Krank im Knast: Regierung will Inhaftierte besser betreuen

Sicherheitsdirektor Baschi Dürr will die Versorgung von psychisch auffälligen oder erkrankten Gefängnisinsassen in Basel verbessern. Zahlen zeigen: Der Schritt ist dringend nötig. Mehrkosten werden keine erwartet.

Neues Gesundheitskonzept, aber keine höheren Kosten: Laut Baschi Dürr soll das möglich sein.

Der Beamer wirft langgezogene Balken auf die Leinwand im Vorzimmer des Grossratssaals. Das Diagramm veranschaulicht: 2007 litt in einem Genfer Gefängnis mehr als die Hälfte der Insassen unter einer körperlichen Krankheit. Über 70 Prozent konsumierten Drogen, fast ein Drittel war psychisch erkrankt. Eine weitere Tabelle bestätigt: Den Gefängnisinsassen in der Schweiz geht es psychisch besonders schlecht, verglichen mit den in Freiheit lebenden Menschen.

Hinzu kommt, dass die Anzahl Vollzugstage – und damit auch die Kosten – seit Jahren in die Höhe gehen. «Nicht wegen der höheren Kriminalität», sagt Regierungsrat Baschi Dürr vor den Medien, «sondern wegen der Strafrichter und Staatsanwaltschaften, die heute deutlicher sanktionieren als früher.»

Besonders deutlich tun sie dies übrigens im Kanton Basel-Stadt:

https://tageswoche.ch/politik/wie-basel-zum-knastkanton-wurde/

Zwei Neuerungen im Justizvollzug stellt Dürr an diesem Donnerstag am sogenannten Polmedinform vor. Flankiert wird er dabei von Lukas Huber, Leiter Bevölkerungsdienste und Migration des Justizdepartements (JSD), und Thomas Steffen, Leiter Medizinische Dienste des Gesundheitsdepartements (GD).

Steffen präsentiert ein Massnahmenpaket, das die Statistik-Balken zumindest für Basel verkürzen soll. Konkret sollen die Visiten durch Ärzte der Universitären Psychiatrischen Kliniken (UPK) im Ausschaffungsgefängnis Bässlergut sowie im Untersuchungsgefängnis Waaghof von einmal wöchentlich auf zwei Besuche hochgeschraubt werden.

Zudem führten die raren Plätze in Kliniken momentan zu einem «Rückstau». «Das versuchen wir nun bewusst anzugehen, indem wir die Behandlung im psychiatrischen Bereich deutlich intensivieren», sagt Steffen. Die erhoffte Folge der engmaschigeren Betreuung: Weniger Überweisungen in stationäre Kliniken. Dennoch sollen neu 18 Plätze in den UPK für Inhaftierte reserviert werden.

Durch die verbesserte Betreuung erwarte man weniger Verlegungen in Psychatrien. Das spare wiederum Geld.

Mit den beiden Suiziden, die sich im Mai und Juni diesen Jahres im Untersuchungsgefängnis Waaghof ereigneten, habe das neue Konzept nichts zu tun. Man arbeite schon seit mehreren Jahren daran, sagt Steffen.

Für Pflege, Medizinversorgung, Betreuung und Aufsicht im Bässlergut und Waaghof sollen insgesamt 570 Stellenprozente geschaffen werden. Kostenpunkt: 790’000 Franken, sowie eine einmalige Ausgabe für die Infrastruktur in der Höhe von 350’000 Franken. Dürr rechnet jedoch längerfristig nicht mit erhöhten Kosten. Durch die verbesserte Betreuung erwarte man weniger Verlegungen in Psychiatrien oder Sicherheitsabteilungen. Dadurch würde wiederum Geld gespart. Laut Steffen zeigten Studien: Je früher man interveniere, desto besser sei der Behandlungs-Verlauf.

Neues Gesetz will Sicherheitshaft

Nebst dem neuen Gesundheitskonzept wurde auch der Ratschlag zum neuen Gesetz über den Justizvollzug vorgestellt. Laut Dürr handelt es sich dabei um geringfügigere Änderungen. So soll die Regelung schwerwiegender Grundrechtseingriffe gesetzlich verankert und nicht wie bislang auf der Ebene einer Verordnung oder Hausordnung festgelegt werden.

Zudem soll wie in anderen Kantonen eine sogenannte vollzugsrechtliche Sicherheitshaft künftig auch in Basel-Stadt möglich sein. Die Sicherheitshaft ermöglicht es, eine bedingt entlassene Person ohne richterlichen Entscheid für 48 Stunden zu inhaftieren, falls sie ein Risiko darstellt. Zurzeit ist dies ohne eine Zusage durch das Gericht nicht möglich.

Baschi Dürr erwarte für beide Anliegen keinen starken Gegenwind vom Grossen Rat.

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