FCB–GC 3:2  |  Zum Schluss müssen die Basler sogar noch zittern 

Hoch überlegen spielte der FC Basel, er führte gegen die Grasshoppers nach einer Stunde mit 3:0 durch ein Eigentor und zwei Treffer von Ricky van Wolfswinkel – und dann wurde es plötzlich noch einmal eng. Schlampiges Abwehrverhalten ermöglichte GC die Anschlusstore, und so mussten die Basler in der Endphase  sogar noch ein bisschen leiden, ehe der dritte Saisonsieg unter Dach und Fach war.

(Bild: Keystone/Peter Klaunzer)

Die Chronik: Der FCB gibt ein überlegen geführtes Spiel beinahe noch aus der Hand

Man muss es sich so vorstellen: Bei ungefähr 70 Prozent Basler Ballbesitz schaffen es die Zürcher (in der ersten Halbzeit) nicht, dem Tor der Gastgeber näher als 30 Meter zu kommen. Vom Auftrag (Schadensbegrenzung) bis zur fussballerischen und auch kämpferischen Ausstrahlung dieser GC-Mannschaft war es ein Armutszeugnis, wie es der Rekordmeister noch gar nie im Joggeli abgelegt hat.

Für den aktuellen Serienmeister war das eine undankbare Aufgabe, die er den Umständen geschuldet ordentlich und mit der nötigen Geduld löste. Auch wenn es eines Eigentores bedurfte, notabene bereits das zweite, das Vilotic in der noch jungen Saison unterlief. Den Assist darf sich Taulant Xhaka gutschreiben lassen, der nach zwei Spielen auf der Bank in die Startelf zurückgekehrt war.

» Das Spiel in der Kurzzusammenfassung bei SRF

Mit dem 2:0 nach knapp einer halben Stunde schienen die Punkte verteilt. Ricky van Wolfswinkel staubte nach einem Elyounoussi-Schuss und einer Linder-Parade aus abseitsverdächtiger Position ab. Und nach einer vom FCB ohne Wenn und Aber dominierten Stunde Spielzeit foulte Zesiger Elyounoussi, was van Wolfswinkel mit einem sicher verwandelten Penalty zu seinem vierten Treffer im vierten Spiel ummünzte.

Wie baut man einen inferioren Gegner auf?

Was folgte, war ein Beitrag aus der Anleitung: Wie baut man einen inferioren Gegner auf? Innert sieben Minuten gestand eine lausig verteidigende, nonchalante FCB-Defensive den Grasshoppers zwei Treffer zu, weshalb noch einmal um den Sieg gezittert werden musste. Zumal van Wolfswinkel es in der 86. Minute schaffte, den Ball aus einem Meter übers Tor zu schaufeln.

Das Tor, das alles veränderte: Milan Vilotic (Zweiter von rechts) ist vor Eder Balanta am Ball, vorgängig verteidigte der FCB auf dem Flügel nachlässig gegen den Flankengeber.

«Obwohl wir alles im Griff hatten, haben wir es noch einmal unnötig spannend gemacht», räumt Michael Lang ein. Eine Erklärung dafür hatte er unmittelbar nach Spielende nicht: «Vielleicht haben wir uns zu sicher gefühlt, und GC hat die zweite Luft bekommen.»

Unter dem Strich muss man sagen: Ein über zwei Drittel der Partie wenn nicht debakulöses, so doch besorgniserregendes GC ist mit dem 3:2 gut bedient. Und Raphael Wicky geht die Arbeit noch nicht aus. Für die Tabellenführung reichte es dem FCB nicht, die hat seit dieser vierten Runde der andere Zürcher Club inne: Rückkehrer FCZ schlägt auch Sion (2:0) und rangiert einen Punkt vor YB und Basel, die gleichauf sind.

Trainer-Monologe: «Schaue, ob ich alles richtig gemacht habe»

Raphael Wicky:
«Ich habe 70 Minuten lang einen sehr guten und dominanten FCB gesehen gegen ein sehr gut organisiertes GC. Mir hat gefallen, wie geduldig meine Mannschaft war. Was dann passiert ist, hat niemand erwartet. Das ist der Fussball, manchmal ist er unerklärlich, und ich muss es mir erst noch einmal anschauen. Auch mit Blick darauf, ob ich selber alles richtig gemacht habe. Vielleicht hätte ich nach dem 3:1 mit dem Wechsel warten sollen, bis die Mannschaft sich gefangen hat. Aber Bua und Xhaka wurden beide sicherheitshalber ausgewechselt, weil sie Probleme angezeigt haben.
Vielleicht war sich die Mannschaft beim Stand von 3:0 zu sicher, und wenn man nur fünf Prozent nachlässt, ist es schwierig, den Schalter wieder umzulegen. Am Schluss ist man dann einfach froh und glücklich über die drei Punkte. In der Kabine hat jedoch eine Stimmung geherrscht, als ob jemand verunglückt wäre. Aber ich sehe das Glas immer halb voll, und wir werden versuchen, die ersten 70 Minuten in Erinnerung zu behalten.» 

