Und die Kuppel bewegt sich doch

Die Ankündigung des Kuppel-Neubaus ist in den letzten Jahren zum Running Gag geworden. Jetzt aber verspricht Simon Lutz für einmal verbindlich: «Es ist nur noch eine Frage der Formalität, bis alles unter Dach und Fach ist.»

Noch ein Jahr unter dem alten Kronleuchter, unter altem Holz. Dann soll die Kuppel neu gebaut werden, verspricht Simon Lutz. (Bild: Marc Krebs)

Die Ankündigung des Kuppel-Neubaus, der auch Proberäume für Musiker beherbergen soll, ist in den letzten Jahren zum Running Gag geworden. Jetzt aber verspricht Simon Lutz für einmal verbindlich: «Es ist nur noch eine Frage der Formalität, bis alles unter Dach und Fach ist.»

Man konnte es symbolisch deuten, dass zur jährlichen Mitgliederversammlung des RFV nicht mehr auf das Münchensteiner Walzwerk, sondern in die Basler Kuppel eingeladen worden war. Denn die Kuppel respektive deren Neubau war in den vergangenen Jahren zum Running Gag geworden. Keine Mitgliederversammlung verstrich, ohne dass jemand das Traktandum «Varia» nutzte, um nachzufragen, wie es denn um das Langzeitprojekt «Proberäume im Kuppelneubau» stehe. 

Vor zwei Jahren (oder waren es drei?) überraschte Kuppel-Betreiber Simon Lutz mit der Bekanntgabe, dass der ursprünglich angestrebte «Brotkorb» architektonisch zerbröselt sei. Das Siegerprojekt eines Architekturwettbewerbs im Jahr 2002, in deren illustren Jury nebst Kurt Aeschbacher auch Züri-West-Sänger Kuno Lauener gesessen hatte, würde nicht realisiert. Stattdessen plane man, den Neubau in Form eines Steins in die künftige Landschaft des Nachtigallenwäldelis einzubetten.

Seither ist viel Wasser durch den Birsigtunnel geflossen, immer wieder vernahm man, dass eine Stiftung gegründet werde, welche die Finanzierung des Neubaus sicherstellen werde. Vertröstende Worte, sodass die Vermutung und damit auch das Gerücht kursierte, die neue Kuppel werde ganz einfach nie gebaut. Warum sollte sie auch? Wir wissen doch alle, dass ein Konzertlokal heute quersubventioniert werden muss, also auch im populären Bereich ein Wagnis ist (nicht nur in der klassischen Musik oder im Jazz). Eine Baracca im Zermatter Stil oder ein Ristorante all’italiana (Acqua) ist aus buchhalterischer Sicht mit Sicherheit lukrativer als ein Konzertclub.  

An der 22. Mitgliederversammlung des RFV nun hat Simon Lutz erneut das Wort beim Traktandum 9 («Varia») ergriffen, diesmal von sich aus. «Proaktiv würde er sich in diesem Jahr melden», scherzte RFV-Geschäftsführer Tobit Schäfer, Lutz ging darauf ein und erklärte vor den fünf Dutzend Anwesenden, dass er sich «zu den drei wiederkehrenden Fragen äussern wolle». Denn: «Es gibt einiges zu erzählen». Und zwar zu den folgenden Punkten:

1. Ist das Geld vorhanden?

Ja, erklärt Lutz erstmals öffentlich und verbindlich, «die Finanzierung ist gesichert». Zuletzt vernahm man, dass die neue Kuppel sieben Millionen Franken kosten würde, ein Viertel (rund 1,7 Mio.) investiere der Kanton, dieser erwarte im Gegenzug die Realisierung von den seit Jahren geforderten Proberäumen. Warum aber ist die finanzierende Stiftung bis heute nicht ins Leben gerufen worden? «Weil die potenziellen Geldgeber es zur Bedingung machen, dass ihre Schenkungen steuerbefreit seien», sagt Lutz. Sobald die Gemeinnützigkeit anerkannt und gesichert sei, würde die Stiftung als Trägerschaft gegründet und der Bau konkret.

Okay. Wir vermuten: Die Stiftung erwartet, dass die Kuppel wie in den letzten 20 Jahren eine wichtige Alternative im Basler Kulturleben darstellt. Sprich nichtkommerzieller Kultur eine Plattform gibt. Ein Freigeist, wie Simon Lutz einer ist, könnte eine Zeit lang damit gerungen haben, sich verbindlich festzulegen.  

