Ich nicht, der andere auch – die grössten Streithähne im Zwist der beiden Basel

Zwischen den beiden Basel verlaufen Risse. Und sowohl im Landkanton als auch in der Stadt gibt es Protagonisten, die immer wieder Salz in die Wunden der angeschlagenen Partnerschaft streuen.

Das blasierter Basler Bürgertum gegen die einfachen Chrampfer vom Land – die Klischees aus alten Zeiten leben bis heute fort.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

Zwischen den beiden Basel verlaufen Risse. Und sowohl im Landkanton als auch in der Stadt gibt es Protagonisten, die immer wieder Salz in die Wunden der angeschlagenen Partnerschaft streuen.

Als die Gesundheitsdirektoren der beiden Basel vor wenigen Tagen die Details der interkantonalen Spitalgruppe verkündeten, liessen die kritischen Reaktionen nicht lange auf sich warten. «Die LDP verknüpft ihre Zustimmung mit der Haltung des Partnerkantons zur Finanzierung der Universität Basel», liessen die Liberaldemokraten aus der Stadt sogleich verlauten. Etwas länger brauchte die Baselbieter SVP für die gegenteilige Forderung, die Kosten für die universitäre Forschung seien klar auszugrenzen «und durch das Budget der Universität zu tragen».

Auch andere Parteien haben etwas auszusetzen, doch nirgendwo sonst präsentiert sich der Graben zwischen den Kantonen so tief wie zwischen der Baselbieter SVP und der Basler LDP – obschon sich die LDP in der Stadt dazu durchgerungen hat, mit der einstmals gemiedenen SVP in der Stadt ein Wahlpäckchen zu schnüren.

Die Abwehrhaltung der Basler LDP geht noch weiter: «Nicht richtig findet die LDP das Entgegenkommen gegenüber Basel-Landschaft beim Stimmrecht», schreibt sie in ihrer Reaktion. Sie spricht damit die Tatsache an, dass beide Kantone im vorgestellten Spitalgruppen-Modell einer Aktiengesellschaft gleich viel Mitsprache erhalten sollen, obwohl der Eigenkapitalanteil des Stadtkantons wesentlich höher ist. Es gebe keinen Grund, den Minderheitspartner so zu bevorzugen, zumal der Druck zur Reformation im Landkanton grösser sei, schreibt die LDP.

Wenig überraschend verkündet die Baselbieter SVP das Gegenteil: Die abschliessende Bewertung der beiden Spitalunternehmen dürfe keineswegs alleine aufgrund der Substanzwerte erfolgen, heisst es dort. Die Partei wertet das ausgeglichene Stimmenverhältnis vielmehr als Entgegenkommen des Baselbiets. Und: «Die SVP BL fordert, dass auch der Standort Basel (USB) seine Kostenstrukturen und Prozesse konsequent überprüft, strafft und zu Synergiegewinnen beiträgt.»

Klischee der arroganten Städter und sturen Baselbieter

Die Aversionen lassen sich nicht auf diese beiden Parteien beschränken. Auch die linke Basler BastA! bezeichnete den Vorschlag eines paritätischen Stimmverhältnisses als «unausgewogen und in Anbetracht der Sparpakete des Nachbarkantons sowie stetiger Quersubventionierungen ein gefährliches Unterfangen». Die Baselbieter FDP warnt derweilen davor, «dass sich die Stadt eine Maximalversorgung und die nötigen Fallzahlen für das Universitätsspital sichert, während für die Landbevölkerung die Wege weiter und die Spitäler in ihrer Funktion und Dimension abgewertet werden».

Doch bei der Basler LDP und der Baselbieter SVP scheinen die alteingesessenenen Klischees über die unterschiedlichen Charaktere der Land- und Stadtbevölkerung deutlicher auf als anderswo:

  • Hier die LDP als baselstädtisches Unikat: die Partei des gut gebildeten und betuchten Basler Bürgertums, das in vornehmer Zurückhaltung auf die Landbevölkerung hinunterblickt.
  • Und dort die bodenständigen Chrampfer vom Land, die stets befürchten, über den Tisch gezogen zu werden.

Es ist ein Bild, das entfernt an die politischen und später auch handfesten Konflikte zwischen dem städtischen und ländlichen Basel um 1830 erinnert.

Schaut man sich die Resultate der baselstädtischen Wahlumfrage der TagesWoche und «bz Basel» und der Fusions-Prüfungsinitiative vom September 2014 an, beschränkt sich das Bild der zwei misstrauischen bis feindschaftlichen Partner aber nicht nur auf die sogenannte Classe politique. In der aktuellen Wählerumfrage gaben 70 Prozent der Teilnehmer an, dass der Kanton Basel-Landschaft «übermässig» von der Stadt Basel profitiere. Das klare Nein der Baselbieter selbst zur Prüfung eines Kantonszusammenschlusses löste im Stadtkanton Trotzreaktionen aus.