Carlos Bernegger:
«Basel hatte zwar viele Ballkontakte, ist aber nicht oft gefährlich geworden. Leider haben wir unnötige Tore in wichtigen Phasen bekommen. Das Eigentor war schwer zu verdauen, und beim zweiten Basler Tor dachte ich, dass es Abseits ist. Die Mannschaft hat nach dem 0:3 nicht alles verloren gegeben. Das sind Signale, sie bemüht sich in einer schwierigen Phase, sich zu finden. Und nach dem 3:2 wäre mit ein bisschen Wettkampfglück vielleicht sogar noch mehr möglich gewesen.»

Aufgefallen: Ricky van Wolfswinkel in den Delgado-Fussstapfen

In den zurückliegenden vier Jahren waren Elfmeterentscheidungen zugunsten des FC Basel von einer gewissen Selbstverständlichkeit begleitet. Oder hatte zuletzt jemand Zweifel daran, dass der Penalty auch zum Torerfolg führt? Zumindest dann, wenn Matias Delgado sich den Ball auf dem Punkt zurechtlegte? Eine bemerkenswerte Serie von 17 verwandelten Elfmetern legte der Argentinier hin, und für so eine Treffsicherheit gibt es im nationalen und internationalen Vergleich nicht viele Beispiele. Dass es Delgado auch noch mit fast aufreizender Lässigkeit tat, völlig unbeeindruckt von irgendetwas so lange wartete, bis der Torhüter in eine Ecke reagierte, um den Ball dann mit eben jener Selbstverständlicheit in die andere zu schieben – grosse Klasse war das.

Delgado-Erbe: Ricky van Wolfswinkel verwandelt den Elfmeter sicher zum 3:0.

Und mit dem unvermittelten Rücktritt von Delgado stellt sich auch die Frage: Wer übernimmt dieses anspruchsvolle Erbe künftig? Eine erste Anwort lieferte dieser Abend gegen GC: Ricky van Wolfswinkel schnappte sich in der 59. Minute den Ball. Und verwandelte ein paar Augenblicke später ebenso sicher. Auch mit dem rechten Fuss wie Delgado, aber in einer ganz anderen Stilistik – satt und hart der Schuss, halbhoch links platziert vom Schützen aus gesehen.

Und der Niederländer setzte damit selbst eine kleine Serie fort: In der Eredivisie und im Cup hat er vergangene Saison fünfmal für Vitesse Arnheim vom Elfmeterpunkt aus getroffen, und sein letzter verschossener Penalty liegt nun auch schon über vier Jahre zurück. Das sind gute Voraussetzungen, um in Delgados Fussstapfen zu treten. Und mit vier Toren in vier Einsätzen bringt er es obendrein schon einmal auf eine schöne Einstandsquote im Dress des FCB.

» Ricky van Wolfswinkels Elfmeterstatistik

Die Aufstellung: Xhaka zurück in der Startelf

Raphael Wicky änderte seine Startelf auf drei Positionen im Vergleich zum Thun-Spiel: Taulant Xhaka durfte wieder von Beginn an ran, Blas Riveros spielte auf dem linken Flügel und Alexander Fransson im zentralen offensiven Mittelfeld. Dafür waren Luca Zuffi und Geoffroy Serey Dié auf der Bank, und Renato Steffen, der aus familiären Gründen zwei Trainingstage ausgelassen hat, fehlte ganz im Aufgebot.

FC Basel (3-1-4-2): Vaclik – Akanji, Suchy, Balanta – Xhaka (71. Schmid) – Lang, Fransson, Elyounoussi (83. Serey Dié), Riveros – Bua (57. Oberlin), van Wolfswinkel.

Bank: Salvi (Tor), Gaber, Zuffi, Kutesa.

Grasshoppers (3-5-2): Linder – Bergström, Vilotic, Zesiger – Doumbia, Andersen, Bahoui (72. Avdijaj), Pusic, Antonov (72. Fasko) – Jeffren, Munsy (61. Bajrami).

Vor dem Spiel:

Und so beschreibt «Der Bund» aus Bern die 0:4-Heimpleite der Young Boys im Derby gegen den FC Thun: Das grosse Augenreiben

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