Nach zehn Jahren zieht es sie nach Dresden, an ein neues Haus. Carena Schlewitt wird 2018 die Leitung der Kaserne abgeben, nachdem sie diese zu einem schweizweit wichtigen Zentrum für Performing Arts gemacht hat. Wir haben sie gefragt, warum sie geht – und was sie am Wechsel nach Dresden reizt.
Die Mitteilung kommt überraschend, denn am Dienstag erst präsentierte Carena Schlewitt das neue Saisonprogramm der Kaserne. Sie liess sich noch nicht anmerken, dass sie mit ihrer letzten Programmplanung beschäftigt ist.
Drei Tage später ist ihr Weggang Tatsache, in einer Medienmitteilung heisst es: «Die Kaserne Basel gibt bekannt, dass die derzeitige Direktorin Carena Schlewitt von der durch den Dresdner Stadtrat eingesetzten Findungskommission für die Intendanz im Europäischen Zentrum der Künste Hellerau vorgeschlagen wurde.» Das klingt hölzern und hochkulturell. Tatsächlich erweitert sie damit ihr Tätigkeitsfeld.
2018 wird Schlewitt die Leitung im Dresdner Festspielhaus Hellerau übernehmen. Was reizt sie daran? «Andere Andockpunkte, neue Möglichkeiten, etwa im Bereich der künstlerischen Residenzen», sagt sie.
Sie verweist auf die lange Geschichte des 1911 erbauten Hauses, das übrigens auch eine Zeit lang als Kaserne gedient hatte. Nach einer grossen Sanierung hat die Stadt Dresden Hellerau zum Zentrum der Künste ausgebaut. Schlewitt stehen mehr Disziplinen zur Verfügung, mehr Verschränkungen – und auch mehr Mittel als in der Kaserne Basel. «Aber auch dort werde ich mich um Drittmittel kümmern müssen», sagt sie.
Es sei nicht der Kampf ums Geld oder sonstige Ermüdungsgefühle, die sie von der Kaserne Basel wegführen würden. Sondern es ist dieser Job, an diesem Ort. «Ich habe nicht fünf Angebote geprüft, sondern mich ganz spezifisch auf diese Stelle beworben», offenbart Schlewitt. Eine Findungskommission hat sie empfohlen, die Bestätigung durch die Stadt Dresden sollte nur noch eine formale Sache sein.
Zurück in den Osten
«Mich beschäftigen noch immer die Transformationsprozesse Ost-West. Deshalb hat mich auch das geografische Umfeld gereizt, an der Grenze zu Osteuropa.»
Schlewitt selber wuchs in Leipzig auf, nicht weit von ihrem künftigen Arbeitsort entfernt. Die Barockstadt ist ihr gut vertraut, schon zu Zeiten ihres Studiums reiste sie nach Dresden. «Die Stadt war in Sachen Theater immer schon interessant, schon vor der Wende.»
Eine Wende hat auch die Kaserne Basel erlebt, unter Schlewitts Führung hat das Performance-Haus stetig an Bedeutung gewonnen – und international Akzente gesetzt.
Auch die Wiederbelebung des Theaterfestivals ist auf die Initiative und die Vernetzungskunst der Direktorin zurückzuführen. Ob sie dem Festival erhalten bleibt, sei noch völlig offen, auch, ob und wann eine weitere Ausgabe stattfinde. «Das müssen wir jetzt erstmal auswerten und anschauen.»
Nachfolge soll im Sommer geregelt sein
Nicht abwarten will der Kasernen-Vorstand unter dem Präsidium von Claudius Gelzer mit der Suche nach der neuen Direktion. Man will rasch eine Findungskommission zusammenstellen und hofft, dass die Nachfolge im nächsten Sommer geklärt ist.
Kontinuität und keine Aufregung, dieser Wunsch der Kasernenverantwortlichen ist nachvollziehbar, weil sich das Haus – wie so oft – in einer politisch wichtigen Phase befindet. Man hofft auf eine Subventionserhöhung.
«Im Bereich der Koproduktionen und Gastspiele braucht es eine Stärkung», sagt Schlewitt. «Wir haben viel aufgebaut, auch in der Nachwuchsszene. Jetzt geht es darum, mithalten zu können.» Die Künstler seien gewachsen, ebenso die Ansprüche des Publikums. Dafür brauche man aber auch mehr Mittel.
Nicht mehr erleben wird Schlewitt den Umzug in die neuen Büros, die im Kopfbau entstehen sollen. Der Umbau verzögert sich, bürgerliche Parteien sind mit den Kasernenplänen der Regierung nicht einverstanden.
Haben sie diese Verzögerungen und politischen Prozesse zermürbt, sind die auch ein Grund, dass sie weggeht? «Nein», sagt Schlewitt, «diese Prozesse gehören dazu. Und ich werde Basel sicher auch vermissen.»
Durch ihren persönlichen Aufbruch kann sie die Transformation des Areals nicht mehr komplett miterleben. «Ist doch toll für meine Nachfolge, die dann hoffentlich neue Büros, einen Proberaum und neue Nachbarn auf dem Areal antreffen wird. Und ich, ich freue mich dann, zu Besuch zu kommen und mir die neuen Räume anzuschauen.»