Der «Hockeygott» könnte einst das Basler Eishockey retten

Zwischen Stadionführung und Teambesprechung schildert Kevin Schläpfer seine Sicht auf das Eishockey in der Region Basel und bezeichnet die St.-Jakob-Arena als Traumdestination. Der Beinahe-Nationaltrainer traut sich zu, das Basler Eishockey in höhere Sphären zurückzuführen.

Biel Trainer Kevin Schläpfer vor dem Eishockey-Meisterschaftsspiel der National League A zwischen dem EHC Biel-Bienne und den Kloten Flyers am Freitag, 16. Oktober 2015, in der Tissot Arena in Biel. (KEYSTONE/Thomas Hodel)

(Bild: Keystone/THOMAS HODEL)

Zwischen Stadionführung und Teambesprechung schildert Kevin Schläpfer seine Sicht auf das Eishockey in der Region Basel und bezeichnet die St.-Jakob-Arena als Traumdestination. Der Beinahe-Nationaltrainer traut sich zu, das Basler Eishockey in höhere Sphären zurückzuführen.

Die Laufbahn des Eishockeyspielers Kevin Schläpfer (1969) begann im Nachwuchs beim EHC Zunzgen-Sissach. Für Basel, Lugano, Zug, Olten, Lausanne, Chur, Biel und Langenthal spielte er in den beiden obersten Eishockeyligen der Schweiz. Beim EHC Biel arbeitete Schläpfer zuerst als Sportchef, übernahm aber zweimal in den Playouts den Posten des Headcoachs. Seit Mai 2010 ist er fest als Headcoach beim EHC Biel angestellt. Im Sommer 2015 wollte die Swiss Ice Hockey Federation Schläpfer als Nationalcoach. Der EHC Biel verweigerte seinem Coach den Wechsel.

In den Katakomben der neuen Tissot-Arena in Biel lässt Kevin Schläpfer auf sich warten. Seine Ausrede ist jedoch – wie alles bei dem bodenständigen Trainer – äusserst glaubhaft. Schläpfer hat Gäste durch das Stadion geführt. Er ist in Biel nicht nur Trainer. Mehrere Jahre war er Sportchef und wird heute verehrt. In Biel ist er der grosse Unterhalter.

Das Stadion in Biel ist zwar sehr neu, speziell ist aber wohl hauptsächlich, dass sich der Beinahe-Nationaltrainer zweieinhalb Stunden vor einem Heimspiel Zeit nimmt für eine Besuchergruppe.

Noch näher am Spielbeginn nimmt er sich Zeit für ein Kurzinterview mit der TagesWoche. Das Gespräch findet nicht im Pressezentrum statt, sondern in einem ruhigen Winkel der Bieler Garderobe. Zur ersten Frage kommt es allerdings erst, als Schläpfer seinem Assistenzcoach erklärt hat, welche Spieler zum Videostudium antanzen müssen.

Alles bereit für ein verstecktes, unkompliziertes Interview mit einem bodenständigen Eishockey-Trainer.

Alles bereit für ein unkompliziertes Interview mit einem bodenständigen Eishockey-Trainer. (Bild: Sebastian Wirz)

Das Hauptthema des Interviews ist für den Profi-Trainer eher ungewohnt. Die Region Basel ist im nationalen Eishockey nicht einmal mehr eine Randnotiz. Zu wirtschaftlichen Problemen (Konkurs des EHC Basel) kamen personelle Schwierigkeiten (Abgänge von Teamstützen und des halben Kaders). Neue Aktualität erhielt die Diskussion um das Eishockey in der Region wegen der maroden Kühlanlagen auf der Kunsteisbahn Margarethen und der Kunsteisbahn Sissach. In Sissach kommt ein Rechtsstreit wegen Baumängeln dazu. Höchste Zeit, den prominentesten Eishockey-Vertreter der Region nach seiner Sicht der Dinge zu fragen.

Herr Schläpfer, sind es Ausnahmen, wenn man Sie wie vergangene Woche am Cupspiel in Muttenz und tags darauf an den Swiss Indoors als Zuschauer sieht?

