Kommentare, Gegenkommentare und Emojis jeder Gefühlslage: Die Geschichte von Leyla und Benan* wirft hohe Wellen unter den TagesWoche-Lesern. Die beiden Musliminnen haben trotz bester Qualifikationen grösste Mühe, ein Lehrstelle zu finden – weil sie aus religiösen Gründen ein Kopftuch tragen wollen.
Wie Recherchen der TagesWoche gezeigt haben, ist ein Kopftuch für viele Arbeitgeber ein Grund, jemanden nicht anzustellen. Insbesondere dann, wenn es um eine Tätigkeit mit Kundenkontakt geht. Das Argument: Eine Frau mit Kopftuch könnte Schweizer Kundschaft vergraulen.
Ist das wirklich so? Oder müssten Arbeitgeber den beiden Musliminnen eine Chance geben?
Wir haben Leute auf der Strasse gefragt. Die meisten Passanten sagten uns, für sie wäre es kein Problem, wenn sie zum Beispiel in einer Bank oder an einer Kasse im Laden von einer Frau mit Kopftuch bedient würden. Sie begründeten dies zum Teil recht unterschiedlich und differenziert.
In den Kommentarspalten und auf Facebook fallen die Reaktionen unterschiedlicher aus. Eine Mehrheit der Kommentatoren zeigt wenig bis gar kein Verständnis für die Probleme der jungen Musliminnnen aus dem Bericht. Für viele ist es eine Frage der Anpassung, Religionsfreiheit hin oder her.
Manche Kommentatoren vergleichen die Kopftücher mit Tätowierungen, Piercings oder anderen eher unkoventionellen Accessoires. «Würde ich im Iron-Maiden-T-Shirt zur Arbeit gehen, würde ich auch bald zum Sozialamt müssen», schreibt ein Leser. «Es ist die Zurschaustellung religiöser Symbole, die von den potenziellen Arbeitgebern nicht gewünscht ist, und das finde ich durchaus verständlich», findet ein anderer.
Der Arbeitgeber bestimmt
«Es sollte den Arbeitgeber grundsätzlich interessieren, was UNTER dem Kopftuch ist», hält jemand dagegen. Diese Kommentatorin meint damit natürlich Intelligenz und Kompetenz. Wenn jemand unbedingt seine Religionszugehörigkeit zeigen müsse, findet dagegen ein anderer Leser, dann zeuge das für ihn von einer tieferen emotionalen Intelligenz.
In manchen Kommentaren findet sich die Ansicht, in der Privatwirtschaft dürften Arbeitgeber grundsätzlich bestimmen, was eine zulässige Kleidung sei und was nicht – also auch beim Kopftuch. Oder in den Worten eines Lesers: Früher seien bärtige Männer nicht als Bankangestellte akzeptiert worden, heute sei es anderes. «Hingegen werden Kurzhosen von den Banken weiterhin nicht akzeptiert, aber in Australien schon. So ist das Leben.»
Es braucht Offenheit der Kundschaft
Zwischen den kritischen Kommentaren finden sich auch zustimmende Voten. Eine Leserin wünscht den beiden jungen Frauen viel Kraft und Erfolg: «Auch wenn wir nicht alle derselben Ansicht sind, so belebt und bereichert Ihre Persönlichkeit unser Stadtbild und unsere Gemeinschaft sehr.»
Ein Leser, der es als Armutszeugnis für die betreffenden Firmen erachtet, die beiden Musliminnen nicht anzustellen, sieht ein Problem auch aufseiten der Kundschaft: Wären die offener für Frauen mit Kopftuch, müssten die Unternehmer auch nicht Angst davor haben, sie als Kunden zu verlieren: «Parallel schimpft man am Stammtisch noch über Ausländer und Flüchtlinge, die nicht bereit sind zu arbeiten. Köstlich!»
Haben Sie neue Argumente, die für oder gegen das Kopftuch am Arbeitsplatz sprechen? Die Diskussion in der Kommentarspalte zum Artikel wie auch auf Facebook läuft noch immer weiter.