2. Wie sieht sie aus, die neue Kuppel?

Der Brotkorb sei zwar sehr stylisch dahergekommen, sagt Lutz, doch tauchten bei der konkreten Prüfung bauliche Schwierigkeiten auf. So hätten Abklärungen ergeben, dass die Schallsicherheit womöglich nicht eingehalten werden könnte. Auf Nachfrage der TagesWoche sagt Lutz, dass die zuletzt kursierte Version eines Lokals in Steinform nicht in – man verzeihe mir den Kalauer – Stein gemeisselt sei. Im Sommer, verspricht Lutz, werde man neue Visualisierungen präsentieren. Womit er zur ominösen dritten Frage überleitet, die die Musikstadt Basel seit Jahren umtreibt:

3. Wann kommt sie denn, die neue Kuppel?

Im März 2017. Im Juli dieses Jahres will man das Baugesuch einreichen. Muss man auch, denn im Masterplan des Kantons ist festgelegt, wann das Areal zwischen Heuwaage und Zoo umgestaltet werden soll: im nächsten Jahr. Nach der BaselWorld 2016 will Simon Lutz zum letzten Tanz im liebgewonnen Provisorium bitten. Danach folgt der Abriss, folgt der Spatenstich. Mit einem Jahr Bauzeit rechnet der Club-Impresario. Vorgesehen sei, dass die neue Kuppel zur BaselWorld 2017 eröffnet wird. Proberäume seien nach wie vor eingeplant, betont Lutz auf Nachfrage, ebenso eine Mischnutzung, die Konzerte (in der heutigen Zeit ein idealistisches Unterfangen) einschliesse.

Was ich ihn nach der offiziellen Versammlung noch gefragt habe, weil es doch uns alle wundernimmt – und weil man nach den jahrelangen Vertröstungen noch immer nicht so recht glauben mag, dass die neue Kuppel tatsächlich gebaut wird:

4. Wer finanziert denn jetzt die neue Kuppel?

Mythos Mäzenatentum. Darauf angesprochen sagt Simon Lutz, dass die Mäzene vorderhand nicht namentlich genannt werden wollen. Stimmen die Gerüchte, wonach es sich um eine einzige Person aus dem Basler Daig handelt? Lutz lacht, charmant wie immer, und sagt: «Es handelt sich um eine Gruppierung.»
Wie müssen wir uns das vorstellen – wie Ladies First, die honorigen Damen, die einst das neue Schauspielhaus des Theaters Basel sponserten, aber im Hintergrund bleiben wollten? «Den Vergleich hast jetzt du gezogen», sagt Lutz. Er dementiert es nicht, bestätigt es aber auch nicht. Wie ein Fisch in der Birsig, quasi.  

Eine hätten wir noch, was Nachfragen angeht:

5. Stimmt es, dass die ursprünglichen Architekten (Lost) ausgestiegen sind?

Nein, nicht wirklich, sagt Simon Lutz. Dietrich Lohmann und dessen Team seien noch immer dabei. Lutz liefert auch gleich eine mögliche Erklärung für das Gerücht: Die potenziellen Geldgeber haben Bauingenieure damit beauftragt, die Machbarkeit des Projekts zu überprüfen. Und in diesem Zusammenhang sei u.a. die Frage nach den idealen Bauformen aufgetaucht, weil man nicht das Risiko eingehen wolle, einen Bau zu planen, der zwar einzigartig sei, aber nicht alle Vorlagen erfüllen könne. Aus diesem Grund würde derzeit die Machbarkeit überprüft. Denkbar also, dass der Neubau weder Brotkorb noch Stein wird, sondern eine komplett andere Form haben werde. «Es wird neu projektiert», verrät Lutz. «Im Sommer können wir mehr sagen.»

Okay. Wir wollen ihn gerne beim Wort nehmen.      

RFV-MV 2015
Was sonst noch geschah

Dass die Finanzierung der neuen Kuppel gesichert und nur noch eine Frage der Formalität ist, war zwar am Rande ein Thema, aber die eigentliche Breaking News der 22. Mitgliederversammlung des RFV Basel. Daneben hat der Verein, der mittlerweile über 400 Mitglieder zählt und sich für die Förderung von Rock und Pop einsetzt, auch zwei Vorstandsmitglieder ersetzt: Anstelle von Poto Wegener und Claudia Kempf nehmen neu Fabienne Schmuki und Esther Roth Einsitz im siebenköpfigen Vorstand.

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