Vor einem halben Jahr hat Pascal Pfister die Leitung der Basler SP übernommen. Seither versucht der 41-Jährige der Partei ein schärferes Profil zu verpassen. Schärfer, das heisst: weg von der Regierungslinie.
In der Vergangenheit vernachlässigt, will sich die SP nun stärker für den Erhalt und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum einsetzen. Die Antwort der SP auf die Wohnungsknappheit soll nicht länger nur der stete Ruf nach Genossenschaftswohnungen sein. Bislang schien der grösste gemeinsame Nenner der sozialdemokratischen Wohnpolitik zu lauten: Refugien für die eigene Klientel, die Härten des freien Markts für den Rest.
«Bis jetzt haben wir uns sehr stark für den Bau von Genossenschaftswohnungen eingesetzt, es gibt aber auch noch andere wohnpolitische Felder wie den Mieterschutz», sagt Pfister.
Nur eine einige Linke, glaubt SP-Präsident Pfister, wird in der Wohnpolitik einen Kurswechsel erzwingen können.
Pfister hat Parteileute, Aktivisten und Interessenvertreter wie das Mietshäuser Syndikat eingebunden, um an einer Neuausrichtung der Parteilinie zu arbeiten. Das Positionspapier der SP soll unter anderem darlegen, wie der Kanton aktiv in den Wohnungsmarkt eingreifen soll. Das Ergebnis der Beratungen, obwohl noch offen, dürfte eine Abkehr von der marktfreundlichen Regierungspolitik bedeuten.
Die Parteispitze arbeitet dazu an einer Koalition mit der Linkspartei BastA! und dem Mieterverband. Die Zusammenarbeit war in der Vergangenheit konfliktbeladen und geprägt von gegenseitigem Misstrauen. Entsprechend scheiterten Projekte wie die SP-Intiative «Wohnen für Alle» und diverse Vorlagen des Mieterverbands an der Urne. Nur eine einige Linke, glaubt Pfister, wird in der Wohnpolitik einen Kurswechsel erzwingen können.
Pfister fährt einen linkeren Kurs als seine Vorgängerin Brigitte Hollinger, die sich stets um Harmonie mit den eigenen Regierungsleuten bemühte. «Mein Ziel ist, dass wir als SP an einem Kanton arbeiten, der für alle da ist – insbesondere auch für Leute, die nicht so viel Geld haben», sagt er. Die SP ist mit Pfister zwar dynamischer geworden und macht neuerdings auch mal mit unkonventionellen Ideen auf sich aufmerksam – etwa bei der geplanten kostenlosen Kinderbetreuungs-Aktion. Die grosse Bewährungsprobe steht Pfister aber erst noch bevor.
Eine Kampfwahl um die Ständeratskandidatur könnte zur Abrechnung mit der Ära Herzog werden.
Die Stände- und Nationalratswahlen 2019 drohen zur Zerreissprobe für die Partei zu werden. Finanzdirektorin Eva Herzog schien lange als Nachfolgerin von Amtsinhaberin Anita Fetz gesetzt. Nun gibt es – nach Herzogs eifrigem Engagement für die Unternehmenssteuerreform – immer mehr Parteimitglieder, die eine Kandidatur von Nationalrat Beat Jans bevorzugen würden. Offen spricht keiner darüber, noch hofft man den Konflikt gütlich zu regeln und einen öffentlich ausgetragenen Streit zu vermeiden.
Doch Vorbehalte gegenüber der langjährigen Finanzdirektorin gibt es sowohl bei der linken Parteijugend wie auch bei der älteren Garde. Alt und jung stören sich am pragmatischen Mittekurs der rot-grünen Regierung und an der jahrelangen Dominanz der Regierungsleute innerhalb der Partei. Eine Kampfwahl um die Ständeratskandidatur könnte zur Abrechnung mit der Ära Herzog werden.
Jans würde gerne kandidieren, vor einem erneuten Machtkampf gegen Eva Herzog scheut er sich aber, wie er durchblicken lässt. Er sagt: «Ich spüre grossen Rückhalt in der Partei für eine Kandidatur – ich bin allerdings noch am Herausfinden, ob eine interne Kampfwahl gegen Eva Herzog wirklich das Richtige wäre.» Schliesslich gehe es nicht darum, was er wolle, sondern was das Beste für die Partei sei.
Jans sagt: «Der Ständerat würde mich mehr interessieren, das Regierungsmandat wäre aber die grössere Herausforderung.»
Gespräche würden laufen, sagt Jans, auch mit Eva Herzog habe er geredet. Ihre Reaktion? «Sie hat es zur Kenntnis genommen.» Mehr will Jans nicht verraten. Bis Ende Jahr will er sich definitiv entscheiden, ob er gegen Eva Herzog antritt.
Eine andere Option wäre, dass Jans spätestens 2020 als Regierungsrat kandidiert, zumal neben Eva Herzog wohl auch die beiden SP-Regierungsräte Christoph Brutschin und Hans-Peter Wessels ihre letzte Legislatur bestreiten.
Dazu sagt Jans, es würden in der Tat Leute auf ihn zukommen, die ihm eine Kandidatur als Regierungsrat nahelegen. «Der Ständerat würde mich zwar mehr interessieren, das Regierungsmandat wäre aber die grössere Herausforderung, da ich mit der Exekutivarbeit noch nicht vertraut bin.»
Ein Präsident im Dilemma
Und was meint Präsident Pfister zur drohenden Unruhe in seiner Partei im Hinblick auf die Stände- und Nationalratswahlen? «Grundsätzlich ist es immer ein gutes Zeichen für eine Partei, wenn sich mehrere Personen für ein Amt interessieren.» Gespräche würden laufen, entschieden sei noch nichts. «Unser Ziel muss sein, eine Person für den Ständerat aufzustellen, welche unsere Politik gut vertritt und gute Wahlchancen hat.»
In der Parteispitze geht man von zwei Szenarien aus: Als gesetzt gilt, dass die LDP auf Seiten der Bürgerlichen eine Ständeratskandidatur präsentiert. Sollte der populäre frühere Bildungsdirektor und jetzige Nationalrat Christoph Eymann antreten, rechnet man sich mit der von Teilen der bürgerlichen Wählerschaft getragenen Herzog bessere Chancen aus, den Sitz zu halten, als mit Jans. Stellt die LDP hingegen Parteipräsidentin Patricia von Falkenstein auf, räumt man auch Jans gute Chancen ein wegen seines höheren Bekanntheitsgrads und des unklaren politischen Profils der LDP-Frau.
Das alles führt SP-Präsident Pfister ins Dilemma: Soll er eingreifen, um einen hässlichen Streit zu vermeiden? Pfister schiebt die Verantwortung von sich: «Am Schluss würden unsere Delegierten entscheiden.»