BVB-Million: «Aufsicht und Führung haben versagt» – der ganze GPK-Bericht

Der Bericht der Geschäftsprüfungskommission geht hart ins Gericht mit den Verantwortlichen der Basler Verkehrsbetriebe und mit dem Basler Verkehrsdirektor Hans-Peter Wessels. Anderes war auch nicht zu erwarten. Lesen Sie das Dokument.

Hans-Peter Wessels und die BVB kommen im GPK-Bericht erwartungsgemäss nicht gut weg. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Alle Jahre wieder erscheinen die Jahresberichte der Geschäftsprüfungskommission zuhanden des Grossen Rates von Basel-Stadt. Und alle Jahre wieder – ein bisschen wie beim Santiglaus – bekommen fehlbare Institutionen, Abteilungen und Personen ihre Sündenregister öffentlich vorgelesen. Auf dass sie sich bessern und die Empfehlungen der Kommission umsetzen (sind diese doch rein politischer Natur: Es handelt sich nicht um verbindliche Weisungen).

Am 29. Juni veröffentlicht die GPK einen 25-seitigen Sonderbericht zu den «Basler Verkehrs-Betrieben (BVB)». Die Medien hätten eigentlich um 12.30 Uhr informiert werden sollen. Weil die «bz Basel» diese Frist gebrochen hat, hielt sich auch die TagesWoche nicht mehr daran und stellte den ganzen Bericht schon vorab zur Verfügung, damit Sie sich selbst informieren können.

Harte Worte, keine Überraschungen

Erwartungsgemäss lässt die Kommission kein gutes Haar am Vorgehen der BVB und am Bau- und Verkehrsdepartement. Departementsvorsteher Hans-Peter Wessels sagte es schon im Interview mit der TagesWoche: Das mit der mündlichen Vereinbarung über die Zahlung einer Million an Frankreich für den Ausbau der Linie 3 würde er heute anders machen. Wessels:

«Was im Raum bleiben wird, ist: Der Beitrag der BVB hätte im Jahr 2012
vertraglich vereinbart werden sollen und nicht erst Jahre später. Das
ist völlig klar. Da hat man etwas verpasst, auf beiden Seiten. Wir haben
von Anfang an gesagt, dass man das heute anders machen würde.»

Die Befunde im Bericht in Kürze:

  • Die Vorgänge und die Kommunikation bezüglich der Vereinbarung und der Zahlung der BVB-Million an Frankreich sind widersprüchlich. Ein «kompetenzüberschreitender Alleingang» des BVB-Präsidenten sowie eine «strittige Weisung» des BVD-Vorstehers Wessels werden festgehalten.
  • Zwar sei sich die GPK «bewusst, dass 1 Mio. Euro ein geringer Betrag ist im Vergleich sowohl zu den Investitionskosten von total 86,515 Mio. Franken für die Verlängerung der Tramlinie 3 bis zum Bahnhof Saint-Louis (ca. 1,25 Prozent) als auch zum Betriebsertrag der BVB von total 233,901 Mio. Franken» – aber die Vorgänge seien unabhängig vom Betrag «gravierend: Aus Sicht der GPK haben die politische Aufsicht einerseits und die strategische Führung andererseits versagt.»
  • Die GPK bezweifelt, ob eine rechtliche Grundlage für das Geschäft besteht. Sie schreibt allerdings, dass die GPK darauf verwiesen habe, «dass die Kompetenz über die Mittelverwendung grundsätzlich bei den BVB liege». Die GPK kann keine juristischen Entscheide fällen, höchstens Einschätzungen abgeben.
  • Unter dem Punkt «Empfehlungen» legt die GPK dem Regierungsrat nahe, für die Amtsperiode 2018–2021 «einen Verwaltungsrat mit neuen Personen zu wählen, die für ihre Tätigkeit bei den BVB qualifiziert und in der Lage sind, die Aktivitäten der BVB selbständig zu beurteilen».

Rücktrittsforderungen

Erste Rücktrittsforderungen von politischen Gegnern liessen nicht lange auf sich warten: Die SVP Basel-Stadt beurteilt den Sonderbericht der GPK als «skandalös». Angesichts des «verheerenden» Berichts verlangt die Partei, dass Hans-Peter Wessels «das Dossier BVB abgeben muss». Ausserdem solle der Regierungsrat «sich über den Sommer auch Gedanken zum Rücktritt machen».

Auch «der Verwaltungsratspräsident der BVB und sein Stellvertreter müssen zudem umgehend zurücktreten», so die SVP weiter. Ginge es nach der Vorstellung der Unterzeichner der SVP-Forderung (mit dabei: GPK-Mitglied Eduard Rutschmann), so soll der derzeitige Verwaltungsratspräsident der BLT, André Dosé, als Interimspräsident walten.

Den Rücktritt von Hans-Peter Wessels verlangt auch die BDP Basel-Stadt.

Die FDP formuliert fast wortgleich wie die SVP: Die Partei sei «entrüstet über die im heute präsentierten GPK-Bericht zu den Basler Verkehrs-Betrieben (BVB) gemachten Feststellungen» und «fordert den Regierungsrat nachdrücklich dazu auf, seine Gesamtverantwortung wahrzunehmen». Hans-Peter Wessels sei das Dossier BVB zu entziehen, und die FDP fordert zudem den Rücktritt des Präsidenten und Vizepräsidenten des BVB-VR.
Die CVP «verlangt aufgrund der schweren Vorwürfen den sofortigen Rücktritt des Verwaltungsratspräsidenten und legt dem zuständigen Regierungsrat Wessels nahe, seine Rolle in dieser Geschichte kritisch zu überdenken und die nötigen Konsequenzen zu ziehen», wie die Partei es in ihrer Mitteilung formuliert.

Die LDP spricht von einem «erschreckenden» Bericht. Es zeigten sich «eklatante Führungsmängel»: Nicht nur bei der Spitze des Verwaltungsrates der BVB, sondern auch beim Vorsteher des BVD. Die LDP fordert eine «Aufarbeitung ohne Beteiligte, sowohl beim Kanton wie auch beim Verwaltungsrat der BVB». Die Partei begrüsse «ausdrücklich alle von der GPK formulierten Empfehlungen an den Gesamtregierungsrat und dankt der GPK für Ihren umfassenden Bericht».

Kritik auch von links

Ihren Regierungsrat Hans-Peter Wessels erwähnen die Sozialdemokraten in ihrer Medienmitteilung nicht beim Namen. Immerhin schreibt die Partei aber: «Die BVB und die politischen Verantwortlichen sind aufgefordert, die Hinweise der GPK ernst zu nehmen und die bestehenden Probleme anzugehen.» Den Hauptfokus legt die SP dabei allerdings auf die im Bericht ebenfalls erwähnten Personalprobleme: Weitere Reduktionen bei den Mitarbeitenden dürfe es nun nicht mehr geben, fordert die SP.

Das Grüne Bündnis teilt mit, es nehme den Bericht «mit grosser Besorgnis» zur Kenntnis. «Offensichtlich können die bestehenden Interessenskonflikte auch mit Corporate Governance-Vorschriften nicht gelöst werden. Aus diesem Grund fordert das Grüne Bündnis die Überprüfung der Wiedereingliederung der BVB», heisst es in der Meldung weiter.

Der GPK-Bericht zur BVB zum Download 

Dossier GPK-Bericht zu den BVB

Der Bericht der GPK erhebt schwere Vorwürfe gegen die Leitung der BVB und Verkehrsdirektor Hans-Peter Wessels. In der BVB-Führung kam es daraufhin zu zwei Rücktritten, Wessel aber verteidigt sich.

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