Ich habe ein riesiges Interesse für Sport und bin nicht nur Trainer, sondern auch angefressener Sport-Fan. Wenn Federer in Basel spielt, schaue ich mir seine Spiele natürlich an. Sandro Kamber, der Trainer des SV Muttenz, ist ein guter Freund von mir. Die Affiche gegen den FCB wollte ich nicht verpassen. Ich verfolge die Saison des FCB, und der Match gegen Fiorentina ist mein nächster Termin.

Haben Sie überhaupt Zeit für andere Sportarten ausser Eishockey?

Für solche Dinge gibt es immer Zeit. Für mich ist das positive Ablenkung und die muss man suchen. Im Prinzip ist es meine Erholung, Sport zu geniessen, ohne dass ich selber extrem involviert bin. So kann ich es emotional etwas ruhiger geniessen. Selber treibe ich auch Sport. Ich spiele Tennis und fahre Velo. Ich bin also Schönwettersportler (lacht).

Biel Trainer Kevin Schlaepfer vor dem Eishockey-Meisterschaftsspiel der National League A zwischen dem EHC Biel-Bienne und den Kloten Flyers am Freitag, 16. Oktober 2015, in der Tissot Arena in Biel. (KEYSTONE/Thomas Hodel)

Sie werden in der Presse als «Eishockeygott» bezeichnet und teilweise verehrt. Wäre das am Boden liegende Eishockey in Basel nicht ein Projekt für einen wie Sie?

Für mich wäre Basel immer eine Traumdestination. Basel hat mit der St.-Jakob-Arena eine tolle Infrastruktur. Das ist ein Top-Stadion mit Top-Voraussetzungen für den Betrieb einer erstklassigen Mannschaft. Im Nachwuchs kann ich es nicht mehr abschätzen wegen der Geschichte mit der Margarethen. Aber im Prinzip hat man eine Infrastruktur, die nicht schlecht ist. Und für mich wäre es natürlich ein Traum. Es ist wohl für jeden schön, wenn er daheim arbeiten kann. Und ich fühle mich halt in der Region Basel daheim, das ist mein Gebiet.

Aber dafür müsste der EHC Basel zuerst in Sphären aufsteigen, die Sie interessieren.

Klar, da muss man realistisch sein. Für mich ist das im Moment kein Thema.

Sie haben auch Erfahrungen als Sportchef. Diese Kenntnisse und die Aura eines Kevin Schläpfer bräuchte es wohl, um das Eishockey in Basel zu einem positiven Thema zu machen.

Ich traue mir zu, dass ich das könnte. Ich will nicht überheblich wirken, aber ich traue mir das zu. Das wäre für mich eine riesige Herausforderung und ich bin einer, der die Herausforderungen umso mehr liebt, je grösser sie sind. Aber ich bin mir schon bewusst, dass die Situation schwierig ist. Ich glaube, ich hätte das Potenzial, die richtigen Leute zu kennen, die es bräuchte, um die Eishockeyszene in Basel wieder an die Spitze heranzuführen. Es wäre eine spannende Arbeit für mich.

Kevin Schläpfer gibt seinen Spielern die Taktik vor. Seine Lösungen führen momentan nur teilweise zum Erfolg. Der EHC Biel steht weiterhin knapp unter dem Strich.

Kevin Schläpfer gibt seinen Spielern die Taktik vor. Seine Lösungen führen momentan nur teilweise zum Erfolg. Der EHC Biel steht weiterhin knapp unter dem Strich. (Bild: Sebastian Wirz)

Machen Sie sich konkrete Gedanken?

Sicher. Ich habe auch Kontakt mit Hans-Peter Gerber und den Trainern. Ich sage ihm immer, was ich denke, was man tun könnte oder versuche ihm Tipps zu geben. Aber ich will mich auch nicht aufdrängen. Das ist immer gefährlich. Am Ende heisst es noch: «Der Schläpfer, der arrogante Cheib, will uns reinreden. Der soll sich lieber um seine Angelegenheiten kümmern.» Darum halte ich mich sehr dezent im Hintergrund. Wenn mich jemand fragt, dann helfe ich und sonst halte ich mich raus.

