Nehmen Sie Ihre schlechte Laune mit in die Ferien? So vertreiben Sie den Miesepeter

Von wegen Traumferien und schönste Zeit im Jahr. Die Autorin hat in den Ferien jeweils richtig schlechte Laune. Und ist darum Expertin dafür, wie man es besser macht.

Ferien könnten soooo schön sein – wären da nicht ein paar Stolpersteine.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

Von wegen Traumferien und schönste Zeit im Jahr. Die Autorin hat in den Ferien jeweils richtig schlechte Laune. Und ist darum Expertin dafür, wie man es besser macht.

Man hat ja ziemlich klare Vorstellungen davon, wie der Urlaub werden soll:

  • die Sonne scheint
  • die Ferienwohnung ist pittoresk
  • der Weg zum schönen Strand ist kurz
  • man schläft wunderbar
  • man tankt Energie für ein ganzes Jahr
  • danach ist man so produktiv, dass der Chef einen zur Mitarbeiterin des Monats kürt.

Diese schönen Vorstellungen liegen nicht zuletzt daran, dass uns Reisebüros die Ferien als «schönste Zeit des Jahres» oder als «Traumferien» verkaufen, mit schönen Bildern von schönen Menschen, meist langhaarigen jungen Frauen in Bikinis.

Umso grösser ist dann der Frust, wenn man an besagtem Strand ankommt und dort nicht nur feinen, weissen Sand und Meeresrauschen, sondern auch Abfall, Technomusik, Hotelklötze und massenweise andere Urlauber antrifft, immerhin ein paar davon im Bikini.

Immer etwas zu motzen

Doch noch schlimmer ist es, wenn es gar keinen triftigen Grund gibt für den Ferienfrust. Dafür bin ich Spezialistin. Ich finde immer etwas zum Motzen. Sie glauben es nicht? Ich liefere Ihnen den Beweis – und danach ein paar Tipps, wie sich das vermeiden liesse.

Zum Beispiel in Schweden. Die erste Nacht verbrachten wir auf einem Zeltplatz an einem Seeufer. Die Sonne schien bis abends spät und verströmte dieses Licht, für das wir immer wieder nach Skandinavien reisen, dieses helle, warme Licht, das die Wälder golden anmalt, ohne die Augen zu blenden.

Es wäre sehr, sehr schön gewesen – wären ich und meine schlechte Laune nicht dort gewesen.

Prinzessin auf der Erbse

Mein Reisegschpändli hatte eben ein neues teures Zelt gekauft, an dem er eine riesen Freude hatte, weil es ultraleicht und kompakt war und perfekt für Wanderungen.

Doch ich klagte: «Es ist viel zu klein, und unbequem und zu heiss und ich will nicht zelten.»

Ja, ja, ich habe schon von der Prinzessin auf der Erbse gehört. Aber etwas vom Schönsten ist es doch, morgens aufzuwachen, einen Kaffee zu holen und wieder ins Bett zu liegen, um zu lesen.

Machen Sie das mal, wenn Sie erst einen Gaskocher anwerfen müssen und die Morgensonne aufs Zeltdach knallt. Von den Camping-Toiletten fange ich jetzt gar nicht an:

via GIPHY

Das Glück liegt in Graubünden

Zwei Sommer später fuhren wir in die Bündner Berge, da weiss man wenigstens, was man hat. Das Bett war bequem und ich trank reichlich Kaffee darin und las. Die Berge waren felsig und spitzig und der Blick auf den schmelzenden Gletscher unverstellt, wie ich es gerne hab. Doch freute ich mich? Natürlich nicht.

Der Grund: mein Buch war todlangweilig. Es war Duane Elgins «Voluntary Simplicity». Es geht darum, mit weniger glücklicher zu werden (!). Also mit weniger Kleidern, weniger elektronischem Spielzeug, weniger Autos, weniger exotischen Früchten aus dem Ausland, weniger Quadratmetern Wohnraum.

Dafür kriegt man laut Elgin nicht nur einen besseren ökologischen Fussabdruck, sondern erst noch mehr Freunde und Liebe, mehr Zeit, mehr Hobbys und mehr Sinn im Leben.

Diese Idee mag im Jahr 1981, als das Buch herauskam, revolutionär gewesen sein. Doch heute, im Zeitalter von Share Economy wie Airbnb und Catch A Car oder Gemüsekorb vom genossenschaftlichen Bauernhof in der Region ist das gähn. Und intellektuelles Gähn in den Ferien geht echt nicht.

Wie war das mit dem Sinn des Lebens?

Man schlägt sich im Alltag schon genug mit – zugegeben zentralen – Sachen wie Spesenabrechnungen, Hundespielplätzen oder dem Haarschnitt von Regierungsratskandidatinnen herum.

