Basel sündigt im Abschluss und lässt in Bern die letzte Chance liegen

In einem aufwühlenden Spiel von hoher Intensität trennen sich die Young Boys und der FC Basel 2:2 (1:1). Vor 31’120 Zuschauern im ausverkauften Stade de Suisse vergeben Valentin Stocker und Fabian Frei grosse Möglichkeiten, die Entscheidung in der Meisterschaft zumindest noch etwas hinauszuzögern. Nach diesem Unentschieden darf der FCB auch die allerletzten Hoffnungen begraben.

Zweikampf zwischen dem Berner Torschützen Roger Assalé (links) und dem Basler Fabian Frei.

Drei Minuten nach der Partie spielt sich auf einer Stadiontoilette die folgende Szene ab. Ein in gelbschwarz gekleideter Junge fragt seinen Vater mit trauriger Stimme: «Warum hat YB nicht gewonnen?» Der Vater antwortet: «Jetzt ist es halt ein 2:2, das ist auch gut.» Der Sohn will wissen: «Bekommen jetzt beide einen Punkt?» Und der Vater sagt: «Genau, es sind jetzt immer noch 16 Punkte Vorsprung. Das ist viel, weisch.»

Der kleine Junge war getröstet. Nun weiss er, dass alles nicht so schlimm ist. Mehr noch: Die Young Boys haben an diesem Ostermontag zum Abschluss des dritten Saisonviertels dem FC Basel nach menschlichem Ermessen die letzte Möglichkeit genommen, den Meistertitel noch zu verteidigen. Hätte der FCB gewonnen, wer weiss, was noch hätte passieren können? Trainer Raphael Wicky hatte vor dem Spiel jedenfalls von der Möglichkeit gesprochen, mit einem Sieg eine Serie zu starten.

Wenn Stocker mal nur geschossen hätte

Aber die Basler vergaben die besten Chancen auf die ersten drei Punkte gegen YB in dieser Saison. Fabian Frei hatte die letzte Möglichkeit in der Nachspielzeit, Marco Wölfli lenkte seinen starken Schuss gerade noch über die Latte. Und zuvor hatte Valentin Stocker alleine vor Wölfli anstatt zu schiessen einen Querpass auf Albian Ajeti gespielt. Es war eine von mehreren falschen Entscheidungen jenes Mannes, der einst eine Dauerkarte für fabelhafte Leistungen in grossen Spielen hatte – inzwischen wird ihm dieses Hochgefühl verwehrt.

«Es spricht viel für Valentin, er ist kein Egoist», sagt Wicky zu dieser Situation. Viel spricht auch gegen den Krienser, er hätte ganz einfach schiessen sollen.

So gross wie der Vorsprung in der Tabelle war die Differenz auf dem Kunstrasen nicht. Die Basler fanden nach einer halben Stunde besser ins Spiel und übernahmen die Kontrolle, nachdem die Young Boys in der 24. Minute durch Guillaume Hoarau in Führung gegangen waren. Die Berner schalteten nach dem spektakulären Fallrückzieher des Franzosen in ihrem Pressing- und Zweikampfverhalten einen Gang zurück.

Spektakel im Stade de Suisse: Guillaume Hoarau erzielt seinen zehnten Saisontreffer – Michael Lang kann den Franzosen nicht daran hindern.

Berns aufkommende Passivität, die ihrem Trainer Adi Hütter im Nachgang einen Anflug von Unmut entlockte, ermöglichte den Basler den Ausgleich in der 39. Minute. Taulant Xhaka erzielte freistehend seinen dritten Saisontreffer, mit einem Weitschuss von höchster Qualität. Marek Suchys Führungstreffer, praktisch mit der ersten Aktion in der zweiten Halbzeit, liess die Basler hoffen, erstmals in dieser Saison gegen die Berner zu gewinnen. Christian Fassnacht hatte mit seinem Tor nach knapp einer Stunde etwas dagegen.

Systemumstellung führt nicht zum Erfolg

Basels Trainer Raphael Wicky setzte alles auf eine Karte. Er wechselte die offensiven Kevin Bua, Dimitri Oberlin und Ricky van Wolfswinkel ein und stellte von einer 3-4-3- auf eine 4-4-2-Grundordnung um. Allein, die Basler blieben glücklos im Abschluss: Albian Ajeti traft die Lattenoberkante und Stocker verstolperte zehn Minuten vor dem Ende einen Ball alleine vor Wölfli an den Pfosten.

Dem französischen Schiedsrichter Frank Schneider hätte kaum jemand einen Vorwurf gemacht, hätte er nach Wölflis Intervention in dieser Szene auf Elfmeter entschieden. Der Berner Goalie traf Stocker, nicht den Ball. Doch in dieser Entscheidung des sonst überzeugenden Schiedsrichters gründete der ausbleibende Basler Erfolg nicht.