Die Diskussion um den Nationaltrainerposten ist nun vorerst vorbei und Sie werden nicht Nationalcoach. Ist das Thema für Sie abgehakt, oder werden wir noch einen Oberbaselbieter an der Bande der Nationalmannschaft erleben?

Ich habe die Nationalmannschaft nicht für immer abgeschrieben. Ich denke, dass ich noch eine Chance erhalten werde. Der Verband wollte mich ja unbedingt. Darum war es für mich auch eine grosse Ehre. Sie haben mir viele Möglichkeiten aufgetischt. Doppel-Mandat, ab sofort Nationalcoach oder noch ein Jahr warten – die Auswahl war für mich eine riesige Überraschung, und darum wollte ich da auch ja sagen. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich für die Nationalmannschaft kein Thema mehr bin. Sie wissen ja auch, dass es nicht an mir gelegen hat. Und ich habe den Leuten vom Verband von Anfang an gesagt, dass ich kommen möchte, aber akzeptieren werde, wenn Biel Nein sagt. Für mich war immer klar, dass ich keinen Streit provozieren werde oder etwas Negatives.

Sie glauben, für den EHC Biel sei in dieser Saison alles möglich: der siebte Platz, der zu den Playoffs berechtigt, wie auch der zwölfte und letzte Platz. Fürchten Sie, dass der Flirt mit der Nationalmannschaft für Ihre Karriere gefährlich werden könnte, wenn Biel nun schlechte Resultate liefert?

Das kann ich nicht sagen, da müssen Sie den EHC Biel fragen. Es handelt sich um eine etwas seltsame Konstellation. Aber ich werde die Nationalmannschaft jetzt vergessen, und das muss der EHC Biel auch. Wir müssen normal weiterarbeiten, wie wenn es dieses Angebot nie gegeben hätte. Nur so geht es. Wenn wir das immer wieder nach vorne holen, dann kann es irgendwann einen Krach geben. Aber der EHC Biel und ich sind schon zu lange zusammen, als dass es so weit kommen könnte.



Biels Trainer Kevin Schlaepfer jubelt nach dem Meisterschaftsspiel der National League A zwischen dem EHC Biel und Kloten Flyers am Freitag, 16. Oktober 2015, in der Tissot Arena in Biel. (KEYSTONE/Thomas Hodel)

Kevin Schläpfer ist seit zehn Jahren in Biel. Der Westschweizer Club und der Sissacher Trainer scheinen zusammenzupassen. (Bild: Keystone/THOMAS HODEL)

Was passiert mit dem EHC Biel und mit Ihnen, wenn der Club Letzter wird?

Ich bete dafür, dass es nicht so weit kommt. Was dann passieren würde, weiss niemand.

Wenn Ihre Zeit in Biel irgendwann abläuft, können Sie sich auf das Projekt Basel stürzen.

So weit denke ich nicht. Wir wissen ja nicht, wie lange ich noch in Biel bin und wo Basel dann steht. Ich bin nicht einer, der von Tag zu Tag lebt, aber jetzt habe ich erst mal einen Vertrag bis 2018 und bis dahin gebe ich hier mein Bestes. Und wenn vorher etwas Unerwartetes eintrifft, wie jetzt diese Nationalmannschaftsgeschichte, dann schauen wir, was wird.

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Der EHC Biel verliert am Abend des Interviews im Penaltyschiessen und steht weiterhin unter dem Strich. Die Stimmung ist jedoch gut und der Lärm bei spannenden Spielszenen ohrenbetäubend. Die Diskussionen im und ums Stadion drehen sich nicht mehr um die Nationalmannschaft, sondern eher um die hohen Preise für Essen und Getränke. Kevin Schläpfer scheint in Biel fest im Sattel zu sitzen. Basel muss wohl noch lange auf seinen Retter warten.

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