Zahngoldkäufer, Hellseher und Freikirchler: Über die Briefkasten-Trouvaillen im St. Johann

Ob Marabout-Zettel, freikirchliche Broschüren oder Goldkaufangebote: Mitten in der Reklameflut, welche bisweilen den Briefkasten überschwemmt, lassen sich Perlen finden – Beispiele aus dem St. Johann. Woche für Woche flattert ungebetenes Werbematerial in den Briefkasten. Das muss aber keineswegs nur ärgerlich sein – schliesslich lassen sich in den Papierbergen durchaus interessante Fundstücke ausmachen. Dabei gehören nicht […]

Professor Karamoko, Hellseher Limane, Marihuana- und Pornowarnungen, Altgold und Ronaldo: Ein Querschnitt durch die Briefkastenwerbung der letzten Zeit bringt Interessantes zum Vorschein.

Ob Marabout-Zettel, freikirchliche Broschüren oder Goldkaufangebote: Mitten in der Reklameflut, welche bisweilen den Briefkasten überschwemmt, lassen sich Perlen finden – Beispiele aus dem St. Johann.

Woche für Woche flattert ungebetenes Werbematerial in den Briefkasten. Das muss aber keineswegs nur ärgerlich sein – schliesslich lassen sich in den Papierbergen durchaus interessante Fundstücke ausmachen. Dabei gehören nicht nur Jodtabletten, die Gratiszeitung «Basler Woche» der Aare Medien, welche aufgrund ihres Namen schon für Verwirrung gesorgt hat, oder SVP-Hauspostillen zu den Gelegenheitsgästen im Briefkasten. Das Gros besteht einfach aus Werbung für Pizzakuriere oder andere Hauslieferdienste.

Bisweilen gibts aber auch Perlen mitten in den Gratis-Beiträgen fürs Altpapier: Nicht alle Tage lässt sich etwa ein Marabout-Zettel erwischen. Die Nähe des St. Johann zur französischen Grenze machts möglich: Mehrere der westafrikanischen Heiler und Hellseher sind nämlich in St-Louis daheim – so etwa Professor Karamoko, der «25 Jahre erfahrung mit gewalt gegen Frauen und 100% garantie Erfolg zum neuen Liebesglück» [sic!] verspricht.

Den übrigens sehr freundlichen Karamoko aus Guinea habe ich schon mal im Elsass getroffen, ebenso seinen Kollegen Herr Ousmane. Mittlerweile ist auch ein weiterer Marabout namens Limane im Geschäft und somit auch im Briefkasten. Auch er bietet Hilfe bei Problemen, die von «sexueller Impotenz» bis hin zu «Verzauberung/Fluch» eine ganze Palette abdecken.

Missionieren mit Ronaldo und Kiffern

Nicht nur die Marabouts haben es ins St. Johann geschafft: In jüngster Zeit liegt immer öfter eine Zeitschrift mit dem Namen «Folha de Portugal» zwischen den Rechnungen und Briefen. Mit einem grinsenden Cristiano Ronaldo auf der Titelseite sieht die Zeitung auf den ersten Blick aus wie eine Drogeriezeitung, halt einfach auf die portugiesische Community gemünzt.

Beim Durchblättern taucht dann aber das Logo der umstrittenen brasilianischen Pfingstkirche «Igreja Universal do Reino de Deus» auf. Anscheinend muss es sich um den portugiesischen Ableger der längst über viele Länder verbreiteten religiösen Gemeinschaft handeln, die auch in Basel vertreten ist. Drogen, Grippewellen, Evangelisierungskampagnen, Tipps für das morgendliche Aufstehen und eben Ronaldo gehören zum Inhalt des Gratisblatts.

Die Konkurrenz schläft jedoch keineswegs: Der «Wachtturm» der Zeugen Jehovas landet ebenfalls immer im Briefkasten. Eine alte Ausgabe davon klärt über die Gefahren des Pornokonsums auf. Stets erscheint er in der spanischen Version – eine Peruanerin macht nämlich die Tour durchs St. Johann, wie ich einmal via Fernsprechanlage erfahren konnte.

Es fragt sich, ob die vierte Art von Briefkasten-Stammgästen ebenfalls zu Hellsehern oder Kirchen gehören: Die berühmten Gold-Ankäufer sind ebenfalls zur Stelle. Dabei sind sie aber an allem interessiert, wie die Flyer klarmachen: Ob Luxusuhren, Nerzpelze, Geigen oder eben Barren- und Zahngold – alles, was wertvoll aussieht, soll einen Abnehmer finden.

Marabouts, Goldkäufer, freikirchlicher Missionare oder Pizzakuriere setzen somit auf Altbewährtes. Nicht jede Reklameflut spielt sich im digitalen Raum ab. Der gute alte Briefkasten scheint in ganz verschiedenen Branchen nach wie vor beliebt zu sein.

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