Vielmehr war der FCB oft zu unpräzis, eine Vielzahl von Pässen landeten nicht beim eigenen Mann, auch in Situationen, in denen YB den Ballführenden kaum unter Druck setzte. Zudem spielten die Berner in der ersten halben Stunde mit Nachdruck zwei ihrer grössten Stärken aus: Zweikampfverhalten und Pressing, vor allem im Mittelfeld.

Die erfeuliche Meldung aus Luzern

Trotzdem verpasste es YB, zum ersten Mal in seiner Super-League-Geschichte ein Saisonviertel mit neun Siegen abzuschliessen. Auf acht Erfolge folgte dieses Unentschieden – für den FCB war es der fünfte Punkt in den jüngsten drei Spielen.

Weiter geht es für die Basler am nächsten Wochenende mit dem Auswärtsspiel gegen Lugano. Über ein Fernduell mit den Young Boys denkt keiner mehr nach. Vielmehr geht es um die Sicherung des zweiten Platzes. Und in dieser Hinsicht erreichte den FCB eine erfreuliche Meldung aus Luzern: Dort verlor Basels Verfolger, der FC St. Gallen, mit 1:3 und liegt damit vier Punkte hinter dem FCB und Platz 2.

Die Trainermonologe: «Warum hat man Angst? Es ist ein Spiel!»

Raphael Wicky, Trainer FC Basel: 
«Die grauen Haare werden täglich mehr. Aber das liegt am Alter, nicht am Job. Wir haben heute ein Spektakel gesehen, für das es sich gelohnt hat, ins Stadion zu kommen. Wir haben schwache 25 erste Minuten gespielt, waren ängstlich. Und wenn man mit Angst durchs Leben oder ins Spiel geht, gewinnt man nicht viel. Warum hat man Angst? Es ist ein Spiel!

Nach dem Tor ist diese Angst verflogen, wir haben ab diesem Zeitpunkt einen guten Match gemacht und uns so viele klare Chancen kreiert, wie schon lange nicht mehr. Wenn man sich das vor Augen führt, hätten wir den Sieg verdient. Ich versuche, das Glas wieder halb voll zu sehen.

Adi Hütter (links) und Raphael Wicky in trauter Innigkeit nach dem Spiel.

Ich sehe keinen Grund, YB zum Titel zu gratulieren. Das würde Adi Hütter auch nicht wollen. Es geht für uns darum, den FCB zu vertreten, das nächste Spiel zu gewinnen – mit der Mentalität, der Ehre und dem Stolz, den ich ab der 25. Minute bei meiner Mannschaft gesehen habe.»

Adi Hütter, Trainer Young Boys: 
«Ich freue mich, das Team zu sein, das mit diesem Ergebnis besser leben kann. Wir versuchten aber, die Partie zu gewinnen. Aber nach 24 Minuten und dem Traumtor haben wir uns zurückgelehnt, Basel das Spiel überlassen und um den Ausgleich gebeten. Nach dem 2:2 war es ein offener Schlagabtausch. Nicht gefallen hat mir, dass wir viele Chancen zugelassen haben. Dieses Spiel kann man auch verlieren.»

Die Aufstellung: Wicky vertraut der siegreichen Elf

Keinen einzigen Wechsel hat Trainer Raphael Wicky im Vergleich zum 1:0-Sieg gegen den FC Sion vor der Nationalmannschaftspause vorgenommen. Erneut sass Ricky van Wolfswinkel zu Beginn auf der Bank, Albian Ajeti übernahm den Part als Mittelstürmer in einer 3-4-3-Grundordnung.

FC Basel (3-4-3, später 4-4-2): Vaclik – Suchy, Lacroix, Frei – Lang, Xhaka, Zuffi (83. Zuffi), Riveros – Stocker, Ajeti (75. Oberlin), Elyounoussi (75. Bua).
Bank: Salvi (Tor), Petretta, Campo, van Wolfswinkel, Bua, Oberlin.

Young Boys (4-4-2): Wölfli – Mbabu, Nuhu, von Bergen, Benito – Fassnacht, Sow, Sanogo, Sulejmani (79. Ngamaleu) – Assalé (84. Bertone), Hoarau.
Bank: Letellier (Tor), Bertone, Ngamaleu, Nsame, Schick, Wüthrich, Lotomba.

Das Aufwärmprogramm

https://tageswoche.ch/form/interview/die-fcb-fuehrung-weiss-schon-was-sie-tut/
https://tageswoche.ch/sport/es-ist-ein-schmaler-grat-zwischen-selbstvertrauen-und-ueberheblichkeit/
https://tageswoche.ch/sport/zu-gewinnen-ehre-und-stolz/

Nächster Artikel