Telebasel zieht die «Basler Zeitung» vor Gericht

BaZ, Barfi.ch und Telebasel lieferten sich während den scheenschte drey Dääg eine wüste Medienschlacht. Jetzt gibt es gar eine Klage. Warum der Lärm?

Ein wüster Kampf in der Basler Medienszene: Was steckt dahinter?

Am Donnerstag erscheint auf Telebasel ein «Leitartikel» von Michael Bornhäusser. Ein einzigartiges Ereignis: Bornhäusser ist Stiftungsrat, CEO und Online-Experte in Personalunion. Trotzdem ist der Text Bornhäussers erster Beitrag bei Telebasel überhaupt. Was angesichts der Wichtigkeit seiner Person doch überrascht.

Der Artikel klingt dramatisch: «Die Basler Medienbranche zerstört sich selbst», schreibt das Mitglied ebendieser Branche. Bornhäusser schreibt: «Man desavouiert, verbreitet nachweislich falsche Informationen, greift Verantwortliche persönlich an und treibt systematische Geschäftsschädigung des vermeintlichen Gegners.» Gemeint sei «allen voran die Basler Zeitung».

Unter dem Beitrag darf auch Telebasel-Chefredaktorin Karin Müller die Inhalte von Telebasel verteidigen.

Gericht stoppt BaZ-Berichterstattung

Bornhäussers Wutausbruch verursacht hat BaZ-Journalist Daniel Wahl, der von 2004 bis 2013 bei Telebasel arbeitete. Wahl veröffentlichte eine Artikelserie von weit über 20’000 Zeichen über Telebasel. Im kryptischen Abschluss mit dem Titel «Anrufe aus dem Rathaus» – die «Basler Zeitung» hat ihn am Freitagnachmittag auf Anordnung des Basler Zivilgerichtes vom Netz nehmen müssen –legte er sich mit fast allen an, die auch nur entfernt oder irgendwann einmal die Interessen von Telebasel vertreten haben.

Karin Müller, Chefredaktorin von Telebasel, begründete das Vorgehen gegen die BaZ in der News-Sendung am Freitagabend: Der Artikel sei «kredit- und rufschädigend», man habe in fünf Punkten eine superprovisorische Verfügung am Zivilgericht erwirkt. Die wichtigsten Punkte sind laut Müller, dass die BaZ behauptete, Telebasel sei «ferngesteuert von der Regierung», wie Müller es formulierte, sowie dass das Programm auf eine Stunde verkürzt worden sei.

Der Sender sei «massiv angegriffen worden», so die Redaktionsleiterin weiter. Man prüfe weitere rechtliche Schritte – auch «Schadenersatzforderungen» seien nicht ausgeschlossen –, sogar von «strafrechtlichen Schritten» ist die Rede.

Dünnes Nervenkostüm bei Telebasel

Dass Telebasel juristisch gegen die BaZ vorgeht, erstaunt angesichts der unerhörten Behauptungen im dritten Artikel nicht. Was aber erstaunt, ist die Lautstärke und die Art und Weise, mit der Telebasel zurückschlägt. Denn Wahls Rundumschlag durch Zeit und Raum liess den Leser höchstens verwirrt zurück. Worum geht es hier eigentlich?

Ursprünglich hatte die BaZ nur berichtet, dass zwischen Telebasel und dem Newsportal Barfi.ch Gespräche stattgefunden haben. Die Stiftung Telebasel habe den Kauf von Barfi.ch in Erwägung gezogen – was keine der beiden Parteien in Abrede stellt. Umstritten ist, wer die Gespräche initiierte und warum der Deal letztlich nicht zustande kam.

Wahl operiert mit allerlei verschwörerischen Andeutungen und Mutmassungen, lässt dabei aber die wahrscheinlichste Erklärung für den Rückzieher von Telebasel ausser Acht: Der angedachte Kauf war laut Informationen der TagesWoche nicht mit dem ganzen Telebasel-Stiftungsrat abgesprochen, sondern war die Aktion einer kleinen Gruppe, wodurch es zum internen Knatsch gekommen sein soll.

Auch das zeigt: Bei der Geschichte geht es weniger um die typischen Provokationen der BaZ oder die nun durch die neuen Geschichten quasi offiziell gewordenen finanziellen Nöte von Barfi.ch, über welche die TagesWoche schon vergangenen Herbst berichtet hatte. Vielmehr offenbaren die Vorgänge auch ein dünnes Nervenkostüm bei der Führungscrew von Telebasel beim Thema Telebasel.

