Den Meisterpokal hat der FCB bereits retourniert

Die Augen aller Schweizer Fussballinteressierten sind an diesem Wochenende nach Bern gerichtet, wo die Young Boys nach mehr als drei titellosen Jahrzehnten Meister werden können. Viel mehr als Kehrausstimmung kann der Sonntag in Basel mit dem Heimspiel gegen Thun (16 Uhr) darum nicht bieten.

Das Original (links) für Bern, das Replikat als Erinnerung für den Trophäenschrank – der Pokal für den Schweizermeister.

So viel Flexibilität muss sein: Weil die Young Boys an diesem Samstagabend vorzeitig Schweizermeister werden können, hat das Schweizer Fernsehen sein Programm umgestellt. Statt wie üblich am Sonntagnachmittag ein Super-League-Spiel zu zeigen, macht der Sender von seinem Recht Gebrauch und berichtet ab 18.45 Uhr (SRF 2) aus Bern, um live dabei zu sein, falls die Young Boys gegen Luzern den Sack zumachen.

«Ich darf gar nicht daran denken» – YB fiebert dem Feiertag entgegen.

«Lieber Berner, das wird grossartig» – Ratschläge eines Zürich-Pendlers aus Basel.

Während sich in der Bundesstadt also eine 32 Jahre lang währende Sehnsucht erfüllen kann, gibt es in Basel nach acht Titeln in Serie und dem Double vor Jahresfrist dieses Jahr nichts zu feiern. Ausser, man empfindet auch den so gut wie sicheren Platz 2 und die damit verbundene Teilnahme an den Quali-Spielen zur Champions League als so etwas wie einen Erfolg.

Dieses Minimalziel ist definitiv erreicht, wenn der FCB gegen den FC Thun gewinnt und seinen 13-Punkte-Vorsprung verteidigt – bei dann noch vier ausstehenden Runden und zwölf zu vergebenen Zählern.

Der Kübel in Muri, der Trainer gefasst

Den Meisterpokal sind die Basler bereits los. Das Original wurde an den Sitz der Swiss Football League (SFL) in Muri zurückgeschickt, wo die Trophäe für die Feierlichkeiten 2018 aufpoliert wird. Und es besteht kein Zweifel mehr daran, dass YB-Captain Steve von Bergen den Kübel am 13. Mai nach dem letzten Heimspiel der Young Boys im Stade de Suisse in die Höhe stemmen wird. Aber als kleinen Trost hat die SFL dem FC Basel ein etwas kleineres, 14 Kilogramm schweres und mit Feingold überzogenes Messingreplikat überlassen.

FCB-Trainer Raphael Wicky hat noch keinen Plan, was er am Samstagabend macht, ob er das Spiel in Bern am TV verfolgen wird oder sich über andere Quellen über das Ergebnis auf dem Laufenden hält. Er sagt: «Wenn es dann passiert, dass YB Meister wird, wäre ich natürlich enttäuscht. Aber es ist auch nicht so, dass man am Samstag davon total überrascht würde. Ich konnte mich mental darauf vorbereiten, und es ist klar, dass man nicht zufrieden ist, wenn man ein Ziel verpasst.»

Die Ausgangslage: Kehraus in Basel, Zittern in Thun

13 Punkte Rückstand auf den designierten Meister YB, 13 Punkte Vorsprung auf den Dritten FC Luzern – fünf Runden vor Schluss ist die Brisanz aus den Partien des FC Basel gewichen. Zumindest aus Basler Sicht.

Anders verhält es sich mit den Gegnern, die Punkte im Kampf gegen den Abstieg benötigen. Für den FCB bildet die Heimpartie gegen den FC Thun die letzte Begegnung einer Serie gegen abstiegsbedrohte Teams. Gegen Lugano, Lausanne und die Grasshoppers hat er gewonnen, gegen Sion die Punkte geteilt. Und wenn es nach Trainer Wicky geht, soll die Serie von acht Spielen ohne Niederlage (drei Remis) fortgesetzt werden: «Ich will die verbleibenden Spiele gewinnen, egal was passiert.»

Der FC Thun hat sich fünf Längen Vorsprung auf Schlusslicht Lausanne-Sport erarbeitet, aber Erfolgserlebnisse gegen den FC Basel sind dünn gesät: Seit 21 Pflichtspielen laufen die Berner Oberländer einem Vollerfolg hinterher. Und seit Erfindung der Super League im Jahr 2003 hat Thun ein einziges von 27 Spielen in Basel gewonnen: im November 2010 (4:1).

Den Respekt von Raphael Wicky, der einst als Hospitant beim FC Thun ins Trainerbusiness reinschnupperte, geniessen die Thuner: «Es wird seit Jahren in Thun sehr gute, sehr kontinuierliche Arbeit geleistet. Dort herrscht sehr viel Ruhe im Verein was die Führung und die Zielsetzung anbelangt. Dort weiss man, dass es passieren kann, während der Saison mal Achter, Neunter oder sogar nur Zehnter zu sein. Dann wird einfach weiter gearbeitet.»

Dass die Thuner neben den beiden Spitzenteams YB und Basel die einzigen sind, die ihren Trainer (Marc Schneider) nicht in die Wüste geschickt haben, überrascht Wicky deshalb nicht. Wie in der Super League in dieser Saison die Trainer zum Teil mehrfach ausgewechselt wurden, bezeichnet Wicky als «Extremsituation».

https://tageswoche.ch/sport/ein-grieche-fuer-die-abwehr-des-fc-basel/

Die personelle Lage beim FCB: Balanta ist zurück, gesperrter Lang muss ersetzt werden

  • Verletzt: Taulant Xhaka, Germano Vailati
  • Gesperrt: Michael Lang
  • Bei der nächsten Verwarnung gesperrt: Eder Balanta, Albian Ajeti, Kevin Bua

Weil Michael Lang beim 2:2 in Sion seine vierte Verwarnung kassiert hat, muss er gegen Thun aussetzen. Linksfuss Raoul Petretta und Neftali Manzambi werden – in dieser Reihenfolge – von Trainer Wicky als Optionen auf der Rechtsverteidigerposition genannt.

Zurück im Kader wird Eder Balanta erwartet, der beim letzten Aufeinandertreffen mit dem Gegner vom Sonntag (am 10. Februar beim 2:0-Sieg in Thun) verletzt ausgeschieden war und elf Wochen lang an rätselhaften muskulären Beschwerden laboriert hat.

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