Brutschin. Der Kontakt zum Management sei «sehr gut», auch zu «verschiedenen Behördenstellen auf operativer Ebene».
Das Unternehmen sei «zuversichtlich, mittelfristig wieder eine positive Ergebnisentwicklung erzielen zu können», sagt Brutschin. Möge er recht haben – es geht, auch für den Kanton Basel-Stadt, um Millionen.