«Es gibt Schwierigkeiten in der Beziehung, die sich nicht weglächeln lassen.»

Conradin Cramer, Regierungsratskandidat LDP

Die Protagonisten aus den politischen Parteien üben sich auf Nachfrage in Diplomatie: «Wir wollen die Partnerschaft und kommen letztlich auch gar nicht um sie herum», sagt Conradin Cramer, aussichtsreicher Regierungsratskandidat der LDP und Partner der Basler Vischer-Anwälte. «Aber es gibt Schwierigkeiten in der Beziehung, die sich nicht weglächeln lassen», ergänzt er.

Eine der grossen Schwierigkeiten liegt für Cramer in der Tatsache, dass sich zwei Partner mit höchst unterschiedlichen Voraussetzungen gegenüberstehen: «Auf der einen Seite die prosperierende Stadt und auf der anderen der Landkanton, der mit strukturellen Problemen zu kämpfen hat.»

Für ihn erscheint klar, dass der stärkere Partner dem schwächeren unter die Arme greifen müsse. «Ich stehe voll und ganz hinter dem 80-Millionen-Deal zwischen den beiden Basel», sagt er. Er könne sich unter Umständen sogar eine Verlängerung des Deals vorstellen. Bei der paritätischen Trägerschaft der Universität bleibt er aber hart. «Die Zusammenarbeit im Spital- und Hochschulbereich lassen sich nicht trennen, die beiden Institutionen sind miteinander verzahnt und gehören zusammen.»

Unverständliche Aversionen

Diplomatisch äussert sich auf Anfrage auch Patricia von Falkenstein, die Präsidentin der Basler LDP: «Wir alle haben doch das Interesse, als starke Region aufzutreten, Ressentiments auf beiden Seiten bringen uns nicht weiter.» Die Aversionen, die in der Umfrage der TagesWoche und «bz Basel» zutage getreten seien, könne sie nicht richtig nachvollziehen. Aber auch für sie ist die Baselbieter Haltung zum Universitätsvertrag ein Schlüsselmoment in der Partnerschaft. «Zu einer starken Region gehört ganz klar auch eine starke Voll-Universität.»

Auch aufseiten der Baselbieter SVP sieht man sich nicht als Brandstifter: «Sollte jemand diese Bezeichnung wählen, würde ich davon ausgehen, dass diese Person eine Partnerschaft eher als Abhängigkeitsverhältnis sieht und nicht als gleichberechtigte Diskussionsbasis», sagt Oskar Kämpfer, Landrat und Präsident der Baselbieter SVP.

«Erstens äussere ich mich immer als Präsident der grössten Partei unseres Kantons und zweitens nur dann, wenn eine grosse Differenz zwischen den Forderungen und den finanziellen Möglichkeiten unseres Kantons besteht. Das ist meine Pflicht, auch als Parlamentarier und hat überhaupt nichts mit einer Skepsis gegenüber der Stadt zu tun.»

Im Politalltag klingt es oft anders

So oft wie sich Kämpfer als polternder Kritiker der partnerschaftlichen Politik zu Wort meldet, muss es für ihn viele «grossen Differenzen» geben. Die geplante Spitalfusion ist nur das jüngste Beispiel. Bei den vergangenen Debatten um eine Erhöhung der Beiträge an das Theater Basel war er Wortführer der Gegnerschaft, die im Landrat zwar noch unterlag, bei der Volksabstimmung aber obsiegte.

Mit dem Referendum gegen die Beiträge an die Pensionskasse der Universität feuerte der SVP-Präsident im Namen seiner Partei eine Breitseite gegen den 80-Millionen-Deal mit Basel-Stadt ab. Klar ist, dass die Baselbieter SVP den Universitätsvertrag lieber heute als erst in ein paar Jahren kündigen würde.

In der Realpolitik zeigt die Diplomatie der Kontrahenten immer wieder Risse. Auch bei der Basler LDP. Der noch amtierende Basler Erziehungsdirektor Christoph Eymann wählte, spürbar verärgert, scharfe Worte, als er von den Uni-Sparplänen aus Liestal erfuhr – schärfer als seine Riegungsratskolleginnen und -Kollegen: «Das ist nicht wie in einem Verein, wo man einfach die Mitgliedschaft künden kann», sagte er in einem Interview mit der TagesWoche.

Als über die Idee diskutiert wurde, in Liestal einen Campus für Jus- und Wirtschaftsstudenten einzurichten, äusserte sich Conradin Cramer als einziger namhafter Politiker in der Region auf Twitter pointiert ablehnend: 

Gegenüber dem «Regionaljournal Basel» von SRF präzisierte Cramer: «Weniger Studierende wären bereit, in einer Kleinstadt wie Liestal zu studieren».

Cramer sprach damit einer grossen Mehrheit der Studierenden aus dem Herzen. Seine Wortwahl dürfte im Landkanton aber einigen Menschen in den falschen Hals geraten sein.

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(Bild: Hans-Jörg Walter)

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