«Ustrinkete» im «Klingeli» auch für die Prostituierten

Im Basler Milieu erlischt ein Rotlicht nach dem anderen: Mit dem Einzug der Rhyschänzli-Gruppe ins «Klingeli» mussten die Prostituierten gehen. Die Gentrifizierung des Rotlicht-Viertels geht weiter.

Keine Kontaktbar, kein Hotelbetrieb: Im neuen «Klingeli» ist kein Platz mehr für Sexarbeiterinnen.

Das Basler Gastro-Imperium schlägt erneut zu: Im November 2017 machte die Rhyschänzli-Gruppe um Jérome Beurret und Stefan Grieder bekannt, das Restaurant Klingental, genannt «Klingeli» zu übernehmen. «Der kleine, verrückte Bruder vom Rhyschänzli» soll es laut Cyrill Lang werden, Geschäftsleitungsmitglied der Rhyschänzli-Gruppe und Vorsitzender Geschäftsführer der eigens gegründeten Klingeli GmbH. Ab Mitte Mai soll dort saisonale, im Kern italienische Küche mit einem Hauch Frankreich und Schweiz serviert werden.

Zwischennutzung statt Hotelbetrieb

«Ustrinkete» hiess es deshalb letztes Wochenende im «Klingeli» – und das nicht nur für die alten Betreiber: Mit ihnen mussten auch die Prostituierten die Liegenschaft Klingental 20 verlassen. Die Kontaktbar ist Geschichte; der  Hotelbetrieb über dem Restaurant wurde am 28. Februar offiziell aufgelöst. «Wir spekulieren in den oberen Etagen auf eine sinnvolle Zwischennutzung für die nächsten vier bis fünf Jahre», sagt Marc Eichenberger von der Immobilienfirma Vorest AG.

Eichenberger hat seit Sommer 2017 ein Verwaltungs- und Beratungsmandat für die Liegenschaft, die im Besitz der BeTho Gastro AG ist. Er wurde hinzugezogen, «um eine solide Basis zu schaffen», wie er sagt.

Dass in dem Gebäude kein Rotlicht-Betrieb mehr stattfinden soll, sei ein Grundsatzentscheid von Bernhard Thommen gewesen, Mitgründer der Vorest AG und Kopf der jetzigen Liegenschaftsbesitzerin BeTho Gastro AG. Eichenberger stand ihm dabei beratend zur Seite. «Im letzten Sommer war dann klar, dass die Kontaktbar und der Hotelbetrieb ein zeitnahes Ablaufdatum erhalten werden», so Eichenberger. 

Deshalb wurde der Vertrag mit der Mieterin von Restaurant und Hotelzimmer, der Rostoff GmbH – bei der wieder Bernhard Thommen zur Geschäftsführung gehört – per Ende Februar 2018 einvernehmlich aufgelöst.

Für die Zwischennutzung stehe man in Verbindung mit einer Atelier-Genossenschaft. «Das wäre eine absolute Win-Win-Situation für alle Beteiligten», so Eichenberger. Mittel- bis längerfristig werde über dem «Klingeli» wohl Wohnraum entstehen.

«Gastronomisch dynamischste Ecke der Stadt»

Das Vorgehen erinnert stark an jenes beim Nachbarhaus Klingental 18, das ebenfalls Bernhard Thommen im Privatbesitz gehört. 2015 zog dort die Bar «Renee» ein – und damit die Prostitution aus den Zimmern darüber aus, um Platz zu schaffen für neuen Wohnraum. Es ist nur eine von mehreren Etappen in der Verdrängung des Milieus.

https://tageswoche.ch/gesellschaft/bis-das-rotlicht-erlischt-der-verdraengungskampf-im-milieuviertel/

Die Gentrifizierung ist also weiter voll in Fahrt. Cyrill Lang von der Rhyschänzli-Gruppe freut sich über die Veränderungen: «Die Gegend hat sich zur gastronomisch dynamischsten Ecke der Stadt entwickelt.» Mit Lokalen wie dem «Roten Bären», «Ufer 7», «Trio», «Renee» und eben dem neuen «Klingeli» erhalte die Gegend neuen Glanz und locke Menschen an, die sich bisher nicht dorthin begaben.

Wo sich die Prostituierten nun hinbegeben, bleibt hingegen ungewiss.

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