Greis, Marla Glen, Käptn Peng oder die Tarantinos: Die 17. Ausgabe des Basler Sommerhappenings «Im Fluss» lockt erneut mit 17 Konzerten ans Rheinufer. Auffallend ist der Rückgang regionaler Acts im Programm: Einzig Brandhärd und Nubya erhielten den Zuschlag.
Tino Krattiger hofft, dass es das war mit dem Hochwasser in diesem Jahr. Der Kapitän des Konzertflosses erinnert sich nur ungern an den Ausnahmezustand vor zwei Jahren, als einige Konzerte aufgrund des hohen Rheinpegels ans Land, ins Innere verlagert werden mussten. Beim aktuellen Wasserstand des Rheins wären noch einige Sitzplätze unter Wasser. Bis in einem Monat soll bitteschön alles im Trockenen sein. «Denn von unserer Seite ist alles im grünen Bereich», sagt Krattiger. Das alte Floss sei ein weiteres, ein letztes Mal durch die Schifffahrtskontrolle gekommen.
Steigende Gagenforderungen
Und auch das Programm für die 17. Ausgabe steht: 17 Acts beschallen zwischen dem 27. Juli und 13. August das Kleinbasler Ufer. Und diese kommen einmal mehr aus aller Welt: von der überschwänglichen Kölner Partycombo Bukahara über den südafrikanischen Popstar Petite Noir bis zu den kanadischen Retrorockern The Besnard Lakes wechseln sich die Schallwellen auf dem Fluss abendlich ab.
Angesichts der steigenden Konzertgagen sei es kein Leichtes gewesen, ein international gefärbtes Programm auf die Beine zu stellen, gibt Programmchef Heinz Darr offen zu. Dass das Gagenbudget für die 17 Konzerte in diesem Jahr gar unter 100’000 Franken bleiben musste, machte die Aufgabe nicht einfacher. Zumal mittlerweile auch manche Schweizer Künstler ihre Forderungen in den fünfstelligen Frankenbereich schrauben. Und für das Floss unbezahlbar sind. So war man etwa an Soulsänger Seven dran. Sein Management aber verkauft ihn seit der Teilnahme an der TV-Show «Sing meinen Song» noch teurer als früher. Darr, seit Jahrzehnten im Booking-Geschäft zu Hause, macht keinen Hehl daraus, dass er nicht mehr gewillt ist, alle Trends – auch in Sachen Gagenforderungen – mitzumachen.
Konzentration auf die Nische
Also konzentriert sich Darr heuer konsequenter denn je auf Nischen-Künstler, was zu einem Programm führte, das auf positive Weise old fashioned sei. «Ich habe es vermieden, Casting-Acts zu buchen und dafür auf richtige Bands gesetzt, die ihr Ding ungeachtet eines schnellen Erfolgs machen», sagt Darr.
Zu diesen Bands kann man sicherlich The Besnard Lakes aus Kanada zählen. Seit Jahren setzen sie auf psychedelisch angehauchten Retrorock, wie man bereits vor Jahren mal im Basler Sud erleben durfte. Ebenfalls schon in der Region zu hören war Käptn Peng: Wir erinnern uns an seinen dadaistisch angehauchten Auftritt im ausverkauften Münchensteiner Walzwerk, wo er mit der Begleitband, die Tentakel von Delphi, von einem studentischen Publikum frenetisch gefeiert wurde.
Für Feierstimmung sorgen auch The Tarantinos aus London. Die Formation spielt sich durch die eklektischen Soundtracks der Tarantino-Filme – von Soul bis Surfmusik. Das macht sie so einzigartig, dass sich Programmator Darr gar den kleinen Tabubruch erlaubte, eine Coverband zu verpflichten.
Wenn wirs schon von Soul haben: Marla Glen meldet sich zurück. Lange ist’s her, als man sie in Augusta Raurica erleben konnte, wohl an die 25 Jahre. Seither wurde es still um die Bluessängerin mit der unverkennbaren Soulstimme, die trotz Sendepause unvergesslich bleibt.
Eine andere Form des Blues verkörpert dagegen eine Band aus Timbuktu, die diesen mit der Kraft des Punk kombiniert: Songhoy Blues. Mit ihrer Verpflichtung knüpft Darr an die afrikanische Wüstenmusik von Bombino an, dessen hypnotischer Auftritt im vergangenen Jahr noch immer wunderbar nachhallt.
Für eine Erweiterung des kosmopolitischen Klangkosmos sorgt auch Petite Noire. Der Südafrikaner bringt seinen Noir Wave auf den Fluss: Seine Single «La vie est belle» hört sich an, als seien Depeche Mode und Stromae in Capetown gelandet.
Dass die Reise im Fluss einmal um die Welt führt, bestätigt auch das Engagement des neuseeländischen Popsängers Graham Candy.
Und wo bleiben die Schweizer Acts? Auch sie kriechen aus den Nischen und stehen für Qualität statt Mode: Fai Baba, Carrousel, Bubi Eifach oder Rapper Greis lassen mit ihren eigenwilligen Noten seit Jahren aufhorchen.
Die regionalen Acts hingegen sind rasch aufgezählt: Sängerin Nubya und Brandhärd halten das Fähnlein mit dem Baslerstab hoch – gerade letzteren sind die Veranstalter dafür besonders dankbar. Brandhärd sind Basler Publikumslieblinge, spielten im letzten Dezember in der ausverkauften Reithalle. «Nur weil sie uns bei der Gage entgegenkamen, können wir sie jetzt auch auf dem Floss präsentieren.»
Und warum nur zwei Basler Acts? «Weil der RFV seinen Beitrag zur Unterstützung des Festivals gestrichen hat», sagt Tino Krattiger. Damit fielen 20’000 Franken weg, die bislang das Programm-Budget entlastet hatten. Mit diesem Betrag hatte sich der Rockförderverein ins Programm eingekauft und regionalen Bands eine Plattform ermöglicht. Dass diese Subventionierung beendet wurde, «macht substantiell weh», gibt Tino Krattiger zu. «Aber nichts muss ewig Bestand haben.» Wer wenn nicht er, weiss: Es ist alles im Fluss.
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Das gesamte Programm: www.imfluss.ch
Die TagesWoche ist in diesem Jahr Co-Sponsor des Festivals.