 

So hat man sich das im Studium nicht gedacht, als man tiefsinnnige Texte von tiefsinnigen Philosophinnen las, mit der Idee, die Welt zu verändern.

Davon geblieben sind die Ferien, die einzige Zeit, in der man Musse hat, sich mit den grossen Fragen auseinanderzusetzen – der Angst vor dem Tod, der Beendigung des Welthungers, der Bedeutung von Freundschaft, dem Kapitalismus. Solche Sachen.

Endlich ist alles perfekt

So viel zu den Stolpersteinen für erholsame Ferien. Doch sogar, wenn alles, wirklich alles stimmt, kann die schlechte Laune kommen.

Zum Beispiel in einem September auf Korsika. Wir mieteten spontan ein kleines Ferienhäuschen auf einem Weingut. Es stand am Rand eines Pinienwäldchens, von dem ein 30 Meter langer Trampelpfad direkt an unseren einsamen Strand führte. Es herrschten angenehme 27 Grad, und den Weisswein für den Apéro bezogen wir direkt vom Weingut. Der Höhepunkt war mein Buch, Joan Didions «Das Jahr magischen Denkens».

Und ich? Lag am Strand und war mies drauf. Es gab keinen richtigen Grund dafür und doch unzählige.




Die Prinzessin auf der Erbse findet immer einen Grund, schlecht drauf zu sein. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Nun war aber die miese Laune an sich gar nicht so schlimm. Viel schlimmer war das schlechte Gewissen dabei. Denn Traurigkeit mag zum Leben gehören, aber in die Ferien gehört sie bestimmt nicht!

Oder haben Sie schon einmal eine Postkarte bekommen mit den Worten: «Wetter gut, Stimmung schlecht?» Oder einen Facebook-Eintrag gelesen, der lautete: «Ich liege deprimiert am Strand»? Eben.

Ich war sicher: Alle anderen sind heiter und fröhlich in ihren Ferien, nur ich Vollidiotin liege deprimiert im Paradies. Da kann doch etwas nicht stimmen mit mir. Studien zeigen schliesslich: Ferien sind die beste Methode, um gesund zu bleiben. Männer, die regelmässig Ferien machen, sterben weniger oft an Herzkrankheiten. Frauen auch.

Entspannen ist Pflicht

Deshalb steht auch in vielen Arbeitsverträgen, dass man während der Ferien nicht für andere Firmen arbeiten darf, weil man sich sonst nicht erholt und nachher zu oft krank wird und ausfällt, und das kann sich der Arbeitgeber in dieser wirtschaftlichen Lage wirklich nicht leisten. Erholung ist Pflicht. Also entspann dich, gopf!

Glücklicherweise gibt es auch Studien, die zeigen, dass die meisten Menschen in den Ferien schlechte Laune haben – vor allem während der ersten Tage. Das liegt daran, dass sie vor der Abreise noch einen Riesenstress im Büro hatten, um alles fertigzumachen, und danach mussten sie noch packen und reisen… Das gibt Adrenalin im Blut und das bedeutet Stress und macht es schwierig, runterkommen.

Vergleichen hilft

Das ist doch mal eine beruhigende Nachricht, dass es anderen Menschen auch schlecht geht. Wenn andere sich ebenso schlecht entspannen, sind sie nachher auch weniger fit im Büro, ergo habe ich nichts zu befürchten.

Es gibt also durchaus Hoffnung für deprimierte Feriengänger. Falls Sie auch dazu gehören, habe ich Ihnen ein paar Tipps für erholsamere Ferien zusammengestellt. Halten Sie sich daran, Ihr Chef wird es Ihnen danken:

  • Schlecht gelaunt? Denken Sie daran: Ihrer Freundin, die ein Foto ihres lächelnden Selbsts am Strand auf Instagram hochgeladen hat, geht es in Tat und Wahrheit bestimmt noch mieser.

  • Erwarten Sie das Schlimmste. Hässliche Wohnung, dreckiger Strand, lausiges Essen, übellaunige Reisebegleiter. Dann kann es nur besser werden.

  • Nehmen Sie nicht nur neue Bücher mit, sondern auch eines Ihrer alten Lieblingsbücher. Das können Sie lesen, falls die neuen Sie nicht befriedigen.

  • Machen Sie keine Kinder, sonst sind Sie nach den Ferien geräderter als vorher.

  • Zeugen Sie schnellstens ein Kind, sonst haben Sie in den Ferien zu viel Zeit, um über Ihre Einsamkeit nachzudenken und traurig zu werden.

  • Gehen Sie am ersten Ferientag joggen, schwimmen oder wandern. Dabei baut der Körper Stresshormone ab und Sie entspannen sich besser. Das hilft, Indianerehrenwort.

Artikelgeschichte

 

Nächster Artikel