Kulturstadt Jetzt fordert in der sogenannten «Trinkgeldinitiative», dass fünf Prozent des Kulturbudgets an Jugendkultur gehen. Sebastian Kölliker, Mitglied des Grossen Rats und Mitinitiant, sieht die Initiative als Generationenvertrag: «Man unterstützt sich gegenseitig und wächst zusammen.»
Herr Kölliker, warum braucht es die Trinkgeldinitiative?
In Sachen Kulturförderung fristet die Jugendkultur in Basel ein Mauerblümchendasein. Der Staat fühlt sich fast ausschliesslich für die professionelle Hochkultur statt für Neues, Lebendiges und vielleicht auch mal Unkonventionelles zuständig. Das zeigt sich bei der Verteilung der Fördergelder im ordentlichen Kulturbudget. Dieses steigt zwar seit Jahren stetig, die Förderung von Jugend-, Pop-, Club- und Subkultur aber stagniert. Machen Sie sich doch nur mal folgendes Bild: Von jedem Franken, der im ordentlichen Kulturbudget fast ausschliesslich für Hochkultur ausgegeben wird, würden nach Annahme der Trinkgeldinitiative 5 Rappen (!) an die Jugendkultur fliessen – und damit wären wir schon zufrieden.
Was verstehen Sie genau unter Jugendkultur?
Jugendkultur ist für mich alles, was Jugendliche und junge Erwachsene an Kultur und Interaktion produzieren, aber auch konsumieren und für sich selbst adaptieren und vereinnahmen. Jugendkultur ist auch Alternativ-, Club- und Subkultur.
Junge Kultur wird in Basel ja auch ausserhalb der Jugendkulturpauschale gefördert, im jungen Theater, in der Kaserne, im Haus der elektronischen Künste. Was wollen Sie mehr?
Wenn wir diese Förderung grosszügig berechnen und aufrunden, kommen wir im Jahr 2017 auf rund 3,5 Prozent der ordentlichen Kulturausgaben, die im Ansatz in die Jugendkultur flossen. Diesen Anteil gilt es zu erhöhen. Die Szene ist da und die Nachfrage auch. Die Kluft zwischen Hoch- und Jugendkulturförderung wird immer grösser, das ist den Kulturschaffenden irgendwann mal nicht mehr erklärbar.
«Die Jugend- und Alternativkultur hat sich nie gegen die Hochkultur gestellt, im Gegenteil.»
Katrin Grögel und Sonja Kuhn sehen in der Initiative eine Abgrenzung zwischen Hoch- und Populärkultur. Die beiden Leiterinnen der Abteilung Kultur finden es gefährlich, wenn einzelne Kultursparten gegeneinander arbeiten. Was halten Sie davon?
Die Jugend- und Alternativkultur hat sich nie gegen die Hochkultur gestellt. So weit meine Erinnerungen zurückreichen, war sie im Gegenteil immer zur Stelle, wenn es darum ging, die Hochkultur zu verteidigen. Zurückgekommen ist aber nie etwas, nur wenn man auf die Hinterbeine gestanden ist und ordentlich Lärm gemacht hat. Dafür ist es jetzt wieder an der Zeit. So geht es nicht weiter. Zumal die Trinkgeldinitiative ja schlicht auch als Generationenvertrag verstanden werden kann. Man unterstützt sich gegenseitig und wächst zusammen.
In Zürich ist die Initiative zur Förderung der Film- und Game-Branche deutlich gescheitert. Was bedeutet das für die Trinkgeldinitiative?
Das ist in meinen Augen nicht vergleichbar. Die Trinkgeldinitiative fordert nicht eine Verdoppelung ihrer Förderung auf Kosten anderer Kultursparten. Ich bin überzeugt, dass wir mit unserer eigentlich moderaten Forderung von 5 Prozent des ordentlichen Kulturbudgets für Jugend-, Pop-, Club- und Subkultur sehr gute Chancen in einer Volksabstimmung hätten, zumal es auch ein spartenübergreifendes Anliegen ist.
Wenn die Jugendkultur nicht auf Kosten anderer Sparten gefördert werden soll, auf wessen Kosten dann?
Das Budget des Kantons Basel-Stadt und auch das ordentliche Kulturbudget wachsen jährlich, ohne dass konkrete Kompensationen an anderer Stelle stattfinden. Die kleine Erhöhung, die eine Umsetzung der Trinkgeldinitiative bringen würde, kann ohne Weiteres ebenfalls finanziert werden, ohne dass Abstriche an anderer Stelle passieren müssten.