Lustige Telefonkette

Die TagesWoche hat das so erlebt: Stiftungsratspräsident Roger Thiriet lässt am Mittwoch auf Anfrage ausrichten, Redaktionsleiterin Karin Müller gebe Auskunft zu den Fragen der TagesWoche nach Zugriffszahlen auf telebasel.ch. Müller schreibt prompt zurück, man soll sich in der Sache mit Michael Bornhäusser in Verbindung setzen. Der deutsche Privatbankier (Mitinhaber der mit dem Daig verkneteten Sallfort Privatbank) ist bei Telebasel nicht nur Stiftungsrat, sondern amtet gleich noch als CEO.

«Geschäftsführender Stiftungsrat», nennt der Sender diese doch eher spezielle Doppelrolle Bornhäussers auf der Website. Bornhäusser spricht mit der TagesWoche laut und deutlich über seine Sicht der Dinge – besteht aber gegen Ende des Telefonats plötzlich darauf, dass er, trotz seines wichtigen Postens, nie in den Medien auftrete. Die TagesWoche müsse sich für ein offizielles Gespräch an Roger Thiriet wenden. Ansonsten, so Bornhäusser, werde man das zu spüren bekommen.

Damit schliesst sich der lustige Kreis der Anfragen. Öffentlich beschwört Bornhäusser kurze Zeit später den angeblich selbstverschuldeten Untergang sämtlicher Basler Medien und lässt gleichzeitig seine Redaktionsleiterin einige grundlegende Programminhalte verteidigen.

Die passende Braut

Es liegt deshalb nahe, dass zumindest eine Aussage im verwirrenden dritten BaZ-Artikel ins Schwarze getroffen hat. Nämlich, dass die Crew um Thiriet und Bornhäusser Barfi.ch kaufen wollte, weil das junge Internet-Portal das bietet, was telebasel.ch fehlt: Website-Besucher. Barfi.ch spielt nach nicht einmal drei Jahren bei den Unique Clients, den einzelnen Besuchern der Site pro Monat, ganz vorne mit bei den Medien in der Region. Telebasel – auch im TV-Geschäft seit dem Relaunch massiv unter Druck – kann im Web zahlenmässig nicht mithalten.

Während die BaZ im dritten Teil ihrer Saga nun eine politische Verschwörung wittert – die halbe Stadt sei beteiligt an der mutwilligen Zerstörung des Senders –, liegt der Grund wohl schlicht in falschen Entscheidungen, die vor wenigen Jahren auf oberster Ebene beim Sender getroffen wurden.

Die Fehler der Führung

Der Telebasel-Relaunch – sowohl im TV als auch im Netz – ist insgesamt ein Flop. Und doch sitzen die Verantwortlichen noch auf ihren Posten. Der Stiftungsrat sah damals in Michael Bornhäusser, dem heutigen geschäftsführenden Stiftungsrat, die Lösung aller Probleme. TV war veraltet, und Bornhäusser, Geschäftsmann im Umfeld des digitalen Wandels, bot sich an als Mann, der das vermeintlich verstaubte Medium in die glorreiche Medienzukunft führen sollte.

Es sollte anders kommen. Bornhäusser entwarf das «Multi-Channel-Konzept» für den Sender, war als Projektleiter Relaunch auch federführend für den Web-Auftritt von Telebasel und verfügte Riesen-Investitionen in modernste Studios, während in der Redaktion gekürzt wurde.

Kurz: Der Mann, der nun im Stiftungsrat und als CEO beim Sender die gewichtigste Stimme hat, ist derselbe Mann, dessen Konzepte und Massnahmen den Sender so viel gekostet haben – auch an Goodwill und gutem Personal. Was bei Telebasel heute fehlt, sind nicht nur viele Zuschauer, sondern auch viele der erfahrenen Redaktorinnen und Redaktoren, die man während der «Change-Prozesse» verloren hat.

Nach dem Relaunch ist vor dem Relaunch

Nur langsam findet Telebasel wieder etwas mehr Zuspruch beim Publikum. Das hat auch damit zu tun, dass langsam aber sicher alles, was unter Bornhäusser und Müller abgeschafft wurde, still und leise wieder eingeführt wird.

Nach dem Relaunch galt für «News»-Beiträge eine Maximallänge von 30 Sekunden statt der ursprünglichen 2,5 Minuten. Der E-Mail-Newsletter wurde abgeschafft. Dafür wurden Nachrichten aus anderen Regionen der Schweiz (von der SDA) in die News eingebaut. Und mit tiefgreifenden Änderungen im Jugendprogramm stiess man ausgerechnet die wichtige junge Zielgruppe vor den Kopf.

Da sich all diese Massnahmen als totale Flops erwiesen, sind sie längst wieder rückgängig gemacht worden. Oder anders gesagt: Diesen Relaunch hätte man sich von Anfang an sparen können. Und damit auch ziemlich viel Ärger. Eventuell sogar die BaZ-Artikel, mit denen sich nun die Gerichte herumschlagen müssen.

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