Ex-Stadtentwickler und seine neuen Freunde zerpflücken die Basler Stadtentwicklung

Der Basler Richtplan ist nicht gut, urteilt der Gewerbeverband. Und der ehemalige Stadtentwickler Thomas Kessler kritisiert gar Projekte, an denen er seinerzeit selbst gearbeitet hat.

Der ehemalige Basler Stadtentwickler Thomas Kessler (links) leistet dem Gewerbeverband unter Direktor Gabriel Barell Schützenhilfe. (Bild: Dominique Spirgi)

Der Basler Gewerbeverband ist nicht zufrieden mit dem angepassten kantonalen Richtplan, der Grundlage für städtebauliche Entwicklungsziele sein soll. Unzufrieden ist er vor allem damit, dass die Regierung explizite Grundsatzgedanken zugunsten des Gewerbes und der Wirtschaft aus dem Richtplan gestrichen hat. Und schliesslich bezeichnet er die angedachte Wohnraumentwicklung als «mutlos» und «mangelhaft».

Seite an Seite mit Gewerbedirektor Gabriel Barell und dem Leiter Politik im Verband, Patrick Erny, nahm auch der ehemalige Stadtentwickler Thomas Kessler Stellung zur «mutlosen» Wohnraumentwicklung. Kessler, der neuerdings für die FDP in den Nationalrat will, kennt das Papier sehr gut. Er hat nach eigenen Angaben noch in offizieller Mission daran mitgearbeitet – was aber offensichtlich nicht heisst, dass er mit allem einverstanden ist.

Vorwurf: mutlos

Wie der Gewerbeverband nun Kesslers Rolle definiert, wurde an der Medienorientierung nicht ganz klar. Eine typische Kessler-Aussage zum Thema: «Jede Wohnung, die man in der Stadt nicht baut, wird auf dem Land gebaut.» Mit der Folge, dass der Pendlerverkehr angekurbelt werde.

Kessler hatte auch konkrete Beispiele für die kritisierte Mutlosigkeit bereit: Auf dem Felix-Platter-Areal hätten nach seiner Auffassung 700 statt 500 Wohnungen Platz gehabt, wenn man sich getraut hätte, höher zu bauen. Und auch die Stadtrandentwicklung Ost müsste seiner Ansicht nach trotz verlorener Abstimmung nicht in der Schublade verschwinden. Abstimmungsanalysen hätten ergeben, dass 72 Prozent der Bevölkerung ein neues Projekt an dieser Stelle begrüssen würden.

Abwanderndes Gewerbe

Dass auch der versierte Stadtentwickler nicht frei von Widersprüchen ist, bewies er mit der Aussage, die Stadt müsse es auch zulassen, neue Arbeits- und Bildungsplätze in den strukturschwachen Jura zu verlegen. Natürlich mit dem entsprechenden Wohnraum in der Nähe.

Dies entsprach nicht dem, was die beiden Vertreter des Gewerbeverbands sagten. Barell bedauerte, dass immer mehr Gewerbebetriebe aus der Stadt abwandern – nach Allschwil, Birsfelden und Muttenz, wie er mit einigen Beispielen belegte. Der Jura ist bedeutend weiter weg, was Barell mit den Worten quittierte: «Das eine tun und das andere nicht lassen.»

Lysbüchel soll nur für Gewerbe da sein

In erster Linie möchte der Verband aber nach wie vor Gewerbegebiete in der Stadt schützen – vor der gänzlichen Verdrängung, aber auch vor einer konfliktreichen Mischnutzung. Letzteres betreffe in erster Linie das laute Gewerbe, das man nicht in der unmittelbaren Nachbarschaft von Wohngebieten ansiedeln könne. Die lange andauernde Diskussion um das Lysbüchel-Areal lässt einmal mehr grüssen.

Dies sind denn auch die wesentlichsten Punkte, die der Gewerbeverband in  seine Stellungnahme zur Anpassung des kantonalen Richtplans einfliessen liess:

  • mehr exklusive Flächen für das Gewerbe,
  • bessere Bedingungen für den motorisierten Verkehr,
  • mehr Freiräume und Mischnutzungen nur «wenn möglich»,
  • kein Schulhaus auf dem Lysbüchel-Areal,
  • keine Aufgabe der Hafeninfrastruktur am Westquai und dergleichen mehr.

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